Styropor als Dämmstoff für energiesparende Häuser? In öffentlichen Bauten durch den Staat ist seine Verwendung nicht mehr zulässig, und in der Stadt Luxemburg verbietet es die Feuerwehr. Reine Vorsichtsmassnahme. „Wenn eine Styroporfassade brennt, haben wir kaum eine Chance zum Löschen“, sagt Guy Weis, stellvertretender Chef der Stater Pompjeeën und Leiter der Abteilung Brandprävention.
Der Dämmstoff schlechthin soll derart feuergefährlich sein? Kommt ganz drauf an. Als Kohlenwasserstoffverbindung ist Styropor brennbar, und es wäre sogar leicht entflammbar, wenn die Hersteller keine „Flammhemmer“ beimischen würden. Doch während Wärmeisolationen aus Styropor früher zehn, höchstens 15 Zentimeter dick angebracht wurden, messen sie heute nicht selten 40 Zentimeter. Das erhöht – auch mit Flammhemmer – das Brandpoten-zial, falls doch etwas passiert.
Was passieren kann und unter welchen Umständen, wurde in Deutschland und Österreich erst vor kurzem wieder getestet, so Guy Weis. Die „kritische Brandlast“, die ausreicht, eine Styroporfassade in Flammen aufgehen zu lassen, scheine irgendwo zwischen 0,3 und 3,25 Megawatt zu liegen. Genaues wisse man erst, wenn die Tests fertig ausgewertet sind. Was von den Megawattwerten zu halten ist, verdeutlicht Weis so: „Wenn jemand im Sommer eine glühende Zigarettenkippe in einen Mülleimer in der Nähe einer Hauswand wirft, sich im Mülleiner ein Sickerbrand bildet dessen Hitze zur Fassade strahlt, geschieht nichts.“ Brenne dagegen so ein Mülleimer lichterloh, dann reiche das womöglich schon. Brandstiftung komme ebenfalls als Auslöser infrage. Was ein Zimmerbrand anzurichten vermag, der so stark geworden ist, dass er durch die Fenster nach draußen schlägt, hat erst vor ein paar Wochen ein weiterer Laborversuch ermitteln wollen. Die Resultate sind noch nicht publik.
Besonders groß sei das Risiko an mehrgeschossigen Gebäuden, erklärt der Feuerwehrdirektor. Das liegt zum Teil ausgerechnet an Vorrichtungen, die die Isolationen sicherer machen sollen: Vom größten Styropor-Hersteller war vor Jahren empfohlen worden, in die Wärmedämmung zwischen den Etagen jeweils 20 Zentimeter dicke Lagen aus nicht brennbarer Steinwolle einzufügen. In der Praxis habe sich aber gezeigt, dass diese Pufferzone bei einem Brand eine Art „Topf“ unter dem Fassadenputz bildet. Dort dringt durch die Hitze flüssig gewordenes Styropor ein, wird weiter erwärmt und wandelt sich chemisch in Monostyrol um. „Da hat man dann eine hochbrennbare Flüssigkeit an der Fassade hängen“, sagt Weis. „So ein Feuer kriegt niemand aus.“ Das habe sich vor ein paar Jahren in Frankfurt gezeigt, als schon nach acht Minuten eine ganze Fassade brannte und die Feuerwehr machtlos blieb.
Dass die Stater Pompjeeën die Verwendung von Styropor nicht gestatten, heißt allerdings nicht, dass es nicht mehr verwendet wird. Für Einfamilienhäuser gilt das Verbot sowieso nicht, aber die Baustellen für größere Gebäude auf Brandprävention zu kontrollieren, hat die Feuerwehr keine Mission. Weis geht davon aus, dass Styropor trotz Verbots auch weiterhin benutzt wird. „Es ist billig und leicht anzubringen.“ Ganz abgesehen davon können in anderen Gemeinden ganz andere Regeln gelten. Dass die lokalen Feuerwehren zu jedem Baugenehmigungs-Antrag einen Brandschutz-Avis abgeben müssen, steht seit 2004 im Kommunalplanungsgesetz. Doch ob alle Feuerwehren über Land so entscheiden wie die aus der Haupstadt, ist nicht gesagt. Wenngleich die als einzige Berufsfeuerwehr im Lande eine wichtige Rolle spielt, wenn im Feuerwehrverband über Prävention diskutiert wird.
Alternativen zum Styropor gebe es durchaus, sagt Guy Weis. Polyurethan-Schaum zum Beispiel sei weniger leicht brennbar als Styropor und verflüssige sich nicht, sei aber teurer und weil er mit der Zeit Wasser anzieht, kein stabiler Wärmeisolator. Steinwolle sei nicht brennbar, glimme nur, halte sieben Jahrzehnte lang und sei recycelbar, aber wesentlich schwerer als Styropor, deutlich teurer und nicht so leicht zu handhaben.
Die Brandschutzbedenken um die Dämmstoffe deuten aber auch an, dass sich um sie Nachhaltigkeitsprobleme stellen. Nicht nur werden, wenn Materia-lien wie Polystyrol (Styroporor) und Polyurethan zum Einsatz kommen, Erdölprodukte an Häuserfassaden geklebt, damit man drinnen fossile Brennstoffe zum Heizen einsparen kann. Die Dämmstoffe sind auch in anderer Hinsicht riskant.
Als Flammhemmer werden in Styropor Furane verwendet, hochgiftige Verbindungen, deren Verwendung nur ausnahmsweise für die Dämmstoffe erlaubt ist. Ein weiteres Problem stellen Pilz- und Algenbekämpfungsmittel dar, die Styropor-Dämmverbundmaterialien zugesetzt werden. Sie sollen verhindern, dass sich im Außenputz auf dem Dämmverbund allmählich ein grüner bis braunschwarzer Überzug aus Algen und Pilzen bildet, wenn sich über der Styroporschicht Kondenswasser ansammelt. Die Fungizide und Algizide sollen deshalb mit der Zeit nach aus dem Dämmverbund heraus nach an die Fassaden-oberfläche treten.
Doch wie vor knapp drei Jahren in einem Film des Norddeutschen Rundfunks gezeigt wurde, gelangen diese Biozide mit dem Regenwasser ins Grundwasser, und wie Untersuchungen in der Schweiz ergeben haben, ist dort an manchen Trinkwasserquellen die Belastung durch die Dämmstoff-Biozide ähnlich hoch wie die durch Pestizide aus der Landwirtschaft.