Die deutsche Autobahn mit der Nummer eins misst 732 Kilometer – von Heiligenhafen an der Ostsee bis nach Saarbrücken. Die Piste verbindet das Saarland mit dem Ruhrgebiet und verläuft weiter zu den Hafenstädten Bremen und Hamburg. Weil sie bis nach Skandinavien führt, hat sie im europäischen Schnellstraßennetz eine durchaus herausragende Bedeutung als Nord-Süd-Route. Sie könnte die schnellste Route von Trier und Luxemburg nach Köln sein. Könnte: Denn zu einer durchgehenden Trasse fehlen knapp 25 Kilometer zu einer durchgehenden Trasse von der Saar an die Ostsee.
Die Luxemburger sind Kummer gewohnt mit deutschen Autobahnen. Die eigene A1 in Richtung Trier wird auf deutscher Seite als A64 weitergeführt, die irgendwo im Nirgendwo auf einem Hügel endet, um dann auf unfall- und stauträchtigen Routen in die Einkaufs- und Römerstadt zu führen oder zu einer Buckelpiste mit dem Titel A602.
Eine direkte Anbindung der A64 an die A1 am planerisch bereits vorhandenen, dann doch wieder gestrichenen Autobahndreieck „Trier“ wird es aber wohl nicht geben, denn zwischen beiden Trassen liegt der Meulenwald. Das ist Triers wichtigstes Naherholungsgebiet, was mögliche Streckenführungen – entweder durch einen Tunnel oder oberirdisch mit vielen Wildbrücken – scheitern lässt. Auch eine bessere Anbindung der Moselstadt an die Autobahn wurde auf die lange Bank geschoben, wenn nicht ganz zu den Akten gelegt.
Der so genannte „Moselaufstieg“ von Konz und Triers Süden zur A64 wird ebenfalls nicht gebaut. Wer nach Trier will, wird schon irgendwie dahin kommen. Wer weiter nach Köln will, zuckelt durch die Eifel. Landschaftlich langweilig, Überholroulette spielend mit Lastkraftwagen, froh und glücklich in Nord-rhein-Westfalen wieder eine zweispurige Strecke zu haben.
Die Fertigstellung der A64 stößt auf Widerstand in der Bevölkerung, der Lückenschluss der A1 hingegen nicht. Er wird von den Anwohnern sogar gefordert. Es gibt Unterschriftenaktionen im Landkreis Vulkaneifel, die dringend die Fertigstellung der Autobahn fordern. Das ist eine Forderung mit Geschichte: Bereits 1975 wurde das Autobahndreieck Vulkaneifel angelegt, an dem die A48 in Richtung Koblenz von der A1 abzweigt. 1997 wurde ein kurzes Teilstück bis zur Kreisstadt Daun gebaut, was viele als Anfang vom Lückenschluss sahen. Es ging weiter bis Gerolstein und in diesem Frühjahr soll das Teilstück bis Kelberg dem Verkehr übergeben werden.
300 Millionen Euro haben die Maßnahmen von Vulkaneifel bis Kelberg dann gekostet. Es sei die teuerste Autobahnanbindung einer Pommesbude, witzeln die Menschen in der Eifel, denn am vorläufigen Autobahnende in Kelberg erwartet den Autofahrer just eine solche und nicht viel mehr in einem brachliegenden Industriegebiet.
Nun macht die betroffene Region mobil. Nicht Contra, sondern Pro Autobahn. Bis Ende Januar läuft eine weitere Aktion, bei der sich die Bürgerinnen und Bürger in den Gemeinden entlang der Route für den Lückenschluss aussprechen können. Bereits Ende letzten Jahres hatten die Kommunen entsprechende Resolutionen verfasst, die die Landesregierung in Mainz auffordert, sich für die Fertigstellung der A1 einzusetzen. Doch in Mainz spielt man auf Zeit. Es mangelt weniger am Geld, da für die Finanzierung der Autobahn in erster Linie der Bund verantwortlich ist. Im Planfeststellungsverfahren, das Ländersache ist, wird gezögert und verstreichen Fristen.
Denn die rotgrüne Regierung in Mainz hat ein weiteres Infrastrukturprojekt vor der Brust – nicht weit entfernt von der unfertigen A1: den „Hochmoselübergang“ im Verlauf der A60, der als aufgepeppte Bundesstraße B50 realisiert werden soll. Die Brücke, die in einer Höhe von 160 Metern das Moseltal überspannt, soll ebenfalls eine Lücke schließen: zwischen dem einen Ende der A60 am Autobahnkreuz Wittlich und dem anderen Ende der A60 am Dreieck Nahetal vor den Toren der Landeshauptstadt Mainz. Argumentiert wird mit Phrasen aus den Siebzigerjahren, als der Masterplan für das westdeutsche Autobahnnetz aufgesetzt wurde: Die A60 soll, in welcher Benennung auch immer, eine schnelle Verbindung zwischen den belgischen Industrieregio-nen und ihren Hafenstädten sowie dem Rhein-Main-Gebiet schaffen. Belgien dränge auf den Aus- und Weiterbau. Doch diese Begründung ist eine Generation alt und heute anzu-zweifeln, ob diese Verbindung überhaupt noch notwendig ist. Für Lu-xemburg dagegen brächte der Hochmoselübergang in der Tat einen schnelleren Weg nach Frankfurt, von Bankenstadt zu Bankenstadt.
Luxemburg diesen Gefallen tun zu wollen, ist aber nicht der Grund, weshalb Mainz die Moselbrücke gegen erbitterte Widerstände in der Bevölkerung durchpeitschen und die Eifelautobahn auf die lange Bank schieben lässt. Es ist vielmehr ein weiteres Prestigeprojekt von Rheinland-Pfalz, das am Rande der B50 liegt: der Flughafen Hahn. Nachdem seine Billigfliegerphase vorbei ist, soll er zum Frachtflughafen ausgebaut werden, der das Nachtflugverbot am Frankfurter Airport abfedern soll. Und ein Frachtflughafen braucht schnelle Wege. Nordrhein-Westfalen hingegen setzt auf die A1: Noch in diesem Jahr soll das letzte Teilstück zwischen Blankenheim und Lommersdorf begonnen werden. Die Verkehrsfreigabe ist für 2018 geplant.