Ob es der Verwaltungsvereinfachung dient, wenn das Nachhaltigkeitsministerium einen 53 Seiten langen Entwurf zu einem Gesetz ausarbeitet, das eigentlich gar nicht verabschiedet werden soll? Wohl kaum. Aber genau das ist offenbar geschehen, um die EU-Richtlinie Nr. 2009/31 EG umzusetzen. Die regelt in der EU das so genannte Carbon Capture and Storage oder CSC – eine Technologie, die das in besonders emissionsintensiven Industrien anfallende CO2 auffängt, um es dann in geologisch geeignete, unterirdische Formationen zu pressen und so endzulagern.
Doch weil die Technologie noch sehr jung ist, im Grunde noch im Erprobungsstadium steckt und noch keiner genau weiß, welche Standorte sich als CO2-Endlager wirklich eignen, räumt die Richtlinie den EU-Staaten ein, CSC bei sich daheim entweder in bestimmten Regionen oder gar überall zu verbieten. Das wollen die meisten Luxemburger Entscheidungsträger. Das Nachhaltigkeitsministerium will es, und alle im Parlament vertreten Parteien wollen es, wie eine Sitzung des parlamentarischen Nachhaltigkeitsausschusses am 18. Januar ergab. Die Arbeitnehmerkammer will es, der Staatsrat auch, die Handwerkskammer tendiert ebenfalls dazu. Nur die Handelskammer hat zu bedenken gegeben, dass man sich einer womöglich noch viel versprechenden Technologie nicht einfach verschließen sollte.
Wenn kommenden Dienstag der CSC-Gesetzentwurf erneut im Nachhaltigkeitsausschuss besprochen wird, soll ein juristisches Gutachten empfehlen, wie CSC am besten zu verbieten sei: Entweder, indem man ein kurzes Gesetz macht, das die Technologie halt verbietet. So ist Österreich vorgegangen, und so würden es die Fraktionen von LSAP, DP und Grünen tun. Dann wäre die Arbeit für den 53 Seiten und 34 Artikel umfassenden Gesetzentwurf umsonst gewesen. Oder man ergänzt diesen Entwurf um einen Passus, der CSC derzeit verbietet. Das böte, meinten im Januar die beiden Nachhaltigkeitsminister und mit ihnen die CSV-Fraktion, eine Gewähr, von der EU-Kommission nicht wegen Nicht-Umsetzung einer Richtlinie verklagt zu werden.
Kommenden Dienstag müsste aber auch über Ulcos II zu reden sein. So heißt ein CSC-Pilotprojekt, das Arcelor-Mittal am Hüttenstandort Florange plant, und Ulcos II ist es, das so manchen Abgeordneten Angst einjagt. So, als könne neben dem AKW Cattenom hinter der Grenze bald noch eine Anlage entstehen, von der niemand die Risiken für Luxemburg kennt. Wer weiß, vielleicht wird die Hütte in Florange ja doch nicht für immer geschlossen. Und hat der französische Präsident nicht erst Ende Februar noch einmal bekräftigt, Frankreich könne Ulcos II nicht nur mitfinanzieren, sondern sogar ganz bezahlen, falls das Werk in Florange bestehen bliebe, und das war vielleicht nicht nur Wahlkampfgetöse?
Natürlich würde das Projekt – dem noch die Genehmigung der EU-Kommission fehlt – kaum aufgehalten, falls CSC in Luxemburg verboten würde. Doch im April vergangenen Jahres vereinbarte die französisch-luxemburgische Commission intergouvernementale, dass beide Staaten für Ulcos II kooperieren könnten. Inwiefern, wussten Nachhaltigkeitsminister Claude Wiseler und der delegierte Minister Marco Schank (beide CSV) im Januar dem Ausschuss ebensowenig mitzuteilen wie die genaue Beschlusslage der Kommission oder wer an dem Treffen von Luxemburger Seite teilnahm. Sie versprachen aber, sich zu informieren. Ganz ausgeschlossen scheint es da nicht, dass Carbon Capture and Storage in Luxemburg am Ende doch nicht einfach verboten werden könnte und die Ausarbeitung des Gesetzentwurfs doch keine Zeitverschwendung war.