Im großen Saal des Limpertsberger Tramsschapp reichten die Stühle kaum, als am Dienstagabend Déi Gréng dort ihren Ad-hoc-Parteikongress abhielten. „Wir sind fast 200 heute!“, gab Parteipräsidentin Sam Tanson stolz bekannt. Wieso auch nicht: Nach den Wahlen 2009 hätte es für die Grünen rein arithmetisch schon für eine Regierungsbeteiligung reichen können – an der Seite der CSV. Den Politmonitoren und Politbarometern der letzten Zeit nach sieht es so aus, als könnte die vor kurzem 30 Jahre alt gewordene Partei beim nächsten Urnengang noch besser abschneiden. Fragt sich nur, wie sie dahin gelangen will.
Köpfe haben Déi Gréng noch keine zu präsentieren: Ihre Kandidatenlisten werden sie erst nächsten Donnerstag im Clausener Melusina vorstellen. Und so diente der Parteitag, neben der formal-statutarischen Beschlussfassung, überhaupt in den Wahlkampf zu ziehen, vor allem dazu, die Basis auf das „Jetzt oder nie!“ einzuschwören. Das gelang ziemlich gut. „Und wenn wir in den nächsten drei Monaten an jeder Haustür im Lande klingeln müssen, um die Leute davon zu überzeugen, dass wir die richtigen Ideen haben!“, rief Fraktionspräsident François Bausch in den Saal. Der Applaus gab zu verstehen: Wir klingeln mit.
Die gute Stimmung aber wurde stark aus einer allgemeinen Entrüstung über den Ausgang der Srel-Affäre, den Auftritt des Premiers vor dem Parlament vergangene Woche und die Reaktionen der CSV gespeist. Das grüne Wahlkampfmotto „Lëtzebuerg op d’Been stellen!“ hatte am Dienstag viel damit zu tun, den Bürgern das Vertrauen in die Institutionen zurückgeben zu wollen, welches „68 Jahre beinah ununterbrochener Vorherrschaft der CSV“ beschädigt hätten. Doch nachdem Bausch, der Vorsitzende des Geheimdienstkontrollausschusses, sich seinen Frust über die Ermittlungen in der Srel-Untersuchungskommission von der Seele geredet hatte, sprach er das Wort „Schlussstrich“. Der Escher Abgeordnete Felix Braz tat es ihm nach: Man komme derzeit nun mal nicht umhin, über die CSV zu reden. Im Wahlkampf jedoch gehe es nicht „gegen Juncker und die CSV, sondern um Inhalte“. Da war der grüne Aufstand gegen den CSV-Staat nach einer Stunde auch schon wieder beendet und der Parteitag in der Realität angekommen: Natürlich geht es im Wahlkampf vor allem gegen Juncker und die CSV, aber selbst wenn die bei den vorgezogenen Wahlen sechs ihrer 26 Sitze im Parlament verlöre, was eine Menge wäre, würde sie noch immer eine Kraft darstellen, die vermutlich Anspruch auf den Posten des Staatsminister erheben könnte. Weshalb sollten es Déi Gréng dann ganz anders halten als etwa die DP, die sehr diskret mit Juncker und der CSV umgeht? Weshalb sollten sie nicht, wie Braz sich ausdrückte, viel „Fantasie“ für Regierungsbündnisse pflegen, sofern sich darin „grüne Inhalte“ unterbringen lassen könnten?
Welche das sein sollen, soll bis zum Wahlparteitag am 14. September feststehen. In der Zwischenzeit ist von einem Investitionsprogramm für den Mittelstand die Rede, von der Abschaffung „unökologischer Subventionen“ und einer großen Steuerreform. Forschung und Innovation gehörten angekurbelt, die Energiewende nicht „verschlafen“ und Sozialleistungen „dort hin, wo sie wirklich gebraucht werden“, ohne aber „mit dem Bulldozer durch den Sozialstaat zu fahren“, so Bausch. Wie sie es mit dem Index halten, wissen Déi Gréng noch nicht. Nur dem „gedeckelten Index“ erteilte Ko-Präsident Christian Kmiotek eine Absage, „weil der vor allem die Mittelschicht belasten würde und mathematisch sowieso nicht funktioniert“. Ohne viele Diskussionen nahm der Parteitag bei einer Enthaltung diese Marschroute erst einmal an. Die Stimmung im Saal war da freilich nicht mehr so euphorisch wie zu Beginn.