Hätten an Hate sin zwou verschidde Staten. Trotzdem lindert die Sehnsucht nach jenen Staten, die einst zum größeren Herzogtum Luxemburg gehörten, Schmerzen. Zum Beispiel den nationalen Minderwertigkeitskomplex von Landsleuten, deren gewaltiger Patriotismus das kleine Großherzogtum zu sprengen droht.
Als eingetragene Vereine trauern seit Siggy vu Lëtzebuerg nur noch Sprachpfleger der Grenzregionen dem Herzogtum in den Grenzen von 1659 nach. Denn der Trost bleibt schwach: Auch das Herzogtum Großluxemburg wäre, vier Mal so groß wie das Großherzogtum, noch immer das mit Abstand kleinste Land der EU.
Auf den Spuren Luxemburgs in seinen historisch größten Ausmaßen, aber ganz ohne Großmachtphantasien organisierte das Ensemble Les musiciens zwischen 1993 und 1999 unter dem Titel Connaissance de l'ancien Duché de Luxembourg 30 Konzerte und Vorträge in belgischen, französischen und deutschen Ortschaften des ehemaligen Herzogtums und der Grafschaft Chiny. Eine treue Gemeinde meist älterer Kulturtouristen bekam bei den Kurzausflügen über die Grenzen Baudenkmäler gezeigt, klassische Musik gespielt und die Geschichte der jeweiligen Gegend erklärt.
Einer der Hauptinitiatoren, der Ehnener Gymnasiallehrer Joseph Groben, stellte die Geschichte der besuchten Ortschaften, von Arlon, Thionville und Bitburg, aber auch Marville, Rodemack, Neuerburg, Avioth, Saint-Walfroy, Kronenburg, Preisch und anderer, regelmäßig in der Warte vor, und diese Beiträge verarbeitete er nun, ein Kapitel pro Ortschaft, zu dem Buch L'ancien Duché de Luxembourg - Das ehemalige Herzogtum Luxemburg. Mit zahlreichen idyllischen Farbfotos meist menschenleerer Burgen und Kirchen sowie Reproduktionen historischer Dokumente reich illustriert, soll die Veröffentlichung zuerst ein luxuriöser Erinnerungsband für die Ausflugsteilnehmer und Konzertbesucher sein. Daneben richtet er sich wohl auch an jene, die sich für die historischen und kulturellen Gemeinsamkeiten eines Teils der Großregion interessieren und lehrsame Sonntagsausflüge planen.
Allerdings bleibt Grobens Geschichtsschreibung sehr konventionell. Das Schwergewicht wird auf die Feudalzeit und ihre Baudenkmäler gelegt, über die ohnehin am reichlichsten Literatur vorhanden ist. Moderne und Gegenwart werden kaum erwähnt, ebenso wenig wie andere Kulturdenkmäler. Die dargestellten Ortschaften des nahen Auslands werden "luxemburgozentristisch" beschrieben, in dem sie weitgehend im Vergleich zum als Stammland aufgefassten Großherzogtum definiert werden. Das Interesse für Leser der beschriebenen Nachbarregionen dürfte sich damit, trotz der Zweisprachigkeit, in Grenzen halten.
Trotzdem vermittelt die Lektüre den Eindruck einer Kulturlandschaft, die heute von Grenzen zerschnitten wird, die ebenso willkürlich sind wie diejenigen von 1639 oder 1815. In einer Zeit, in der unter Berufung auf alte Burgen und Kirchen neue Grenzen mit Gewalt gezogen werden, ist es nützlich, daran zu erinnern. Immerhin war das Herzogtum Luxemburg mit 10 418 Quadratkilometern so klein wie das heutige Kosovo (10 887 Quadratkilometer).
Joseph Groben: L'ancien Duché de Luxembourg - Das ehemalige Herzogtum Luxemburg. Eigenverlag, Ehnen 1999. 311 Seiten.