Die Aussage des Parlamentspräsidenten Laurent Mosar (CSV), die Abgeordneten und er selbst begnügten sich künftig bei offiziellen Anlässen mit „ordinärem“ luxemburgischem Crémant an Stelle von edlem Champagner, war eines der ganz großen politischen Statements des Jahreswechsels, ein Schritt, der nicht nur von wirtschaftlicher Weisheit zeugte, sondern den reaktionären Mut eines Sorbonne-Absolventen ans Licht brachte, Frankreich mit unserem Moseltropfen die Stirn zu bieten. Die Gefolgen des ersten Bürgers des Landes reagierten entzückt, andere entrüstet, viele überhaupt nicht. Serge Tonnar und seine Band Legotrip antworteten mit dem frechen Song Crémant an der Chamber und ernteten prompt ihren bislang größten Erfolg.
Crémant an der Chamber aber ist nur eines von einem Dutzend bissiger Lieder und Texte, die unter dem Titel Klasseklon als Album erschienen sind. Legotrip, das sind der Sänger und Bassist Rom Christnach, Eric Falchero am Keyboard, Glockenspiel und als Sänger, der singende Schlagzeuger Misch Feinen und natürlich Tonnar, der als Allroundwaffe der Band, am Mikrofon, an der Gitarre und am Bass, am Klavier und am Banjo allgegenwärtig ist und dazu sämtliche Lieder und Texte geschrieben hat. Nach Legotrip (2003) und Tonnars Projekten mit Zap Zoo oder dem Alleingang Pärele bei d’Sei von 2008, ist dies der zweite Anlauf der Band und wahrlich ein großer Wurf.
Neben der Hommage an Laurent Mosar und den luxemburgischen Weinbau hat es auch der nicht minder sozialkritische, augenzwinkernd ironische und vor allem ehrliche Rap Laksembörg Sitti, den Tonnar gemeinsam mit dem Hip-Hopper Corbi von De Läb geschrieben und interpretiert hat, ganz nach oben in die Charts hierzulande geschafft. Die Nummer ist ein brillant skandiertes, akrobatisches Wortgefecht, das, in waschechtem und perfekt jongliertem Luxemburgisch, „vun der Long op d’Zong“, der Scheinheiligkeit der so genannten Vorzeigebourgeoisie der Hauptstadt auf den Grund geht: „wou si mer geland, mir liewen an enger plastikswelt / wou jidderee sech sou gëtt datt en deem anere gefällt…“
Tonnar gibt sich auf diesem Album als Klassenclown, als der aufmüpfige Schüler aus der letzten Reihe, der, halb Clown, halb Rebell, animiert und amüsiert, anstößt und provoziert, vor allem aber sagt, was er denkt. Seine künstlerische Narrenfreiheit genießt er mit zwischen Lied und Chanson, Rock und Folk schwankenden Songs wie der Manila-Parodie Disnäland – „den henri duck, deen ass hei / de chef vun der arméi a vun der polizei“ – der melancholischen Nummer Blumme vun der Tankstell oder der Nostalgie von Bopebistro – „net ëmmer heescht de fortschrëtt / dass mer och virukommen“. In dieser originellen Musik und den wahrlich alles andere als oberflächlichen Texten sucht er nach den kleinen Dingen, die das luxemburgische Wesen ausmachen oder auch nicht.
Klasseklon ist ein Album mit Tiefgang und Zündstoff, Ironie und Charme.