d’Land: Herr Nati, der Ärzteverband AMMD sagt, die Gesundheitsversorgung sei zu spitallastig. Hat er recht?
Romain Nati: In „spitallastig“ steckt die Unterstellung, die Spitäler seien eine Last. Das kann man nicht so stehen lassen. Richtig ist, dass der Kliniksektor eine herausragende Rolle in der Gesundheitsversorgung spielt. Das hat sich über viele Jahre entwickelt, war politisch so gewollt und basiert auf einem Grundkonsens: Unser Gesundheitswesen soll solidarisch sein und jeder einen gleichberechtigten Zugang zu optimalen Leistungen haben. Das beinhaltet eine obligatorische Mitgliedschaft in der Krankenversicherung, denn wenn sich jemand aus der Beitragszahlung ausklinken könnte, wäre keine Solidarität mehr da. Auf der anderen Seite müssen die Dienstleister ebenfalls eingebunden sein und können keinen parallelen Markt entwickeln, auf dem das Angebot noch besser sein müsste. Deshalb stehen alle automatisch und obligatorisch bei der CNS unter Vertrag ...
... spricht da der Sozialdemokrat Romain Nati noch mehr als der Krankenhausdirektor?
Nein, denn ich mache keine politische Aussage, sondern beschreibe das bestehende System. Obligatorische Konventionierung mit der CNS heißt auch, dass jeder Arzt, der sich laut europäischem Recht in Luxemburg niederlassen darf, bei ihr automatisch abrechnen kann. Viele Beschränkungen gelten dafür nicht – abgesehen davon, dass man nicht jede Leistung mit einer anderen kumuliert abrechnen kann und nicht jeden Patienten egal wie oft behandeln darf. Das muss natürlich kontrolliert werden. Die AMMD setzt Kostenkontrolle oft mit Rationierung gleich. Ich sehe in der Kontrolle auch die Suche nach dem bestmöglichen Verhältnis von Qualität und Preis. Das Gros der Beschränkungen zwecks Kosten- und Qualitätskontrolle, und damit komme ich zu meinem Punkt, gilt im Krankenhausbereich. Nur der Spitalsektor hat ein Globalbudget, das alle zwei Jahre vom Regierungsrat festgelegt wird. Nur auf uns liegt ein Deckel! Diesen stark kontrollierten Sektor haben die wechselnden Regierungen aus den Gründen, die ich vorhin genannt habe, über die Jahre immer bedeutsamer werden lassen.
Nun aber sagt auch der Gesundheitsminister: „Ich finde es nicht normal, dass man heute für so viele Dinge ins Spital muss.“
Das ist das Resultat der Arbeit seiner Vorgänger.
Führen nun der wissenschaftliche und medizinische Fortschritt und die Digitalisierung dazu, dass man mehr und mehr außerhalb von Kliniken sinnvoll machen kann? Dass Gruppenpraxen etwas anbieten könnten, was noch auf Spitäler konzentriert ist, und vielleicht Allgemeinmediziner mit Computerhilfe demnächst Diagnosen stellen können, die derzeit Spezialisten vorbehalten sind?
Große medizinische Innovationen haben in Spitälern stattgefunden. Neue und komplexe Untersuchungsmethoden wurden dort entwickelt. Wenn wir von Personalisierter Medizin sprechen, ist eine hochspezialisierte Medizin gemeint, die zum Funktionieren kritische Massen braucht. Kritische Massen findet man in Spitälern, das ist ein Fakt. Fragt man, ob etwas außerhalb von Spitälern sinnvoll gemacht werden kann, muss man klären, ob das Spital als Organisation gemeint ist oder als Gebäude. Der Minister, den Sie zitiert haben, meint vielleicht das Spital als Gebäude.
Er möchte unter anderem Kernspintomografen auch außerhalb der Spitäler aufstellen.
Dagegen spricht zunächst mal nichts. Weder das CHL noch die anderen Kliniken wollen übernehmen, was die Arztpraxen leisten, oder unterbinden, dass sie mehr leisten können. Eine effiziente Primärversorgung ist ganz wichtig, das unterstützen wir. Man kann diskutieren, was im Spital gemacht werden soll und was außerhalb. Der Diskussion stellen die Spitäler sich ganz offen. Kann sein, dass ein Problem der territorialen Zugänglichkeit besteht. Obwohl: Ein kleines Land von grob vierzig mal siebzig Kilometern und darin Spitäler, die einen Anfahrtsweg erfordern – das sind Situationen, wie sie sich in jedem Ballungsgebiet stellen. So ungewöhnlich ist das nicht. Falls man dezentralisiert, fragt sich aber, wie die Neuausrichtung aussehen kann, damit sie nicht zulasten von Qualität und Effizienz der Spitäler geht.
Die AMMD sagt, die Spitäler hätten einen enormen Verwaltungsapparat aufgebaut. Schlanke und spezialisierte Strukturen außerhalb der Krankenhäuser könnten effizienter sein.
Unter anderem wurden in den Spitälern Mechanismen zum Qualitätsmanagement aufgebaut. Das war aufwändig, das lässt sich in kleineren Strukturen nicht ohne weiteres wiederholen. Man müsste das aber tun, denn ich kann mir nicht vorstellen, dass in den angedachten „freien“ Bonsai-Spitälern jeder schalten und walten könnte, wie er will. Kleine Strukturen sind erfahrungsgemäß teurer als große, denn sie brauchen einen spezifischen Verwaltungsapparat, haben keine kritische Masse, um günstig Material einkaufen zu können, und so fort. Gerade wegen solcher Effizienzgewinne wurden in den letzten Jahren Klinikfusionen politisch unterstützt und Wert darauf gelegt, Klinikaktivitäten zusammenzulegen.
Heißt das, Dezentralisierung ist Unsinn? Im Koalitionsvertrag der Regierung taucht das Vorhaben auf und Minister Etienne Schneider arbeitet an einem Gesetzentwurf zur Regulierung des außerklinischen Sektors.
Demnach würde also eher mehr reguliert? Um Deregulierung und somit weniger Steuerung soll es also nicht gehen. Die Spitäler und ihr Verband, die FHL, verschließen sich der Dezentralisierungs-Diskussion nicht. Den Spitälern müsste aber ein Level-playing field erhalten bleiben. Ich könnte mir zum Beispiel nicht vorstellen, dass für unser Personal der Krankenhaus-Kollektivvertrag gilt, für die dezentralisierten Strukturen dagegen nicht. Und ganz sicher werden die Spitäler, falls dezentralisiert wird, dabei eine Rolle spielen wollen.
Die Hôpitaux Schuman haben schon angekündigt, eine „Antenne“ im Osten des Landes einrichten zu wollen. Hat das CHL ähnliche Pläne?
Wir haben in Mersch und Grevenmacher je ein Praxiszentrum als Pilotprojekt gestartet. Für den Fall, dass manche Bürger Mobilitätsprobleme haben, aber nicht auf die Expertise des CHL verzichten wollen, gehen wir zu den Leuten. Das ist ein Test, wir wollen sehen, wie groß der Bedarf tatsächlich ist.
Was bieten Sie da an?
Kernspintomografie nicht, Röntgen auch nicht. Ein Ultraschallgerät steht da, wird aber von mehreren Spezialisten genutzt. Das sind Basiskonsultationen von Fachärzten für Endokrinologie, Geriatrie, Orthopädie, allgemeine Chirurgie und Gefäßchirurgie. Wir operieren da aber nicht. Die Chirurgen werden einmal monatlich anwesend sein und zum Beispiel eine Bilanz am Patient vor einer OP anfertigen können.
Konkurriert das CHL damit nicht mit Ärzten vor Ort?
Wir haben eine Marktanalyse anfertigen lassen, um zu sehen, was es im Umfeld gibt, und dafür sorgen zu können, dass unser Angebot das lediglich ergänzt. Wir haben das den Allgemeinmedizinern vor Ort vorgestellt. Die sind ziemlich begeistert und sagen: Macht noch mehr!
Also könnte Dezentralisierung eine Chance für ein Krankenhaus sein?
Sie kann, aber unterwegs liegen viele Gefahren. Ein Krankenhaus als Betrieb ist etwas Komplexes und muss als ein Ganzes funktionieren. Der Patient muss in seiner Globalität versorgt werden. Dazu muss es Prozeduren geben, die nicht nur auf dem Papier stehen dürfen, sondern gelebt und eingehalten werden müssen. Die Direktion muss dafür Sorge tragen, dass sie befolgt werden; gibt es Abweichungen oder Defizite, muss eingegriffen werden. Damit alle Räder ineinander greifen, ist eine gewisse organisatorische Stringenz nötig.
Die AMMD aber sagt, laut der Luxemburger Rechtslage habe ein Patient keinen Behandlungsvertrag mit einem Spital, sondern nur mit einem Arzt.
Und einem Patienten, der in die Notaufnahme kommt, sage ich dann: „Leider können Sie sich Ihren Arzt nicht selber aussuchen, aber ich als Klinikdirektor bin auch nicht verantwortlich für das, was mit Ihnen geschieht. Hoffen wir mal, dass alles gut ausgeht...“ So etwas funktioniert nicht, das war im 20. Jahrhundert gut, als ein Spital sich darauf beschränkte, den Patienten ein Bett zu geben, etwas zu essen und spirituellen Beistand bis zur Letzten Ölung. Und dem Arzt standen freundlicherweise Technik und Personal kostenlos zur Verfügung. Heute sieht das Spitalgesetz eben nicht vor, dass die Krankenhäuser mit der medizinischen Betreuung des Patienten nichts zu tun haben. Im Gegenzug hat das Gesetz die Rolle der Ärzte im Spital gestärkt. Die Ärzteräte wurden aufgewertet, Vertreter der Ärzteräte erhielten Sitz und Stimme in den Verwaltungsräten der Klinik-Träger, und der Generaldirektor des Krankenhauses muss ein Arzt sein, was die Bedeutung der Mediziner bei der integrierten Versorgung, um die es geht, unterstreicht.
Das CHL unterscheidet sich von den drei anderen großen Krankenhausgruppen dadurch, dass es in den Siebzigerjahren durch ein eigenes Gesetz als ausdrücklich öffentliches Spital gegründet wurde. Mit unter anderem auch einer Mission, Forschung und Lehre zu betreiben, und mit in erster Linie festangestellten Ärzten. Halten Sie das CHL für integrierter als die anderen Krankenhäuser?
Öffentlich sind im Grunde sämtliche Krankenhäuser. So werden sie finanziert, sie können nicht profitorientiert sein und leisten alle einen service public. Vielleicht funktioniert das CHL integrierter als die anderen, weil wir das schon immer so kennen, doch die anderen funktionieren immer mehr auch so. Schon weil der reglementarische Rahmen das will: Das Spitalgesetz zählt Klinik-Fachdienste auf und legt detailliert fest, wie sie zu funktionieren haben. Es beschreibt die Rechte und Pflichten der Ärzte und die allgemeine Medizinpolitik des Hauses, die der Medizinische Direktor durchsetzen muss. Es sieht Koordinations-Mediziner vor und erlegt den Ärzten auf, sich an die Empfehlungen von Qualitätssicherungs-Komitees zu halten. So gesehen, müssen alle Spitäler zur integrierten Versorgung tendieren. Der Unterschied gegenüber uns ist und bleibt, dass in den anderen drei großen Krankenhaus-Gruppen die Ärzte Belegärzte sind – Freiberufler, die einen Teil ihrer Aktivität im Cabinet haben. Im Spital-Perimeter aber findet eine Angleichung statt, denn alles andere würde nicht dem Spital im 21. Jahrhundert entsprechen. Übrigens steht im Spitalgesetz auch, dass „Centres de diagnostic“, also Mini-Spitäler, nicht genehmigt werden dürfen. Dezentralisierung neben den Krankenhäusern, wenn man sie will, ginge also in eine Richtung, die nicht der gesetzlich hinterlegten Bedarfsplanung entspricht.
Warum eigentlich?
Vielleicht konnten bislang durch diese Einschränkung kommerzielle Anbieter aus dem Ausland davon abgehalten werden, den hiesigen Ärzten das Wasser abzugraben?
Gibt es im CHL nur angestellte Ärzte oder auch Freiberufler?
Von rund 430 Ärzten sind 210 festangestellt. 150 sind Freiberufler und 70 sind Ärzte in Ausbildung, die ebenfalls angestellt sind. Dass wir auch freiberufliche Mediziner haben, hat verschiedene Gründe. Zum einen sind das Gynäkologen, die an die Maternité bereits gebunden waren, noch ehe diese mit dem damaligen Hôpital municipal zum CHL wurde. Zum anderen sind das Ärzte aus der Eicher Klinik, die dort schon waren, ehe sie mit dem CHL fusionierte. Die meisten freiberuflichen Ärzte werden bei uns mit Pauschalen bezahlt.
Ist es problematisch, neue Ärzte zu rekrutieren?
Ich würde sagen, es war vor zehn Jahren einfacher. Aber das ist ein europaweites Problem, und es stellt sich bei der Rekrutierung von Pflegepersonal auch, zum Teil sogar noch mehr als bei den Ärzten. Bisher haben wir es in Luxemburg immer verstanden, bessere Bedingungen zu bieten als das Ausland, denn wir sind nun mal abhängig vom Ausland. Klappt das eines Tages nicht mehr, wird es kritisch.
Die AMMD sagt, das sei schon jetzt der Fall, und ein Problem sei nicht nur, Ärzte zu finden, sondern auch gute Ärzte. AMMD-Präsident Alain Schmit erzählt, in seinem Krankenhaus seien 95 Prozent der eingehenden Bewerbungen nicht gut genug.
Das kann ich nicht teilen, wir können keine Qualitätsdefizite feststellen. Die Erwartungen ans Berufsleben haben sich geändert, die Auffassung von der Work-life balance. Aber das scheint mir in erster Linie eine Generationenfrage zu sein und nicht Mediziner-spezifisch.
Als die Generalinspektion der Sozialversicherung vor ein paar Jahren noch ausführlicher über die Einkommenslage der Ärzte informierte, sah man, dass festangestellte Mediziner im Landesvergleich deutlich weniger verdienen als Freiberufler. Sind die Verdienstmöglichkeiten im CHL attraktiv genug?
Das ist eine multifaktorielle Herausforderung. Grundsätzlich ist unsere Einnahmequelle dieselbe wie für freiberufliche Ärzte: Jeder Mediziner, ganz gleich mit welchem Statut, rechnet à l’acte ab und stellt in Rechnung, was die Gebührenordnung, die Nomenclature des médecins, an Tarifen enthält. Die Einnahmen daraus fließen bei uns in einen gemeinsamen Topf, Ärztegehälter finanzieren wir daraus. Im Durchschnitt verdienen festangestellte Spezialisten bei uns weniger als im Durchschnitt Freiberufler mit Aktivität in der Praxis und als Belegarzt in einem Spital. Auf der anderen Seite aber sind unter Freiberuflern die Einkommen von Fachsparte zu Fachsparte zum Teil sehr unterschiedlich. Im CHL dagegen kommt es nicht vor, dass ein festangestellter Arzt der einen Spezialität deutlich mehr verdient als ein Festangestellter einer anderen Disziplin.
Finden Sie es bemerkenswert, dass Ihre Ärzte es offenbar hinnehmen, als Angestellte weniger zu verdienen als ein Freiberufler?
Glücklicherweise ist das Einkommen für sie nicht das höchste der Gefühle, und sie legen auch auf andere Dinge Wert. Wir hatten schon erwähnt, dass das CHL eine Mission in Forschung und Ausbildung hat. Wer forschen möchte, kann das tun, und wir erleichtern das. Wir sind froh, gerade jene anzuziehen, die ihrer Arbeit beispielsweise eine akademische Dimension hinzufügen wollen, und sind überzeugt, dass das auch den Patienten zugute kommt. Das ändert aber nichts daran, dass in Luxemburg die Krankenhausmedizin aufgewertet werden muss, und mich stört sehr, was bestimmte Ideologen der AMMD seit einem Jahr um die Nomenklaturkommission aufführen, die über die Tarife in der Gebührenordnung diskutiert.
Wie meinen Sie das?
Mag sein, dass manche Ärzte finden, sie könnten sich besser entfalten, wenn sie auch außerhalb eines Spitals operieren könnten. Aber das ist nicht die entscheidende Frage. Sondern: Wie halten wir die Spitalmedizin attraktiv? Ganz abgesehen von Rekrutierungsproblemen wegen einer europaweiten Ärzteverknappung besteht die Gefahr, dass mehr und mehr Ärzte, die schon hier sind, es vorziehen könnten, sich keinem Spital anzuschließen, sondern nur im Cabinet tätig zu sein, dadurch keine Bereitschaftsdienste zu haben und sich ihren Arbeitsrhythmus selber einteilen zu können. Da sind wir gefordert. Bereitschaftsdienste müssen vergütet und auf mehreren Schultern verteilt werden. Das ist für die Krankenhäuser sicherlich wichtiger, als für manche Chirurgen eine Spielwiese draußen einzurichten.
Sind die Einkommensunterschiede zwischen verschiedenen Mediziner-Fachsparten nicht auch ein Problem?
Stimmt. Als Patient sieht man, dass es immer schwieriger wird, bei bestimmten Ärzten einen Termin zu bekommen. Das ist zum Beispiel bei Augenärzten und Psychiatern so, aber auch bei Kinderärzten, und Allgemeinmediziner gibt es ebenfalls nicht genug. Wie der Zufall es will, findet man hier die Disziplinen, die in der Gehälterskala der Ärzte eher unten stehen. Da sage ich: Ein Grund dafür ist vielleicht auch, dass diese Fachgruppen syndikalistisch nicht ausreichend vertreten worden sind und nicht dafür gesorgt wurde, die Vergütung ihrer Arbeit so zu gestalten, dass Ärzte dieser Fachrichtungen in ausreichender Zahl nach Luxemburg kamen. Denn dort haben die Bürger Probleme, einen Termin zu bekommen, dort liegen die Versorgungslücken. Von Notfällen ganz zu schweigen. Viele Patienten kommen dann in die Notaufnahmen der Spitäler und führen zu den Staus, die wir kennen.
Wieso sollte es Aufgabe der AMMD sein, diese Fachrichtungen besser zu stellen?
Als Berufsverband, der im Interesse derer agiert, die er zu repräsentieren vorgibt, wäre es ihre Aufgabe, finde ich. Wo aber sind ihre Vorschläge an die Nomenklaturkommission diesbezüglich? Falls es sie gab, können sie nicht weit genug gegangen sein, denn ausgerechnet an den Ärzten, die besonders schlecht gestellt sind, mangelt es.
Die AMMD stört sich heute nicht zuletzt daran, dass ihren Reihen in der Nomenklaturkommission ein Vertreter des Krankenhausverbands zugerechnet wird. Das sind Sie.
Ja, und Michel Nathan aus Esch. Wir sind aber auch Ärzte. Wir kennen das Handwerk, aber auch den Krankenhausbetrieb, und wenn in der Nomenklaturkommission etwas entschieden werden soll, das auf den Krankenhausbetrieb Einfluss hat, wollen wir als Vertreter unseres Verbands mitreden. Wie ich schon sagte: Die Kliniken erhalten von der CNS ein Budget. Im außerklinischen Bereich dagegen rechnet der Arzt pro Akt ab. Erbringt er eine Leistung im Spital, rechnet er ebenfalls nach den Regeln des außerklinischen Bereichs ab. Eigentlich geht das hinten und vorne nicht auf, und die Gesundheitsreform von 2010 ging einen nur zaghaften Schritt, als sie den Reihen der Ärzte einen Vertreter der Fédération des hôpitaux zuschlug. Heute sagen wir: Wir wollen mehr Mitsprache bei den Tarifen der Ärzte. Denn ihre Höhe hat Einfluss auf die Aktivität und die Kosten der Spitäler, auf die Prozessabläufe, den Personalbedarf, den Materialverbrauch und die Liegedauer der Patienten. Und für mich als Betriebschef ist es eine Zumutung, wenn ich die Gehälter meiner angestellten Ärzte garantieren muss, aber nicht mitreden soll über die Höhe und den Inhalt der Tarife, die die einzige Quelle sind, aus denen die Gehälter sich speisen können.
Der Krankenhausverband sagt auch, erhält er nicht mehr Mitsprache zu den Tarifen der Ärzte, würde er es vorziehen, wenn es zwei Tarifordnungen gäbe, eine für die Krankenhausmedizin und eine für den außerklinischen Bereich. Was für Folgen hätte das für die Versorgung? Wäre es dann nicht mehr möglich, dass ein Arzt einen Patienten aus dem Cabinet in eine Klinik mitnimmt – was ein Vorzug des Luxemburger Systems ist?
Ich denke nicht, dass dieser Vorzug in Gefahr geraten muss. Der Krankenhausverband würde auf jeden Fall dafür sorgen, dass Klinik-Belegärzte ordentlich vergütet werden. Ihre Vertreter würden mit am Tisch sitzen, wir würden mit ihnen an einem Strang ziehen. Eines ist sicher: Die Haltung der AMMD-Spitze zur Nomenklaturkommission ist außerordentlich bedauerlich, und ich hoffe, dass sie zu einem pragmatischen Ansatz zurückfindet.