Zwischen der Fristenlösung bei der Abtreibung, einer Seilbahn zum Kirchberg und der Kontrolle des Geheimdienstes kündigte die Regierung am vergangenen Freitag einen weniger beachteten Gesetzentwurf zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit an. Nachdem längere Zeit die Jugendarbeitslosigkeit ein Thema war, geht es diesmal um die Arbeitslosigkeit der 55- bis 65-Jährigen. In dieser Altersklasse ist jeder Vierte beim Arbeitsamt gemeldet, ein Drittel der Eingeschriebenen sucht seit über einem Jahr eine Arbeit.
Das neue Interesse für die älteren Langzeitarbeitslosen hat vor allem zwei Gründe: Spätestens seit der pompös angekündigten Lissabon-Strategie soll auch die Beschäftigungsquote der Älteren erhöht werden, selbst wenn junge Arbeitslose dadurch länger warten müssen, dass Arbeitsplätze frei werden. Zum anderen wurde in den vergangenen Jahren alles unternommen, um mit der Rentenreform, der Verknappung der Invalidenrenten sowie mit inner- und außerbetrieblichen Reklassierungen Sozialtransfers zu sparen. Dadurch wurde die Beschäftigungsquote der 55- bis 64-Jährigen innerhalb von zehn Jahren tatsächlich von 28 auf 40 Prozent gesteigert. Vielleicht entsprach dies einer von einem im internationalen Vergleich recht großzügigen Sozialstaat gebildeten stillen Beschäftigungsreserve. Dann könnte sie demnächst aufgebraucht sein und droht nun, über die Dauerarbeitslosigkeit zu steigenden Kosten für den Beschäftigungsfonds zu führen.
Denn es genügt nicht, Leute zwingen zu wollen, länger zu arbeiten, sie müssen auch Arbeit finden. Das aber ist nicht so einfach in einer Zeit, da Betriebe ältere Beschäftigte wegen der höheren Lohnkosten meiden, der ideale Beschäftigte nicht mehr erfahren, sondern flexibel ist, und der rasante technische Fortschritt Qualifikationen schon binnen weniger Jahre entwerten kann. Zudem haben die durch eine Verschärfung des Wettbewerbs ausgelösten Produktivitätssteigerungen den physischen und psychischen Verschleiß vieler Beschäftigten beschleunigt, weshalb die Sozialversicherung nun zusätzliche Agenten des Contrôle médical einstellt.
Der vor einer Woche von LSAP-Arbeitsminister Nicolas Schmit im Parlament hinterlegte Gesetzentwurf sieht nun vor, dass die Referenzzeit zur Berechnung der Überstunden von Teilzeitbeschäftigten von vier Wochen auf vier Monate erhöht wird. Damit auch Schicht-und Nachtarbeiter länger arbeiten, wird die Altersgrenze ihrer Vorruhestandsregelung heraufgesetzt. Arbeitssuchende über 50 Jahre können bis zu sechs Wochen lang ein unbezahltes Praktikum in einem Betrieb machen und erhalten gegebenenfalls weiter Arbeitslosengeld. Damit Leute bei Erreichen der Pensionsberechtigung zumindest in Teilzeitarbeit weiterbeschäftigt werden können, hört ihr Arbeitsvertrag nicht mehr automatisch auf. Eine bis heute toter Buchstabe gebliebene Bestimmung über die Bezuschussung von Teilzeitbeschäftigung bei Beschäftigten von 50 Jahren und mehr wird gelockert. Zudem werden ein Comité pour l’analyse et la promotion des conditions de travail und in Betrieben mit mindestens 150 Beschäftigten Plans de gestion des âges geschaffen.
Aus diesem Maßnahmenkatalog ist schon ersichtlicht, dass der Gesetzentwurf das Produkt eines Kompromisses zwischen Unternehmern und Gewerkschaftern im Comité permanent de l’emploi ist. Da auch der neue Arbeitsminister der alte ist, soll der Kampf gegen die Altersarbeitslosigkeit mit der seit den Achtzigerjahren gewohnten liberalen Mischung aus Flexibilisierung des Arbeitsrechts, Zuschüssen für die Betriebe und zusätzlicher Bürokratie für alle geführt werden. Es ist folglich nicht auszuschließen, dass auch das Ergebnis ausfallen wird wie gewohnt.