Auf fünf Achsen basiert der Aktionsplan Prostitution, den Gleichstellungs-, Erziehungs- und Justizministerium gemeinsam erarbeitet haben. So soll erstens die Plattform Prostitution, in der Sozialhilfeeinrichtungen, Polizei und Staatsanwaltschaft, der Sozialdienst der Stadt Luxemburg sowie die zuständigen Ministerien gemeinsam sitzen, eine gesetzliche Basis erhalten. Aufgabe des neuen Komitees Prostitution wird sein, die Entwicklung in dem Bereich zu verfolgen und, wo und wenn nötig, Vorschläge für Verbesserungen zu machen. Außerdem soll das Komitee eng mit dem Komitee gegen Menschenhandel zusammenarbeiten.
Zwangsprostitution und Menschenhandel sind gesetzlich verboten, erstmalig soll auch der Kunde Sanktionen fürchten müssen, wenn er wissentlich die Zwangslage eines/einer Prostituierten ausnutzt und bei einer verletzlichen Person sexuelle Dienste kauft. Grundsätzlich bleibt Prostitution allerdings legal, außer bei Minderjährigen, Schwangeren, Personen mit mentalen und körperlichen Beeinträchtigungen sowie Menschen in einer besonderen sozialen Notlage oder ohne Aufenthaltsstatus. Zuhälterei ist seit 1980 strafbar; wer Menschen ihren Pass entzieht, um sie der Prostitution oder anderer Zwangsarbeit zuzuführen, macht sich ebenfalls künftig strafbar.
Als zweite Achse soll die soziale, psychosoziale und medizinische Betreuung von Prostituierten ausgedehnt werden. Dabei geht es einerseits um den Ausbau der aufsuchenden Sozialarbeit (Streetwork), die bisher vom Drop-In und der HIV-Beratung vom Roten Kreuz geleistet wird und auf die Apartments und Stundenhotels ausgedehnt werden soll. Weil Prostitution kein anerkannter Beruf ist, haben Prostituierte keine Sozialversicherung. Viele wissen nicht, dass sie sich freiwillig versichern können. Das setzt aber voraus, dasss eine Person mindestens drei Monate „probeversichert“ ist, einen festen Wohnsitz hat und sich den Beitrag von 450 Euro monatlich leisten kann. Eine Broschüre soll hier Aufklärung bringen. Ein eigenes Statut, wie ursprünglich von Sozialarbeitern gefordert, wird es aller Voraussicht nach nicht geben. Die Gesundheitskasse argumentiert mit der komplizierten Gesetzeslage, die Regierung hat noch keinen Vorschlag erarbeitet, wie ein solches Statut, das Hilfseinrichtungen übrigens auch für Drogenabhängige fordern, und ein diesbezüglicher Abrechnungsmodus aussehen könnte. Die Kosten für Behandlungen dieser Personengruppen werden derzeit aus dem Fonds de solidarité bezahlt.
Dritte Achse des Aktionsplans ist die Exitstrategie für ausstiegswillige Prostituierte. In Kooperation mit der Arbeitsverwaltung Adem sollen Frauen in Not, die aus dem Sexgeschäft aussteigen wollen, über Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen wieder an den regulären Arbeitsmarkt herangeführt und integriert werden. Für Frauen, die keine Wohnung haben, hält das Gleichstellungsministerium zwei Studios bereit. Teilnehmer/innen werden vorher auf ihre Eignung geprüft und verpflichten sich zur Zusammenarbeit mit den Sozialarbeitern und Ämtern. Sobald sie eine Arbeit finden, müssen sie für die Mietkosten, die allerdings deutlich niedriger als auf dem regulären Wohnungsmarkt liegen, selbst aufkommen.
Viertens sollen Aufklärungskampagnen, Schulungen und mehr Information helfen, dass die Hintergründe und Folgen von Prostitution und Zwangsarbeit stärker ins öffentliche Bewusstsein dringen. Mitarbeiter der Polizei, aber auch der Ausländer- und Gesundheitsbehörden, Lehrer und Sozialarbeiter sollen geschult werden, um Zwangsprostitution und Menschenhandel besser als bisher zu erkennen und vorzubeugen helfen. Federführend soll hier das Komitee gegen den Menschenhandel sein.
Als fünfte Achse soll die sexuelle Früherziehung und Sexualaufklärung in den Schulen verstärkt werden. Dabei geht es nicht nur um Aufklärung über und Prävention von Gewalt in sexuellen Beziehungen zwischen den Geschlechtern. Sozialarbeiter, Erzieher und Psychologen sollen Jugendlichen helfen, positive Geschlechterrollen und Vorbilder kennenzulernen, wie sich Menschen in gleichberechtigten Beziehungen begegnen können, was sexuelle Selbstbestimmung für den Einzelnen bedeutet. Außerdem soll ein Referenzzentrum zur Förderung der sexuellen und affektiven Gesundheit eingerichtet werden. Hauptverantwortlich dafür zeichnet das Planning Familial, das derzeit mit der Regierung über die konkreten Bedingungen verhandelt, wie eine entsprechende Konvention aussehen kann. Der Posten für einen Sozialarbeiter wurde bislang zugesagt. Ines Kurschat