Bankiers, Händler, Spekulaten – Bankster –, die wegen dicker Bonuszahlungen ohne Gewissenbisse das Geld anderer Leute verzocken: Um ihnen die Anreize für verantwortungsloses Handeln zu nehmen, hatte die Expertengruppe um Jacques de Larosière, die im Auftrag der EU die Ursachen der Finanzkrise untersuchte, Änderungen in der Lohn- und Vergütungspolitik in der Finanzbranche gefordert. Forderungen, die im Rahmen der Reform der Eigenkapital-Richtlinie bereits 2010 umgesetzt wurden und seit dem 1. Januar 2011 auch in Luxemburg gelten. Doch noch Ende 2011 war vielen Akteuren nicht wirklich klar, was von ihnen verlangt wurde. Dabei plant man in Brüssel bereits strengere Regeln.
Für Missverständnisse hatten in Luxemburg vor allem die so genannten Proportionalitätsregeln gesorgt. Kleinere Institute können von verschiedenen Anforderungen ausgenommen werden, müssen dennoch ihre interne Gehaltspolitik festlegen, beschreiben und der Aufsichtsbehörde CSSF mitteilen. Damit tat sich so manche Bank schwer, weswegen „wir nachhaken mussten“, wie Claude Simon, Vorstandsmitglied der CSSF und oberster Bankauf-seher sagt. „Klein“ sind Banken nach Lesart der CSSF mit einer Bilanzsumme von unter fünf Milliarden Euro, beziehungsweise einem regulatorischen Mindestkapital von 125 Millionen Euro. Von den neuen Vergütungsregeln betroffen sind in den Banken die „Risikonehmer“. Dazu gehören neben den Vorstandsmitgliedern auch andere Personen, welche das Kreditinstitut durch ihre Investitionsentscheidungen finanziell gefährden können. Zum Beispiel Wertpapierhändler, von denen es in Luxemburg aufgrund der Standortstruktur relativ wenige gibt. Ist ihr Bonus, also der variable Gehaltsanteil, höher als 100 000 Euro jährlich, müssen seit Januar 2011 folgende Regeln eingehalten werden: Die Bonuszahlung muss über mindestens drei Jahre verteilt werden, wobei im ersten Jahr maximal 60 Prozent ausgezahlt werden dürfen. Bei einem Bonus von 100 000 Euro, dürften also im Jahr eins 60 000 Euro fließen. Davon kann nur die Hälfte in bar ausgezahlt werden, die verbleibenden 50 Prozent als Aktien der Firma – oder wenn dies nicht möglich ist – mit Wertpapieren, welche die Risiken widerspiegeln, die der oder die Betroffene eingegangen ist. Diese Wertpapiere dürfen zudem nicht sofort verkauft werden, sondern müssen über einen Mindestzeitraum gehalten werden. Sollte sich zeigen, dass der „Risikonehmer“ falsche Entscheidungen getroffen hat, können unter gewissen Bedingungen sogar Zahlungen rückgängig gemacht werden – eine so im Luxemburger Arbeitsrecht eher unbekannte Möglichkeit.
Ein gesetzlich geregeltes Verhältnis zwischen Fest- und Mindestgehalt gibt es in Europa bislang nicht. Noch nicht. Die Europäische Bankenaufsicht Eba veröffentlichte im April einen Bericht über die bisherige Umsetzung der neuen Gehaltsregeln. Darin stellte sie fest, dass das variable Einkommen, gemessen am Festgehalt im europäische Durchschnitt bei 122 Prozent für Bankvorstände und bei 139 Prozent für die anderen Risikoposten liegt. Doch zwischen den Mitgliedstaaten gibt es starke Schwankungen. So meldete ein Land Durchschnittswerte von 220 Prozent für Vorstandsmitglieder und 313 Prozent für andere Risikonehmer, die im einzelnen bis auf 940 Prozent stiegen.
Das Europaparlament forderte daraufhin prompt die Einführung eines fixen Quotienten für das Verhältnis zwischen fester und variabler Vergütung, die im Rahmen der Reform der Eigenkapitalrichtlinie, Projekt mit dem Namen CRD IV (siehe Seite 50), umgesetzt werde soll. Ebenso prompt wurden aus der Branche Stimmen laut, die das Vorhaben, das beim zuständigen EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier auf fruchtbaren Boden fällt, kritisieren. Es führe vor allem dazu, das die festen Gehälter steigen würden, sagen sie. Dann aber hätten die Risikonehmer weniger zu verlieren, was sie wiederum von ihrer Verantwortung entbinden könnte.