In seiner Erklärung zur Lage der Nation vor drei Jahren hatte Premier Jean-Claude Juncker dekretiert: „Die Regierung ist der Meinung, dass es im öffentlichen Dienst bis zum Ende der Legislaturperiode keine Erhöhung des Punktwerts geben kann.“ Dass er Recht behalten sollte, ist vielleicht darauf zurückzuführen, dass die Legislaturperiode nun vorzeitig zu Ende ging. Denn eines der großen Abenteuer dieser Legislaturperiode war das Wahlversprechen der CSV, die Anfangsgehälter im öffentlichen Dienst „näher an den Privatsektor heranzuführen“, das heißt zu senken, um so indirekt auch die Entwicklung des Lohnniveaus in der Privatwirtschaft zu drosseln und die Staatsfinanzen zu entlasten. Gleich zwei CSV-Minister, François Biltgen und Octavie Modert, waren abkommandiert, um über Jahre heroische Verhandlungen mit der CGFP und ihren 40 Unterorganisationen zu führen.
Nach allerlei melodramatischen Kehrtwenden hatte man sich vor zwei Jahren, kurz vor der Sommerpause – und den Gemeindewahlen – auf einen Deal geeinigt: Wenn die CGFP mit der laut Modert „größten Reform des Beamtenstatuts seit 50 Jahren“ für künftige Beamten einverstanden ist, erhöht die Regierung den Punktwert zur Berechnung der Gehälter für die derzeit aktiven Beamten. Der Nationalvorstand der Gewerkschaft verabschiedete zwar die Abmachungen, doch die Basis fühlte sich überrumpelt, die CGFP musste vor dem Schlichter nachverhandeln, das Abkommen zum zweiten Mal gutheißen und nach der Hinterlegung der Gesetzentwürfe über die Nachverhandlungen nachverhandeln – bis das Parlament sich überrumpelt fühlte und nicht auf der einen Seite Steuererhöhungen und auf der anderen Seite eine Punktwerterhöhung wollte. Noch vor einem Monat, als die Regierung bereits auf der Kippe stand, verhandelte sie noch mit der CGFP über die letzte Meinungsverschiedenheit, die Entschädigung der Praktikanten auf der Grundlage des tatsächlichen Anfangsgehalts. Mit diesem Kraftakt wollte die CSV mit dem Segen der LSAP alles tun, damit die Reform und das verzögert in Kraft tretende Gehälterabkommen noch vor den Wahlen gestimmt werden sollten. Doch weil die Wahlen nun ein halbes Jahr früher stattfinden, ist das nicht mehr möglich. Der im Januar zum Berichterstatter ernannte CSV-Abgeordnete Norbert Haupert kandidiert gar nicht mehr.
So stellt sich die Frage, was unter der nächsten Regierung aus der Reform des Beamtenstatuts und der Punktwerterhöhung wird. Ob es eine Partei gibt, welche verwegen genug ist, die Reform noch einmal aufschnüren und mit der CGFP neu verhandeln will, ist alles andere denn sicher, auch wenn es in fast allen Parteien Stimmen gibt, denen das Statut noch nicht flexibel genug ist, die eine häufigere Bewertung der Beamten vorgezogen hätten. Aber wenn in der nächsten Legislaturperiode der Index erneut manipuliert und die Mehrwertsteuer erhöht werden soll, dürfte die Zahl der Abgeordneten zunehmen, welche verlangen, dass das Gehälterabkommen nicht nur aufgeschoben, sondern aufgehoben wird. Dies gilt nicht nur für den Fall einer Regierungskoalition ohne CSV. Denn auch in der CSV missfielen einem liberalen Flügel von Anfang an nicht nur die Punktwerhöhung, sondern auch andere der CGFP gemachten Zugeständnisse. Dann hängt alles davon ab, ob es der Gewerkschaft gelingen wird, ihre Ansicht durchzusetzen, dass das Statut nicht ohne Punktwerterhöhung reformiert werden darf.
Doch vielleicht passt es uneingestanden auch der einen oder anderen Partei ins Konzept, mit dem Gehälterabkommen die ganze Reform kippen zu lassen und so alles zu belassen, wie es ist. Die Parteien haben noch einen Monat Zeit, um in ihre Programme zu schreiben, wie sie es nach den Wahlen mit den seit nunmehr einem Jahr bereit liegenden Gesetzentwürfen halten wollen.