Als Erziehungsminister Claude Meisch (DP) am Donnerstagmittag vor die virtuell versammelte Presse trat, kündigte er an, was eh alle wussten: Die Schulen bleiben bis 4. Mai geschlossen, der Fernunterricht geht in die Verlängerung. Radio 100,7 hatte tags zuvor gemeldet, was sich Lehrer, Schüler und Eltern seit Tagen fragen: Ob das Homeschooling über die Osterferien hinaus organisiert werden muss. Das wurde nach dem Treffen des Regierungsrats per Pressemitteilung bestätigt.
Während die Gesundheitsministerin Paulette Lenert (LSAP) wegen ihrer erfrischenden authentischen Art zu informieren, sich wachsender Beliebtheit erfreut, ist Meisch, seitdem er die Schulschließungen am 13. März mitgeteilt hatte, von der Bildfläche fast verschwunden. Ausgerechnet der Minister, der sonst für jede noch so kleine Maßnahme eine Pressekonferenz organisierte, ist in der Coronakrise kaum mehr zu sehen.
Dabei sind Entscheidungen, die sein Ressort betreffen, von großer gesellschaftlicher Tragweite. Denn es geht nicht nur darum, ob Schulen im Land schließen und Lehrer daheim bleiben, sondern wie Zigtausende Kinder und Eltern in dieser Zeit ihren Alltag organisieren. Auch die Kindergärten und Kinderkrippen sind außer Betrieb, so dass viele Eltern inzwischen am Limit sind: Neben der üblichen Familienarbeit von Putzen, Kochen, Waschen kommen Hausaufgaben und Kinderbetreuen hinzu. Wehe, die Mietwohnung ist zu klein oder der Computer muss mit mehreren Geschwistern geteilt werden, Eltern sprechen die Unterrichtssprache nicht oder haben Kinder mit besonderem Förderbedarf, die womöglich Rund-um-die-Uhr-Betreuung brauchen. Dann ist die Belastung kaum zu stemmen. Das räumt auch Claude Meisch ein, der alle Schulpartner für ihre bisher geleisteten Anstrengungen dankte.
Dass die Lernbedingungen für die Kinder sehr unterschiedlich sind, ist im Schulministerium angekommen. Entsprechend werden die Leistungserwartungen angepasst: Insbesondere auf höheren Klassen der Sekundarstufe sorgen der Blick auf auszufallende Prüfungen und die knappe Zeit, die von Mai bis zum Schuljahresende noch bleibt, für Stress und Unruhe. Bisher waren die Lernziele nicht angepasst worden, das wird jetzt nachgeholt: Der Lehrplan wird reduziert, das zweite und dritte Trimester werden zu einem Semester zusammengefasst und so zwei Semester bewertet. Benotete Prüfungen wird es erst wieder geben, wenn der Schulbetrieb wieder anläuft. Wohl können Lehrer, die sich das zutrauen, digital testen, um Gelerntes abzufragen. Aber die Ergebnisse fließen nicht in die Note ein.
Dafür sollen Schüler, die das wollen, ihre Leistungen verbessern können, durch zusätzliche Aufgaben. Projektarbeiten sollen zudem helfen, ihre persönlichen Fortschritte besser zu bewerten.
Der Schritt war überfällig, denn in den vergangenen Tagen hat sich Unmut aufgestaut. Das Ministerium verweist zwar auf größtenteils zufriedene Eltern, einer eigenen Umfrage zufolge. Aber wer mit Eltern und Lehrern dieser Tage sprach, konnte die wachsende Verunsicherung deutlich spüren: Wie geht es weiter?
Faire Chancen ist das Schlüsselwort der Stunde, das heißt: Schüler bekommen in den Wochen vor den Sommerferien die Gelegenheit, sich und Noten zu verbessern; zugleich soll virusbedingter Unterrichtsausfall ihnen nicht zum Nachteil werden. So sollen Schüler mit schlechteren Bedingungen zuhause nicht abgehängt werden; sogar eine teilweise Öffnung der Schulen und Hausaufgabenhilfe werden nicht ausgeschlossen. Die Abschlussexamen ab 25. Mai finden statt, so der Virus will. Geprüft wird aber nur der Stoff, der wirklich im Unterricht drangekommen ist, also bis zum 13. März. Außerdem soll eine erweiterte Auswahl an Prüfungsfragen gestressten Schülern entgegenkommen. Aber jetzt sind für alle erst einmal Osterferien angesagt.