Post-postheroischer Abend

d'Lëtzebuerger Land vom 07.03.2025

Am vergangenen Montag verteidigte kein Podiumsteilnehmer des public forum die Devise „Frieden schaffen ohne Waffen“. Auf dem Podium in den Rotunden waren sich Stéphanie Empain (déi Gréng), Rainer Hesse (Militärsoziologe) und der Historiker Claude Ewert einig, nur eine Militarisierung der Gesellschaft könne für die Sicherheit Europas sorgen. Im Sinne der Verteidigung, nicht eines Angriffs, betonten sie. Es klang trotzdem krude, als die grüne Parteipräsidentin meinte: „An ech hoffen, datt mer an Europa, wann dee Moment kënnt, eis Leit och kënne schécken.“ „Ihr Grünen wart mal Pazifisten. Jetzt seid ihr reaktionär“, warf ihr der Politologe Armand Clesse unter anderem deshalb im Publikumsgespräch vor. Sie sei noch immer Pazifistin, nur könne man diese Situation nicht mit einem „Besenstil“ entschärfen, antwortete Empain. Woraufhin einige ihm Saal applaudierten. Man müsse aufrüsten, um einen Krieg zu verhindern, so ihre Analyse.

Auch Rainer Hesse meinte, verantwortungsbewusst zu handeln, hieße sich vorbereiten. „Keiner ist bereit, seine Leute zu opfern. Und Menschenverluste verhindert man, indem man technische Voraussetzungen schafft, so wie die USA – und Geld in die Hand nimmt.“ Dass es zu einem neuen Frontverlauf in Mittel- oder Westeuropa komme, sei eher unwahrscheinlich. Aber ein ziviler Katastrophenfall nicht: Falls man in Luxemburg den Strom lahmlegt, funktioniere diese auf Dienstleistungen aufbauende Gesellschaft nicht mehr, so Hesse.

Das Private und Politische wurde während der Debatte nicht verklammert. Niemand im Saal äußerte sich darüber, ob er seine Kinder in den Militärdienst schicken will; überhaupt war die Wehrpflicht am Montag kein Thema. Aus dem Publikum kam noch die Anmerkung, man spreche viel über militärisches Aufrüsten, aber weshalb nutze Europa seine wirtschaftliche Macht nicht gezielter aus und bessere bei den Sanktionen nach. Am russischen Ölexport lasse sich beobachten, dass Spielraum in puncto Sanktionen bestehe. Es sei zu „easy“, Handel zu betreiben und Sanktionen zu umgehen, zeigte sich Claude Ewert skeptisch. Man brauche ein Friedenskonzept; man könne die Ukrainer nicht weiter „ins Messer laufen lassen“, sagte ein weiterer Mann aus dem Publikum. Er deutete an, vielleicht müsse man den Verlust von Territorium in Kauf nehmen. Daraufhin wurde vor dem Domino-Effekt gewarnt: in Nordkorea und China würden die Machthaber sich das merken. Außerdem käme die Haltung der USA der Aufgabe einer regelbasierten Ordnung gleich. Denn im Rahmen des Budapester Memorandun gab Amerika der Ukraine Sicherheitsgarantieren, als Gegenleistung für die Abschaffung ihrer Nuklearwaffen, so Hesse.

Stéphanie Majerus
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