Es klang beeindruckend, als Staatsekretärin Francine Closener (LSAP) vergangene Woche sagte, bald würden zehn neue Hotels in Luxemburg entstehen, die zusammen zusätzliche 1 300 Zimmer anbieten würden und damit die Bettenkapazität landesweit um 17 Prozent steigern würden. Das umso mehr, als die Entwicklung in den vergangenen Jahren eher in die andere Richtung zeigte und die Kapazität stetig sank. 2011 zählte das Statec noch 262 Hotels, Herbergen und Pensionen in Luxemburg, die zusammen 8 415 Betten vermieteten. Dieses Jahr sind es nur noch 226, die 7 525 Zimmer im Angebot haben.
Hotelsterben Für das „Hotelsterben“ gibt es viele Ursachen. Der steigende Wohlstand hat dazu geführt, dass die einheimische Bevölkerung sich mehrmals jährlich einen Auslandsaufenthalt leisten kann, während noch 1980 die Aufenthaltsdauer von Gebietsansässigen in Luxemburger Hotels bei durchschnittlich 8,6 Tagen lag. Auch für die traditionelle Kundschaft aus den Niederlanden und Belgien ist der Strandurlaub im Süden dank Billigflieger erschwinglicher geworden. Für kleine Privatbetriebe, die sich mit Google-Ads nicht auskennen, ist es im Internet-Zeitalter zudem schwieriger geworden, die Kunden überhaupt noch zu erreichen und Buchungen zu erhalten. Weil in den goldenen Jahren des Bankgeheimnisses der Betrieb wie von selbst lief, wenn den Mittelständlern aus den Nachbarländern, die ihre Coupons bei den Bankfilialen im Grenzgebiet abholten, zur Übernachtung noch ein Menu gastronomique serviert wurde, hat so mancher Betrieb den Moment verpasst, zu investieren und umzurüsten.
Um dabei ein wenig Abhilfe zu schaffen, sieht der neue Fünfjahresplan für Investitionen in der Tourismusbranche, den Closener vergangene Woche vorstellte, nicht nur vor, dass auch Privatunternehmen Zuschüsse beantragen können, sondern auch, dass die staatlichen Zuschüsse ab kommendem Jahr nicht mehr nur zehn, sondern 20 Prozent der Investitionssumme betragen können. Dass aber nur wenig neue Hotels entstehen, ist, wie so vieles in Luxemburg, auf die Grundstückspreise zurückzuführen. Die Rendite für Büroimmobilien ist höher als der Ertrag, den ein Hotel einbringt, deshalb haben Bauträger wenig Interesse daran, ihre wertvollen Parzellen innerhalb der Bauperimeter mit Hotels zu bestücken. So ist die Situation in der Tourismusbranche der in Industrie und Handwerk nicht unähnlich: Politik und Arbeitgeberverbände bemühen sich, auf Auslandsreisen Industriebtriebe anzulocken und den Unternehmergeist zu beschwören, obwohl es keinen Platz gibt, um Fabriken anzusiedeln und die Ateliers und Hallen in Gewerbegebieten knapp und teuer sind.
Welcher Tourismus? Seit das Hochhaus in Kirchberg endlich renoviert ist und die Luxexpo eine neue Daseinsberechtigung sucht, versuchen die Staatssekretärin und ihre Berater, unter dem Akronym Mice den Kongresstourismus zu fördern. So soll das Kongresszentrum in den neun Monaten im Jahr, in denen keine EU-Ministertagungen stattfinden, ausgelastet und irgendeine Aktivität für die Luxexpo während der 50 Wochen jährlich gefunden werden, in denen weder Herbst-, noch Frühjahrsmesse ist. Doch wirklich ausgebaut werden konnte diese Aktivität bisher nicht, weil es an Betten fehlt, in denen Kongressteilnehmer schlafen könnten. Während der Luxemburger Ratspräsidentschaft vor zwei Jahren wurde der Terminplan unter anderem dadurch bestimmt, ob es ausreichend Hotelzimmer für die Delegationen gab. Das Vorhaben der chinesischen Cargolux-Partner, eine direkte Passagierverbindung zwischen Zhengzhou und Luxemburg herzustellen, um chinesische Touristen zwischen Eifelturm in Paris und Karl-Marx-Haus in Trier abzusetzen, um ihnen eine Designer-Handtasche und eine teure Armbanduhr zu verkaufen, hat sich bisher nicht konkretisiert. Das ist nicht nur darauf zurückzuführen, dass der Flughafen kein Langstreckenflugzeug abfertigen kann, sondern ebenfalls darauf, dass man nicht weiß, wo man eine Jumbo-Ladung Touristen übernachten sollte. Darüber hinaus war in den vergangenen Jahren nicht ganz klar, welche Art von Tourismus man in Luxemburg will. Francine Closener gelobte bei der letzten Vakanzefoire, sie wolle Luxemburg zum Wanderparadies nach dem Vorbild der Schweiz machen, zum Urlaubsziel für Familien mit Kindern und für Aktivtouristen auf der Suche nach Bewegung. Noch vor wenigen Jahren warb Luxemburg auf Tourimusmessen mit grauhaarigen Models um weniger mobile Senioren. Bis Jahresende, versprach Francine Closener vergangene Woche, werde sie Leitlinien für den Tourismus vorstellen, ein Weißbuch, wie es bisher keins gegeben habe, das unter anderem diese Frage klären soll. Bis dahin freut sie sich darüber, dass bei den geplanten Projekten für alle etwas dabei ist.
Findel Ganz so spruchreif wie es Closener glauben machen wollte, sind die Pläne jedoch noch nicht. Das Hotel in der Flughafen-City in Findel, dämpft Luxairport-Direktor Johan Vanneste die Erwartungen, werde „nicht in naher Zukunft“ entstehen, sondern eher in fünf bis zehn Jahren. Geplant ist es auf dem offenen Parkplatz neben der Einfahrt zum Golfgelände gegenüber des Flughafengebäudes. Bevor das Hotel gebaut werde könne, müsse erst ein neues Parkhaus neben der Abflughalle errichtet werden. Dennoch habe sich bereits ein halbes Dutzend Interessenten gemeldet, die es betreiben wollen. Hotels mit direkter Anbindung an das Flughafenterminal seien sehr gefragt, hat sich Vanneste belehren lassen. Den Masterplan für die Flughafenstadt haben Albert Speer Architekten entworfen, die viel am Flughafen Frankfurt gearbeitet und die Anbindung des Hotels in Findel mit einer Fußgängerbrücke quer über Straße und Parkplatz hinweg vorgesehen haben.
Kirchberg Am konkretesten sind deshalb wohl die zwei Hotelprojekte, die in Kirchberg entstehen sollen. Einerseits, weil dort der Fonds Kirchberg Grundstückseigentümer ist und die Bedingungen diktiert, und weil der Fonds eine gewisse Erfahrung mit der Firma Continental Motor Inns Luxembourg (CMIL) hat, welche die Hotels baut, die von der Accor Hotel-Gruppe betrieben werden, wie Sofitel und Novotel. Im Ringen um eine dichtere Bebauung und bessere Flächennutzung in Kirchberg ist sich der Fonds mit CMIL einig geworden, den letzten Streifen Grünfläche gegenüber des Europäischen Gerichtshofs entlang der Rue du Fort Niedergrünewald zu bebauen. Dort soll ein neuer Gebäudekomplex entstehen, der neben einem Polizeikommissariat Büroflächen und ein Hotel beherbergt. 2020 soll dort ein Mama Shelter eröffnen, das Zimmer ab 99 Euro anbietet und in der Kategorie vier Sterne anzusiedeln ist, aber „cooler“ ist, wie FUAK-Präsident Patrick Gillen sagt. Die Mama Shelter, beispielsweise in Paris, wurden von der Familie Trigano gegründet, die einst den Club Med miterfand, und sind ein Mekka für Hipster. Nach dem Prinzip Zu Hause in der Welt sollen sie Komfort und Geborgenheit bieten, wie das sonst nur Muttern kann, mit Innendesign von Phillipe Stark, unbegrenztem Wifi und ein wenig Wellness und Co-Working obendrauf. Vor ein paar Jahren hat die Accor-Gruppe Anteile an Mama Shelter erworben. Die Wahl dieses Konzeptes für das neue Hotel in Kirchberg, das 145 Zimmer haben soll, haben die Betreiber, nicht der Fonds Kirchberg, getroffen. Doch bei der Vorstellung des FUAK-Jahresberichts meinte Infrastrukturminister François Bausch (déi Gréng), er sei einmal Gast im Mama Shelter in Bordeaux und dort zufrieden gewesen.
Für das zweite Hotel, das im Stadtteil Grünewald, in Spitalnähe entstehen soll, wünscht sich Bausch ebenfalls ein Lokal, das den Ansprüchen des „globalen Nomaden“ entspricht. Dieses Hotel von zwischen 100 und 200 Zimmern ist Kern eines neuen Blocks, in dem auch Büro- und Wohnflächen geplant sind, um den Übergang zwischen den Bürokasernen am Boulevard J. F. Kennedy und den Wohnvierteln dahinter zu schaffen. Um herauszufinden, was der globale Nomade braucht, hat sich der Fonds Kirchberg von Hotelspezialisten beraten lassen. Als Vorbild könnte beispielsweise das Zuko in Amsterdam (livezuko.com) gelten, so Patrick Gillen, der daran erinnert, dass mit dem Projekt des unterirdischen Bahnhofs bei der Luxexpo das darauf geplante Hotel starb. Im Zuko in Amsterdam gibt es vom Stockbettzimmer bis zum 30 Quadratmeter-Loft alles, was Geschäftsmänner und -frauen auf der Durchreise, IT-Spezialisten in mehrwöchiger Mission, Unternehmensgründer auf der Suche nach Investoren, Firmenchefs mit Messestand brauchen: großes Frühstück, Spiel- und Unterhaltungszimmer mit DVD-Kollektion, Salons und Konferenzräume, die Möglichkeit in einer eigenen oder in der Gemeinschaftsküche zu kochen, einen Laden, der das Notwendigste bietet, von Körperpflegemitteln über Grundnahrungsmittel. Dabei ist das Notwendigste vom Feinsten und alle Räumlichkeiten mit skandinavischen Design-Möbeln ausgestattet.
Cloche d’Or Zu den konkreten Projekten zählt auch das der Familie Grosbusch, von Beruf Obst- und Gemüsehändler, die ihren Betrieb nach Ellingen verlegt haben und auf der freien Parzelle auf der Cloche d’Or nahe den Post-Räumlichkeiten ein Hotel von 123 Zimmern in der Vier-Sterne-Plus-Kategorie plant. Die Abrissarbeiten der alten Anlagen laufen. Im Herbst, hofft René Grosbusch, sollen die noch ausstehenden Genehmigungen vorliegen und die eigentlichen Bauarbeiten beginnen können, denn die Eröffnung ist für Weihnachten 2018 geplant. Wer es betreiben soll, steht noch nicht fest, sagt Großbusch. Auch wie das von Architekt Jim Clemes geplante Hotel aussehen soll, will er derzeit noch nicht verraten, weil noch Änderungen vorgenommen werden sollen. Im Gewerbegebiet Cloche d’Or wären laut PAG erträgliche Büroflächen möglich gewesen. Doch sie sehen sich eher als Händler und Unternehmer, denn als Immobilienpromotoren, sagt René Grosbusch. Die Straße hinunter habe es ein zwischen Firmenberatern und Telekomunternehmen gut gehendes Hotel gegeben, das dann EU-Institutionen weichen musste. Dass es im neuen Stadtviertel Ban de Gasperich Potenzial für Hotels gebe, um Geschäftsreisende unterzubringen, dachten sich auch die Promotoren selbst. Im PAP Grossfeld ist ein Hotel mit 200 Zimmern vorgesehen, heißt es aus dem Wirtschaftsministerium. Näheres dazu konnten während der Bauferien weder Grossfeld, noch die Stadtverwaltung Luxemburg verraten.
Das Hotels der Grosbuschs und das von Grossfeld sollen aber nicht die einzigen im Süden der Hauptstadt bleiben. Das Bauunternehmen Giorgetti plant in Kockelscheuer, gegenüber vom Fußballstadion, gleich drei Hotels, wie Marc Giorgetti erzählt. Eines in der Kategorie Drei-Sterne-Plus, eines in der Kategorie Vier-Sterne-Plus und ein Apart-Hotel, insgesamt 500 Zimmer. Dabei befinde man sich erst am Anfang der Planungsphase, sagt Giorgetti, wer Betreiber werden soll, ist demnach noch nicht klar. Warum er plötzlich Hotels statt Büros baut? Weil es nicht geht. „Das Gelände ist als Freizeitzone eingetragen“, so der Bauunternehmer, der erklärt, dass Büros dort nicht möglich, dort aber das seit Jahren diskutierte offene Schwimmbad der Hauptstadt, sowie eine offene Eispiste und eine neue Konzerthalle für 3 000 Leute für Den Atelier hinkommen sollen – auch das alles noch Verhandlungssache. Den Atelier will die Information nach dem gescheiterten Luxexpo-Experiment nicht kommentieren. Laut Giorgetti könnte es bis vier Jahre dauern, bis die Pläne Wirklichkeit weden.
Wickringen Die Gebrüder Giorgetti hatten nach dem Debakel um das Fußballstadion und Liwingen und das Einkaufszentrum in Wickringen dem Unternehmer Guy Rollinger seine Grundstücke abgekauft und planen dort einen Gebäudekomplex mit Verkaufs- und Ausstellungsflächen für historische beziehungsweise sehr teure Autos. Der ACL könnte eine Filiale in dieser Motor-City oder Motorwelt eröffnen, die Kfz-Kontrollstelle SNCH eine Sonderstelle für Oldtimer einrichten. Dort soll ebenfalls ein Hotel mit 100 Zimmern entstehen. Als Vorbild für das Konzept nennt Giorgetti die Kette Motorwelt aus Deutschland, die an verschiedenen Standorten Ausstellungs- und Verkaufsflächen sowie Hotels betreibt. Diese Unterkünfte heißen V8 und die Begeisterung für viele Zylinder drückt sich auch in der Innenausstattung aus: Bettenkopf- und Fußteile aus Oldtimern, als Dekor im Zimmer eine Zapfsäule in Retrooptik. Dieses Konzept möchte Giorgetti nicht unbedingt tel quel übernehmen, aber eine Zusammenarbeit mit der deutschen Motorwelt schließt er nicht aus. In zweieinhalb bis drei Jahren könnte das, wie er es scherzhaft nennt, V12 die Türen öffnen.
Petingen Was beim Privatunternehmer mit dicker Kapiteldecke einfach klingt, damit tun sich Gemeinden mit Ambitionen, zum Tourismuszentrum zu werden, schwer. Wie schwer, erzählt Roland Breyer (CSV), Erster Schöffe in Petingen. Seit zehn Jahren arbeitet er am Projekt „Hotel“. Schon damals habe man festgestellt, dass es im Süden ein Defizit an Hotelinfrastrukturen gebe. Dabei habe man mit Titelberg, Giele Botter, dem Zug 1900 so einiges an Attraktionen zu bieten. Weil die Gemeindeverantwortlichen feststellen mussten, dass Hotelbetreiber heutzutage zwar gerne Hotels führen, aber weniger in Grund und Boden investieren wollen, auf dem die Hotels stehen, kaufte die Gemeinde Grundstücke zusammen, um einen Pachtvertrag abschließen zu können, erschloss Straßen und plant, ein neues Wellness-Zentrum neben das Schwimmbad Piko in Rodingen zu bauen. Ihr Wunschhotel: ein Jufa, der Jung-Familienhotels, die sie gut kennt, weil sie Generationen von Petinger Schulkindern nach Österreich in den Schiurlaub geschickt hat. Die Jufa-Gruppe betreibt rund 60 Familien-, beziehungsweise Jugendhotels und ist dermaßen gefragt, dass sie es mittlerweile nicht einmal mehr nötig hat, die Hotels selbst zu bauen. Weil die Gemeinde aber gemäß der Ausschreibungsregeln für öffentliche Aufträge, kein Hotel nach Maß für ein bestimmtes Unternehmen bauen kann, musste für das zehn-Millionen-Projekt ein Investor gefunden werden. Ein örtlicher Bauunternehmer wollte es wagen, doch diese Woche gab es einen Krankheitsfall in der Unternehmerfamilie, erzählt Breyer, so dass das Engagement nicht mehr sicher sei. Im September sollte der Pachtvertrag durch den Gemeinderat und damit das Jufa mit 55 Zimmern für die Gemeinde Petingen unter Dach und Fach gebracht werden. Doch nun steht das Projekt wieder in Frage und die Gemeinde muss sich aus Neutralitätsgründen heraushalten. Diese plötzliche Wendung schmerzt Breyer, dem Zeitplan zufolge sollte vergangenen Juni Baubeginn sein und 2019 Ouvertüre. Auf jeden Fall hätte Petingen gerne für das Kulturjahr 2022 Gäste im Jufa-Hotel empfangen. Nun führt er wieder Telefonkonferenzen mit der Firmenzentrale in Österreich, die sich gegenüber dem Land nicht äußern will.
Weiswampach Auch die Lamy-Gruppe aus Belgien findet es noch zu früh, um zum Projekt Feriendorf in Weiswampach Details bekanntzugeben. Sie ist vorsichtig, weil kommende Woche noch Termine mit verschiedenen Ministerien anstehen, um die Genehmigungen zu gewähren. Schöffe Norbert Morn ist seinerseits sehr optimistisch und erklärt, dass ein Teil des Camping-Platzes an den künstlichen Seen umgebaut werden soll. In einer ersten Phase sollen 50 Ferienhäuser gebaut werden, dazu ein Wellnesshotel mit 50 Zimmern, 25 Studios und fünf Suiten. Die belgische Baugruppe hat eine ganze Reihe solcher Anlagen an der französischen Küste und in den Alpen gebaut, sowie eines in den Ardennen, das Golden Lakes Village am Lac des heures d’eau. Das Resort, in dem sich identische Ferienhäuser wie in der Truman Show aneinanderreihen, wirbt mit Wassersportaktivitäten wie Jetski. Dass Weiswampach touristisch aufrüstet, erklärt Morn mit der schwindenden Camping-Begeisterung in den vergangenen Jahren. Bei den hiesigen klimatischen Verhältnissen wolle man Besuchern ein Angebot machen, das sie ganzjährig und witterunabhängig nutzen können. Die Initiative dazu, so Morn, ging von der Gemeinde aus, die Eigentümerin der Grundstücke bleibt.