Der Würfel ist gefallen. Endlich. Oder etwa doch nicht? Wird er nun etwa gefahren der Würfel, zwei Jahrtausende, nachdem er Eingang in die große Welt der Schlachten und Zitate gefunden hat? Zugegeben, Gaius Julius Caesar, historisch belegter römischer Feldherr und mutmaßlicher Cleopatra-Galan, konnte damals, vor der Überschreitung des Grenzflusses Rubikon, nicht ahnen, dass die von einem Hirten vorgetragene Feststellung: „Alea iacta est“ gut zwei Jahrtausende später einmal zur Namensgebung eines modernen Mobilgeräts beitragen würde.
Und doch ist es Fakt: der japanische Automobilhersteller Nissan schickt in diesen Tagen mit dem Cube, dessen Name vom lateinischen „Kubus“ (Würfel) abgeleitet wurde, ein ganz und gar ungewöhnliches und bemerkenswertes Fahrzeug auf unsere Straßen. Ein Auto, das die automobilen Grundbedürfnisse des Menschen auf ein Mindestmaß reduziert. Ein Fahrzeug, das dort erprobt wurde und seine Daseinsberechtigung nachwies, wo es eigentlich am allerwenigsten als wirkliches „Fahr“-Zeug zum Einsatz kam. Im Stau der japanischen Millionen-Metropole Tokio nämlich, wo der mobile Würfel jungen verlieb-ten Japanern bereits als Liebesnest seine Dienste erwies. Und es vermutlich immer noch tut. Dank seiner Maße von 1,70 Meter mal 1,70 Meter in Länge und Höhe wirkt der Cube ein wenig wie ein Mix aus iPhone und iMac auf Rädern.
Zunächst war er tatsächlich nur für den japanischen Markt und nicht für die Straßen außerhalb Nippons entwickelt worden. Doch der Erfolg des kleinen würfelartigen Gefährts in seiner Heimat weckte Begehrlichkeiten. Weshalb Nissan den fahrenden Würfel in der dritten Generation fitt für den Wettbewerb jenseits der Landesgrenzen gemacht hat. Dieser Tage startet der Verkauf bei uns.
Zwar scheint der Nissan Cube den Betrachter ähnlich freundlich anzulächeln wie dies auch andere Kompaktfahrzeuge tun, die mit „Glubschaugen“ ausgestattet sind. Doch der Cube ist weit mehr als nur ein Kompaktfahrzeug, das Sympathie erwecken und damit auch wirtschaftlichen Profit einfahren soll. Das schnörkellos konzipierte und strukturierte Auto ist kantig und kokettiert mit eben diesen schroffen Konturen. Dergestalt weckt es mehr Begehrlichkeiten, als dies normalerweise einem Auto aus dem Hause Nissan gelingt.
Doch obwohl der fahrende Würfel in Fernost zum Bestseller mutierte, hatten die Chefs in den oberen Etagen des Unternehmens lange nicht darüber nachgedacht, ob ein solches Autochen außerhalb der japanischen Häuserschluchten ein (Verkaufs-) Thema sein könnte. Und wenn überhaupt einmal ein Export erwogen wurde, dann war es für die notwendigen technischen Umrüstungen viel zu spät. Doch jetzt, da die dritte Generation des Cube auf den kompakten Rädern steht, erfüllt das Auto endlich auch jene Normen, die es dafür prädestinieren, die japanische Erfolgsgeschichte auch auf anderen Märkten fortzuschreiben.
Der Cube geizt demzufolge auch nicht mit Überraschungen. Darunter darf man nicht nur die großzügigen Platzverhältnisse im Innenraum verstehen, die möglich wurden, weil die Räder ganz nach außen gerückt sind und die Achsen dadurch 2,53 Meter auseinander stehen. So bietet der nicht einmal vier Meter lange Cube jede Menge Beinfreiheit. Taschenhaken im Fußraum und Becherhalter an den unmöglichsten Stellen sind ebenso ein Alleinstellungsmerkmal des Cube wie poppige Gummizüge zur Befestigung von allerlei Krimskrams.
Dahinter gewährt eine verschiebbare Rückbank ebenfalls jede Menge Beinfreiheit. Und nicht nur das: Schiebt man diese Bank ganz nach vorn, dann schluckt der Cube hinten fast ein komplettes unaufgeräumtes Kinderzimmer samt fest montierter Bestandteile aus dem schwedischen Möbelhaus. Leichte Anleihen bei der Nutzfahrzeug-Branche verrät die Heckklappe. Sie schwingt weit zur Seite weg, so dass man auch beim Beladen des Fahrzeugs hoch aufgerichtet unmittelbar an der Ladekante arbeiten kann.
Im Gegensatz zu den USA, wo Nissan erste Exporterfahrungen mit dem japanischen Stau-Auto gemacht hat, bietet der Hersteller für den Vertrieb in Europa keinen 122 PS starken und 1,8-Liter großen Benzinmotor mit einer manuellen Sechsgangschaltung an. Stattdessen setzt Nissan ganz bewusst auf Vierzylinder-Aggregate, die aus der Kooperation mit dem französischen Hersteller Renault stammen. Dabei handelt es sich um einen 110 PS starken Ottomotor mit einem Hubraum von 1,6 Liter und einen 1,5 Liter großen Diesel, der ebenfalls 110 PS generiert. Beide Maschinen liegen zudem deutlich unter dem Verbrauchswert von acht Litern, die das in den Vereinigten Staaten ver-kaufte Modell aufweist.
Die Variante mit dem 1,6 Liter Benzinmotor kostet 18 000 Euro, der 1,5 Liter Diesel mit Partikelfilter ist für 20 000 Euro zu haben. Der Nissan Cube ist kein Unikat auf dem Gebiet der automobilen „Würfeltechnik“. Auch Konkurrenten wie Daihatsu mit dem Materia, Kia mit seinem Modell Soul oder Toyota mit dem Urban Cruiser dachten und handelten bei der Konstruktion ihrer Fahrzeuge schon nach der selbst gewählten Vorgabe: quadratisch, praktisch, gut. So konsequent verinner-licht wie Nissan aber hat dieses optische Prinzip und die daraus abgeleiteten Normen noch kein zweiter Automobilhersteller.