Dass jedes Dorf seine Bibliothek haben soll, war der Leitspruch, mit dem vor 90 Jahren (Franz) Joseph Felten (*1888-+?), Lehrer in Merscheid, heutige Gemeinde Heiderscheid, Geschichte schrieb, indem er hierzulande die erste Monographie über Bibliotheken Ländliche Volksbibliotheken: Beitrag zu Lösung der Volksbildungsfrage verfasste. Während der nächsten Jahrzehnte wurde sich dieses Mottos in Zeitungen und Zeitschriften, Vorträgen und bei sonstigen öffentlichen Anlässen immer wieder bedient. Am 14 September 2005 wurde auch im drei Kilometer von Merscheid entfernten Eschdorf Geschichte geschrieben: die Gründung des ersten übergreifenden Bibliotheksverbandes "Norbi" (Abkürzung von Nordbibliotheken, dem offiziellen Namen seit dem 7. November 2005) wurde auf einer Pressekonferenz angekündigt. Zusammengeschlossen haben sich die Vereinsbibliotheken Eschdorf, Ulflingen, Vianden und Ettelbrück (gegründet am 12. September 2005). Das oberste Ziel dieses Institutionenverbandes ist die Vernetzung der öffentlichen Bibliotheken - alle sind Vereinsbibliotheken, die sich "Regionalbibliotheken" nennen. Seit der Auflösung der Diekircher Stadtbibliothek und der Entkommunalisierung der Eschdorfer Bibliothek sind nördlich der Sauer nur noch Vereinsbibliotheken übrig geblieben. Warum diese Bibliotheken sich "bibliothèques régionales" nennen, hängt wohl mit einem ähnlich lautenden Budgetartikel des Kulturministeriums zusammen. Dies scheint momentan der einzige Weg zu sein, an Fördergelder zu gelangen. Weswegen sogar die Modell-Stadtbibliothek Düdelingen sich in "Bibliothèque publique régionale" umbenannt hat. Hätte man den Budgetartikel vielleicht "bibliothèques cantonales" genannt, würden heute alle "Kantonalbibliotheken" heißen. Eine Situation, die rein zufällig dem Ist-Zustand entspricht.
Regional-kantonal
Bisher kann niemand die Begriffe "Region" oder "Regionalbibliothek“, wirklich unglückliche Formulierungen, definieren. Auch die größte Stadtbibliothek des Landes, Esch/Alzette, muss beispielsweise eine "regionale“ Rolle erfüllen angesichts ihrer bibliothekslosen Nachbarkommunen. Dabei verbuchte sie in den letzten Jahrzehnten mehr Ausleihen als die Nationalbibliothek. Bleiben wir bei fest definierten Flächeneinheiten: Kanton Clerf 331,75 km2, Wiltz 264,55 km2, Diekirch 239,37 km2 und Vianden 54,08 km2. Bei solchen Zahlen von "Regionalisierung" zu sprechen. ist eindeutig übertrieben. Das "riesige" Luxemburg misst 2 586,36 km2 (Ösling: 828,23 km2). Die vier Kantone sind zusammen 889,74 km2 groß. Die vier Regional-/Kantonalbibliotheken bedienen ca. 54 000 Einwohner; das wären circa 13 500 Einwohner pro Bibliothek – das ist eine Menge. Denn der Bestand pro Bibliothek (Ettelbrück besitzt noch keine Bücher) mit momentan durchschnittlich ca. 7 333 Büchern, reicht wohl kaum aus, um eine derartige Bevölkerung zu versorgen. Nur bestenfalls 0,54 Bücher, also kaum mehr als ein halbes Buch, stehen einem Einwohner der vier Nordkantone momentan zur Verfügung. Ein Vergleich mit anderen öffentlichen Bibliotheken des Landes zeigt, dass andere Landesteile ebenfalls einen großen Bibliotheksbedarf haben. Bei der am 27. Mai 2005 eingeweihten Mediathéik Mamer sind zum Beispiel momentan circa 37 500 Einwohner zu bedienen (nur Kanton Capellen). Der Mediathéik Mamer (circa 2 000 Bücher) ist in vielerlei Hinsicht der große Wurf in der luxemburgischen Bibliothekswelt gelungen: erste kommunale Mediothek des Landes, erste Bibliothek im Westen des Landes (somit Regional- oder Kantonalbibliothek?), erste Bibliothek mit integrierter Internetstuff von Anfang an (im nahen Ausland seit Jahren überall Standard) undsoweiter. Jedoch hat ein Luxemburger im Westen (ohne den bibliothekslosen Kanton Redingen) nur Anrecht auf 0,05 Bücher - im Osten sind es immerhin 0,09 Bücher (Stadtbibliothek Grevenmacher für drei Ostkantone). Der Süden, mit drei "großen" Stadtbibliotheken, stellt seinen Einwohnern schon fast ein ganzes Buch (0,98 Bücher) zur Verfügung. Laut Programme directeur d’aménagement du territoire - [Juli] 2003 könnten die Einzugsgebiete wieder komplett umgeordnet werden. Wiltz liegt mittlerweile in der Region "Westen", Bourscheid in der Region "Zentrum-Norden", Bastendorf jedoch in der Region "Norden". Wie auch immer: "nicht-nördliche" Bibliotheken, wie beispielsweise die Mierscher Lieshaus a.s.b.l. (gegründet am 12. November.2004), immerhin der erste rein öffentliche Bibliotheksträgerverein Luxemburgs, auszuklammern, klingt nicht überaus sinnvoll. Können wir als Gegenreaktion demnächst Gründungen von Bi