„Dancer, Choreographer, Video-Maker“ heißt es in der Beschreibung der Weltenbummlerin. Frankreich, New York, Israel oder Indonesien: Die Luxemburger Tänzerin Jill Crovisier bereist die Kontinente und zieht Inspiration aus unterschiedlichen Tanzstilen wie aus ihrem jeweiligen Umfeld. Das macht sie, seit sie 16 wurde. Wie breitgefächert schon jetzt ihr künstlerisches Schaffen ist, konnte man am 3. Juni beim 3 du Trois in der Bannanefabrik erleben. Ihre Videos dokumentieren die Lebensfreude der Bewohner anderer Kontinente im Tanz, verschmelzen Süßes mit Bitterem und wirken im Einfangen der fremden Kulturen und dem Herausstellen der Exotik fast etwas kitschig. Wie etwa Vanillaicecream (2017), wo Jill Crovisier Momentaufnahmen aus Sri Lanka mit eindrucksvollen Aufnahmen von Tropfen oder einem Eis, das am Boden zerfließt zu einem Kurzfilm verwoben hat. Nüchtern und präzise hingegen ihre Choreografien: mit Zement, the Solo (2017) interpretiert von ihr selbst, kreiert sie im blauen Regenmantel und John-Lennon-Sonnenbrille performend in circa fünfzehn Minuten eine Parabel auf Mauern und das menschliche Einwirken. Wie eine aufgezogene Puppe stößt sie gegen fiktive Wände und prallt in mechanischen Bewegungen daran ab. Die menschliche Hand verrichtet mechanisch Bewegungen und schafft Grenzen, Charlie Chaplins Factory Work lässt grüßen.
Ihre Choreografie Sieben, das Herzstück des Abends in der Banannefabrik, folgt dem Prinzip der tänzerischen Präzision. Die magische Zahl dient Crovisier als Leitmotiv. Sie lässt sieben TänzerInnen in den Raum trippeln, um sogleich Gruppenverhalten und Gruppendynamiken zu hinterfragen. Immer wieder wird einer der Tänzer ausscheren, aus der Reihe tanzen und sich erneut unter die Gruppe mischen. In ihren Videos Sieben – Inside a rehearsal hat Jill Crovisier die Probensituation auch filmisch festgehalten. Die Aufnahmen dokumentieren zugleich die Arbeit der TänzerInnen, deren individuelle Fähigkeiten Crovisier in Sieben herausstellt. Während die Gruppe eine Diagonale auf der Bühne bildet und der Rhythmus von düsteren Klängen diktiert wird, rückt mal eine Tänzerin kokett ab und stolziert mit Kussmund über die Bühne, mal ist es ein grünes, zotteliges Geschöpf, dass sich wild schüttelnd von der Tanzgruppe zu lösen scheint und das Entkommen zelebriert. Die individuellen Ausbrüche der so unterschiedlichen Tänzer lassen sich lesen wie ein Gleichnis auf die Gesellschaft: Bei aller Andersartigkeit sucht der Einzelne am Ende doch Halt in der Gruppe, ist unfähig, sich vom Rest zu lösen. Selbst, wenn der Tanzende nur lose an ihr zu hängen scheint, zieht die Gruppe die ausscherenden Außenseiter immer wieder zurück.
Sieben ist eine kraftvolle Choreographie, die gleichermaßen aufrüttelt wie berührt. Und Jill Crovisier, die in der Tanzszene in Luxemburg 2016 durch ihr Stück The Hidden Garden (im Rahmen des TalentLab) für Aufsehen sorgte und der im Sommer eine sechswöchige Tanzresidenz in den Uferstudios in Berlin (als Focuna-Stipendiatin) bevorsteht, scheint ganz sicher noch einen spannenden Weg als Choreografin und Videokünstlerin vor sich zu haben.