Kunst und Finanzen

Cluster-Bildung

d'Lëtzebuerger Land du 15.05.2015

„Was fehlt, ist ein lokaler Markt“, sagt Aymeric Thuault. Zusammen mit Aude Lemogne hat er 2009 Link Management gegründet. Die Firma hilft Kunden, Kunstsammlungen aufzubauen, aber auch einzelnen Sammlern ein bestimmtes Werk zu finden oder zu verkaufen. Dass Luxemburg nicht über einen lokalen Markt mit zahlreichen Käufern und Sammlern verfügt, ist für die beiden kein Hindernis dafür, dass sich Luxemburg ein Stück vom großen Kuchen abschneiden kann: dem interna­tionalen Kunsthandel. „Es ist eine generelle Evolution, weltweit“, meinen Lemogne und Thuault. „Die Leute wollen Kunst in ihren Vermögenswerten“, sagen die Partner, die beide auf eine Karriere in der Finanzbranche zurückschauen.

Die „Leute“, daraus machen sie kein Geheimnis, sind die Superreichen, die auch die Luxemburger Privatbankiers gerne als Kunden gewinnen möchten. Die Zusammenarbeit mit den Vermögensberatern in den Family Offices, die Link Management als vertrauenswürdigen Anbieter empfehlen, klappt, berichtet Lemogne. Vielleicht liegt es an der eigenen professionellen Vergangenheit im Finanzwesen, dass sie für Regulierungsfragen so empfindlich sind. Rund um den Mangel an Regulierung und Markttransparenz, den sie nach der Firmengründung feststellten, bieten sie nun eine Palette an Dienstleistungen an. „Es gab außer ästhetischen Kriterien sehr wenig Instrumente, um ein Kunstwerk zu bewerten“, sagt Thuault. Die Schönheit eines Werkes mag Liebhabern als Maßstab mehr als ausreichen. Doch Investoren wollen eine gewisse Sicherheit, was den finanziellen Wert ihrer Anlage betrifft. Link Management bietet deshalb – neben maßgeschneiderten Finanzierungsangeboten – Due Dilligence für Kunstkäufer an. Mit einem halben Dutzend Kunsthistorikern, Experten verschiedener Epochen und Schulen, die ansonsten für Museen und Institutionen arbeiten, haben sie eine privilegierte Zusammenarbeit aufgebaut, um Herkunft, Zustand und Preis eines Werkes zu bestimmen. Die Firma prüft, ob ein Werk nicht gestohlen ist – „ein großes Problem auf dem Kunstmarkt“ – und kümmern sich um die notwendigen Zertifikate.

Link Management ist einer der Dienstleistungsanbieter, die sich im Le Freeport, niedergelassen haben, die – so hatten die Freihafen-Betreiber ihre Idee vor dem Bau beworben – ein „Art-Cluster“ rund um die Infrastruktur bilden würden. In wenigen Wochen, berichtet David Arendt, CEO von Le Freeport, werden die Werkstätten für die Restaurateure einsatzbereit sein. Arbeiten können in den fertig eingerichteten Räumlichkeiten die Restaurateure, die der Kunde engagiert. Darüber hinaus richtet Great Masters Art Authetification LLC ein eigenes wissenschaftliches Labor für fünf Mitarbeiter ein. Chief Science Officer von Great Masters ist Professor Maurizio Seracini, medienwirksam als „Da-Vinci-Detektiv“ mit Militär- und Medizintechnik die Geheimnisse klassischer Gemälde offenbart und sich auch mit Autor Dan Brown ablichten lässt.

„Der Freihafen ist eine Plattform, die nach außen hin sichtbar macht“, erklärt Thuault die Entscheidung, sich im Le Freeport niederzulassen. Außerdem bietet er Link Management die Möglichkeit, Werke im eigenen Büro auszustellen, sie dort Kunden zu zeigen, ohne besondere Transport- und Sicherheitsvorkehrungen treffen zu müssen – der ganze Freihafen ist ein Hochsicherheitstrakt. Für Link Management ist das wichtig. Käufern und Verkäufern ist viel an Diskretion gelegen. Oft kennen sich die beiden Parteien eines Handels nicht und wollen sich auch während der Transaktion nicht begegnen. Das Büro im Freihafen bietet „neutralen Boden“, erklärt Aude Lemogne.

„Der Freihafen verschafft eine Legitimität, die wir vor einem Jahr nicht hatten“, sagt seinerseits Alain Mestat, im Hinblick auf Finanzdienstleistungen rund um den Kunstmarkt. Der frühere Bankdirektor, hat sich mit seiner Firma Passion Protect im Freeport installiert. Von dort aus bietet er „Vermögensstrukturierung für Kunstsammler“ an. Sein Hauptinstrument: Lebensversicherungsverträge. Das Kunstwerk, das der Kunde besitzt oder erwirbt, wird verbrieft; die Wertpapiere danach als Aktiva in den Lebensversicherungsvertrag eingebracht. Das hat für den Kunden Vorteile bei der Erbschaftsfolgeregelung, weil die Nutznießer eines Lebensversicherungsvertrages frei gewählt werden können. Und, so bringt es Mestat mit der Frage „Wollen Sie 60 oder 25 Prozent zahlen?“ auf den Punkt, auch in Sachen Erbschaftssteuer, je nachdem wie hoch sie im Heimatland des Kunden ist.

Mestat ist einer der Mitbegründer der noch ganz neuen Luxembourg Art and Finance Association, die, wie er sagt, „Leute an einen Tisch bringen soll, die auf verschiedenen Ebenen mit Kunst zu tun haben“. Die Lafa soll Impulse geben, Ideen entwickeln. Thuault und Lemogne sehen Möglichkeiten an der Schnittstelle neuer Technologien und Kunst, im elektronischen Handel beispielsweise. Es gebe interessante Start-ups in diesem Bereich, für die eine Niederlassung in Luxemburg durchaus von Interesse sein könnte. Mestats Lafa soll außerdem Werbung für den Standort Luxemburg machen, auf internationalen Kunstmessen beispielsweise.

Positive Botschaften sind auch notwendig, denn ein halbes Jahr nach der Eröffnung geriet der Freeport im Zuge der Verhaftung des Aktionärs und Freihafenbetreibers Yves Bouvier in Monaco in die Schlagzeilen. Yves Bouvier steht unter Verdacht, vom russischen Miliardär Dmitry Rybolovlev beim Verkauf von Bildern einen zu hohen Preis verlangt zu haben. Die Verhandlung steht noch aus. Bis die Gerichte entschieden haben, hat sich Yves Bouvier aus der aktiven Leitung des Freeport zurückgezogen, wie David Arendt unterstreicht. Bei der Jahresversammlung Anfang April wurde der Verwaltungsrat umgebaut. Zwar gehört Yves Bouvier dem Aufsichtsgremium noch an, doch sagt Arendt: „Er wird inaktiv sein, bis die Vorwürfe geklärt sind“. Um das Image aufzubessern, hat sich der Freihafen zwei unabhängige Luxemburger Aufsichtsratsmitglieder an Bord geholt, den früheren Wirtschaftsminister und Europaabgeordneten Robert Goebbels sowie den früheren Botschafter Alphonse Berns, der vor seiner Pensionierung im Finanzministerium für das Steuerdossier verantwortlich war. „Der Freihafen hat eine Legitimität, die nichts mit Yves Bouvier zu tun hat“, meint Alain Mestat. „Die Leute fangen an zu merken, dass Yves Bouvier andere Aktivitäten hat, die ganz deutlich vom Freihafen getrennt sind“, stellt Aymeric Thuault fest. „Der Freihafen hat eine Gültigkeit, mit oder ohne Yves Bouvier“, fügt er hinzu. Das Timing, räumen er und Aude Lemogne ein, sei nach Luxleaks nicht besonders gut gewesen. „Aber das hat unseren Willen, im Freihafen präsent zu sein, nicht in Frage gestellt.“

Michèle Sinner
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