Vom Gehalt zur Rente

d'Lëtzebuerger Land du 06.12.2024

Vergangenen Monat brachte die Arbeitnehmerkammer CSL die Publikation Les pensions sont un droit, pas une charité heraus. Sie spürt dem taux de remplacement nach, der Lohnersatzrate einer Rente. Im Ländervergleich der OECD ist sie in Luxemburg hoch: 74,8 Prozent laut dem letzten OECD-Bericht Pensions at a Glance vom Dezember 2023. Absolute Spitze ist das aber nicht. In Griechenland (80,8%), Spanien (80,4%) und Italien (76,1%) ist die Ersatzrate höher. In den Niederlanden ist sie mit 74,7 Prozent fast so hoch wie in Luxemburg und in Österreich (74,1%) nur wenig kleiner.

Die OECD meint mit Lohnersatzrate das Verhältnis der Brutto-Rente zum Durchschnitt des Brutto-Arbeitseinkommens in 40 Jahren Berufstätigkeit. Die meisten beruflich Aktiven aber dürften unter „Lohnersatz“ das Verhältnis der Rente zum letzten Gehalt verstehen, an dem sie ihren Lebensstil ausgerichtet haben. Aufs letzte Gehalt werden in Luxemburg nur Pensionen berechnet, die 1998 nach der Reform für den öffentlichen Sektor ins „Übergangsregime“ verfrachtet wurden: Wer seinen Dienst bei Staat, Gemeinden oder als Eisenbahner bei den CFL vor dem 1. Januar 1999 angetreten hat, erhält zwischen 83 und 72 Prozent der letzten Brutto-Bezüge als Pension. Für alle anderen Berufstätigen – auch im Public – hängt die Ersatzrate im Vergleich zum letzten Gehalt vom Karriereverlauf ab.

Die CSL rechnet vor: Nimmt nach einem Berufseinstieg heute zum unqualifizierten Mindestlohn das Gehalt anschließend pro Jahr um ein Prozent zu, ergibt sich nach 40 Jahren eine Rente von 2 722 Euro – 71,1 Prozent des letzten Gehalts von 3 828 Euro. Bei 5 000 Euro zum Einstieg und einprozentigem Zuwachs jährlich wird die Rente bei 3 913 Euro liegen, 62,9 Prozent des letzten Gehalts von 6 222 Euro. Ist die Karriere dynamischer, wird die Ersatzrate gegenüber dem letzten Gehalt kleiner. Bei 3 000 Euro Einstiegsgehalt und jährlichem Zuwachs von zwei Prozent wird die Rente nach 40 Jahren 3 776 Euro betragen – 57 Prozent von 6 624 Euro Endgehalt. Bei 6 000 Euro Einstiegsgehalt und demselben Zuwachs wird sie bei 47,4 Prozent von 13 248 Euro Endgehalt liegen – 6 280 Euro.

Die Beispiele sind fiktiv, deuten aber an, dass der Übergang vom Berufsleben in den Ruhestand finanziell eine größere Zäsur bedeutet, als die OECD-Lohnersatzrate suggeriert. Weil die Rentenreform von 2012 die Leistungen bis 2052 um rund 15 Prozent kürzt, wird die Zäsur in Zukunft ausgeprägter: Der Ageing Report 2024 der EU-Kommission gibt die Ersatzrate als Verhältnis zwischen dem Durchschnitt aller jährlich neu zuerkannten Renten und Pensionen gegenüber dem Durchschnitt aller letzten Gehälter an. Diese Ersatzrate betrug 2022 in Luxemburg 51 Prozent. Die Kommission schätzt, dass sie bis 2070 auf 47 Prozent sinkt. Die CSL hat sich von der Generalinspektion der Sozialversicherung die Entwicklung allein für die Renten und Pensionen der in Luxemburg Ansässigen schätzen lassen, was gemischte Karrieren von Migrant/innen und Pendlern auschließt. Das Ergebnis: 56 Prozent vom letzten Gehalt heute und weniger als 50 Prozent schon in 15 Jahren.

Peter Feist
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