Wäre es nicht ein schönes Stück Politmarketing für die Regierung, öffentlich in aller Ausführlichkeit über Erfolge beim Einsatz für sinkende CO2-Emissionen der Luxemburger Autoflotte zu berichten? In die erste Dezemberhälfte, als in Durban der Weltklimagipfel tagte, hätte ein solcher Erfolgsbericht vermutlich besonders gut gepasst.
Das Nachhaltigkeitsministerium berief jedoch keine Pressekonferenz ein, um seine „provisorische Bilanz“ der staatlichen Subventionen zum Kauf umweltfreundlicher PKWs vorzustellen. Stattdessen versteckte es sie in der Begründung zu einem Verordnungsentwurf, der am 2. Dezember grünes Licht vom Regierungsrat erhielt. Damit wurde die Umweltprämie Car-e um weitere zwölf Monate verlängert.
Dabei sieht es gar nicht so schlecht aus, was das Nachhaltigkeitsministerium über die Prämien, und was sie gebracht haben, berichtet – nicht nur über Car-e, die seit dem 1. Juni 2007 gezahlt wird, sondern auch über Car-e plus. So hieß die Abwrackprämie für mindestens zehn Jahre alte Autos, die die Regierung vor knapp drei Jahren einführte und die bis Ende Juli 2010 galt.
Zum Beispiel liegt bei 30 Prozent aller zwischen Januar und September 2011 neu zugelassenen PKWs der CO2-Ausstoß bei höchstens 120 Gramm pro gefahrenem Kilometer. 18 Prozent der Neuwagen emittieren nicht mehr als 110 Gramm und neun Prozent nicht mehr als hundert Gramm pro Kilometer. Gegenüber 2009 hat sich der Anteil der Hundert-Gramm-Neuwagen verelffacht; der der 110-Gramm-Fahrzeuge hat sich mehr als verdoppelt. Im Gesamt-Fuhrpark hat sich der Effizienztrend ebenfalls schon niedergeschlagen. Durschschnittlich 161,4 Gramm CO2 pro Kilometer stießen alle PKWs aus, die im September vergangenen Jahres in Luxemburg zugelassen waren. Das sind elf Prozent weniger Kilometer-CO2 als Anfang 2005.
Die Bilanz aus dem Nachhaltigkeitsministerium lässt auch die staatliche Abwrackprämie in gutem Licht erscheinen. Car-e plus hatte der Regierungsrat am 16. Januar 2009 zur Stützung des Handels in aller Eile aufgelegt: Das Autofestival, bei dem die Garagisten innerhalb von nur zehn Tagen traditionell gut ein Viertel ihres Jahresumsatzes tätigen, stand vor der Tür. Zwei Tage zuvor hatte das deutsche Kabinett entschieden, einen solchen „schnell wirkenden Marktimpuls“ auszusenden. Frankreich und Spanien hatten das schon Ende 2008 getan.
Heute kann das Nachhaltigkeitsministerium darauf verweisen, dass an zwei Drittel der 7 400 Neuwagenbesitzer, die eine Car-e plus-Abwrackprämie beantragten, obendrein eine Car-e-Umweltprämie ausgezahlt wurde. Und wer weiß: Vielleicht wären diese emissionsärmeren Autos ja nicht gekauft worden ohne den Zusatzanreiz Abwrackprämie?
Denn im Unterschied zu Deutschland, wo es 2 500 Euro vom Staat gab, wenn ein Auto, das wenigstens neun Jahre alt war, durch ein neues ersetzt wurde, ganz gleich wie emissionsintensiv es war, wurde die Luxemburger Abwrackprämie an Umweltkriterien gebunden. 1 500 Euro Car-e-plus wurden nur gewährt, wenn die CO2-Emissionen des Neuwagens pro gefahrenem Kilometer nicht höher als 150 Gramm sein würden. War der Emissionswert 120 Gramm pro Kilometer oder besser, stieg die Beihilfe zum Ersatz eines Altautos auf 2 500 Euro wie in Deutschland: In dem Fall wurde die Abwrackprämie auf 1 750 Euro erhöht, und zusätzlich winkte die Umweltprämie Car-e, mit der der Staat schon seit 2007 den Kauf eines 120-Gramm-Autos mit 750 Euro belohnte. Lag der CO2-Ausstoß des Neuwagens pro Kilometer bei lediglich hundert Gramm oder weniger, bedankte der Staat sich mit 1 500 Euro Car-e, und die 1 750 Euro Abwrackprämie inklusive, stieg die Subvention dann auf insgesamt 3 250 Euro.
Doch solche Prämiensummen werfen zwangsläufig die Kostenfrage auf. Zumal niemand sagen kann, welche „Mitnahmeeffekte“ es gab; das heißt, wie viele der sparsameren Autos auch ohne jede Prämie gekauft worden wären. Vielleicht zog das Nachhaltigkeitsministerium es deshalb vor, den schönen Öko-Trend lieber doch nicht in aller Öffentlichkeit zu bilanzieren.
Denn über die gesamte bisherige Laufdauer von Car-e betrachtet und noch unbearbeitete Anträge inbegriffen, wird der Staat zwischen 2007 und 2011 die Umweltprämie an schätzungsweise 27 000 private und gewerbliche Autokäufer ausgeschüttet und dafür an die 23 Millionen Euro ausgegeben haben. Die reine Abwrackprämie, ohne einen Car-e-Zusatzbonus, dürfte für 7 000 Autos gezahlt worden sein und die Staatskasse 11,5 Millionen Euro gekostet haben.
Problematisch ist das vor allem aus einem Grund: Durch die Prämien subventioniert der Staat Einnahmenausfälle an anderer Stelle. Denn der 2006 beschlossene erste Aktionsplan zum Klimaschutz entwarf nicht nur Car-e, sondern auch die Umstellung der KFZ-Steuer vom Hubraum auf den CO2-Ausstoß. Wohlgemerkt: Seit 1. Januar 2007 wird die Steuer ausschließlich auf dem CO2-Ausstoß erhoben. Da sind sinkende Einnahmen eine logische Folge – falls der Fuhrpark wächst, seine Emissionen aber noch stärker abnehmen. Laut der Zoll- und Akzisenverwaltung, die die Autosteuer eintreibt, ist genau das immer mehr der Fall.
Was sich an der Autosteuerfront tut, illustriert den Effizienztrend im Fuhrpark vielleicht sogar noch besser als jede CO2-Bilanz das könnte: Als im Mai 2006 das neue Steuerkonzept der Regierung vorgestellt wurde, hieß es, durch die neue Berechnungsbasis werde die KFZ-Steuer nicht nur zum Klimaschutz beitragen, sondern auch im Aufkommen wachsen. Die Einnahmen würden sich von zuvor 35 Millionen Euro im Jahr mit einem Schlag auf 70 Millionen erhöhen. So mancher leserbriefschreibende Autobesitzer argwöhnte damals, der Regierung gehe es weniger um die Sanierung des Klimas als um die des Staatshaushalts auf „seinem“ Rücken. Den Index zu manipulieren und den Staatsbeitrag zur Pflegeversicherung einzufrieren, war kurz zuvor in der Tripartite schließlich ebenfalls entschieden worden.
Heute schadet die CO2-abhängige Steuer den Staatsfinanzen eher. Bei der Douane rechnet man für dieses und nächstes Jahr mit einem Einnahmenverlust von jeweils fünf Millionen Euro. Und schätzt, in spätestens zehn, vielleicht aber auch schon in fünf Jahren werde das Steueraufkommen wieder so hoch sein wie vor der Reform. Ein Durchbruch bei den Elektroautos dürfte der Regierung, so gesehen, gar nicht recht sein: Den geltenden Regeln nach zahlt ein Elektroautobesitzer null Euro KFZ-Steuer.
Ist eine erneute Steuerreform womöglich nur eine Frage der Zeit? Verständlich wäre es. Auch, weil das aktuelle System Petitessen enthält wie die, dass ein Dieselautobesitzer für einen Feinpartikelfilter in seinem Wagen 50 Euro Steuernachlass erhält. Dadurch werden für einen VW Golf 1.6 TDi Blue Motion oder einen Ford Focus 1.6 TDCI Econetic nur drei Euro an jährlicher KFZ-Steuer fällig. Zum Vergleich: In Deutschland, wo der Partikelfilter anders in die Berechnung eingeht und neben dem CO2-Ausstoß auch weiterhin noch der Hubraum erfasst wird, liegt für die beiden Modelle die Steuer bei 152 Euro im Jahr.
Dass das aktuelle System aus Car-e-Prämien und KFZ-Steuer den Staatshaushalt zweimal belastet und vielleicht sogar noch ein drittes Mal, weil im Verbrauch sparsamere Fahrzeuge auch die Kraftstoffakziseneinnahmen für den Staat sinken lassen, hatte der parlamentarische Haushaltsberichterstatter Gilles Roth (CSV) in seinem Bericht zum Staatsbudget 2012 angemerkt. Roth ging jedoch nicht so weit, für eine Grundsatzreform der KFZ-Steuer zu plädieren. Er schlug lediglich vor, den 50-Euro-Abschlag für Feinpartikelfilter abzuschaffen: zumindest für seit 1. Januar letzten Jahres neu zugelassene Diesel-PKWs, die der Euro-5-Norm genügen und serienmäßig einen Partikelfilter enthalten müssen, ist der Abschlag nicht mehr zu rechtfertigen. Weil derzeit für 25 300 Autos die jährliche Steuer unter 50 Euro liegt, schlug Roth darüberhinaus vor, eine Mindeststeuer von 50 Euro einzuführen. Alles in allem könnten die Einnahmen damit um fünf bis sechs Millionen Euro jährlich steigen.
Wie die Dinge liegen, könnte das zumindest die für 2012 und 2013 erwarteten Ausfälle kompensieren. Am Umstand, dass eine reine CO2-Steuer zu sinkenden Einnahmen führt, ändert das freilich ebenso wenig wie daran, dass Zuschüsse für den Kauf emissionseffizienter Autos diese Tendenz noch verstärken. Doch wer sich erinnert, wie ausführlich der damalige Umwelt- und Transportminister Lucien Lux (LSAP) bei der Vorstellung des neuen Steuerkonzepts darauf hinwies, um wieviel kleiner als in den Nachbarländern die Steuer am Ende sein werde, der versteht, dass die Regierung schon damals sinkende Einnahmen kommen sah – nur nicht so schnell. Und dass die Steuer ebenso ein Entgegenkommen an das BMW-Volk war, wie die Abwrackprämie und der Car-e-Umweltbonus.
Über Letzteren wäre noch zu sagen, dass er, versteht man ihn als Beitrag zum Klimaschutz, eine teure Maßnahme darstellt. Nur zum Beispiel: Als Car-e 2007 eingeführt wurde, um den Kauf eines 120-Gramm-Autos zu belohnen, gab es 3 665 Anspruchsberechtigte auf die Prämie. Das geht aus einem Zwischenbericht zum Klimaschutz-Aktionsplan hervor, den der Kölner Finanzwissenschaftler Dieter Ewringmann im Oktober 2010 im Auftrag des Nachhaltigkeitsministeriums schrieb. Demselben Bericht nach führen diese 3 665 effizienteren Autos zu jährlichen Emissionsminderungen von maximal 3 024 Tonnen CO2.
Ob das ein akzeptables Resultat ist, hängt auch von den Kosten ab. Vor ein paar Jahren ging aus den Statistiken der Société nationale du contrôle technique (SNCT) noch hervor, dass ein in Luxemburg neu zugelassener PKW im Schnitt an die fünf Jahre alt wurde, ehe er als Gebrauchtwagen das Land verließ. Mittlerweile schätzt die SNCT die mittlere Laufdauer eines PKWs hierzulande auf rund acht Jahre.
Sparen die 3 665 im Jahr 2007 für die Car-e-Förderung anspruchsberechtigten PKWs jährlich 3 024 Tonnen CO2 ein, wurden nach fünf Jahren 15 120 Tonnen an Emissionen vermieden und nach acht Jahren 24 192 Tonnen. 3 665 Autos beim Kauf mit je 750 Euro zu bezuschussen, kostet 2,75 Millionen Euro. Sind diese Fahrzeuge acht Jahre lang als „Emissionsvermeider“ auf den heimischen Straßen unterwegs, kostet dieser Klimaschutzbeitrag pro vermiedener Tonne 114 Euro. Werden die Fahrzeuge nur fünf Jahre alt, sind es 182 Euro. Dass im europäischen Emissionshandel der CO2-Tonnenpreis Mitte Dezember unter sieben Euro sank, ist krisenbedingt. Er betrug jedoch noch nie mehr als 30 Euro pro Tonne. Was darauf hindeutet, dass es preiswertere und effizientere Klimaschutzmaßnahmen gibt als die Subvention des Autokaufs. Und überdies wohl auch intelligentere als die aktuelle Kombination mit dem heimischen KFZ-Steuersystem.