Es war sicherlich ein Zufall, dass der Film Tante Hilda just in jenen Tagen auf der Berlinale Premiere feierte, als die EU den Anbau von Genmais zuließ. Genmanipuliertes Saatgut ist ein abstraktes Thema, das sich vor allem Kindern nur schwer vermitteln lässt – gerade dann, wenn es um die Frage geht, ob die Gentechnik Segen oder Fluch ist. Der luxemburgisch-französische Animationsfilm gibt eine eindeutige Antwort.
Tante Hilda, etwas schräg und eigentlich eine ganz coole Socke, lebt für ihre Blumen und Pflanzen. Doch jenseits ihres Paradieses entwickelt ein mächtiger Großkonzern in einem Genlabor die Wunderpflanze „Attilem“. Sie soll der Welt das Ende von Hunger, Not und Nahrungsmittelknappheit bringen und dem finsteren Konzernchef satte Profite bescheren. Tante Hilda ahnt Unheil und geht auf die Barrikaden, was sie schließlich sogar ins Gefängnis bringt. Auch der Wissenschaftler, der Attilem gezüchtet hat, erkennt die Gefahren, die der Anbau der Pflanze mit sich bringt: Sie wuchert all überall, ihre Mutationen befallen andere Pflanzen und vernichten diese. Gemeinsam mit dem Professor nimmt Tante Hilda den Kampf auf – gegen die Pflanze und gegen die Profitgier.
Der Animationsfilm, der von der luxemburgischen Melusine Production koproduziert wurde, vereint auf kindgerechte Weise die Genres Ökothriller, Familiendrama und Liebesgeschichte. Er ist weit entfernt vom Animationsperfektionismus US-amerikanischer Studios – und gerade das macht seinen besonderen Charme aus. Bild für Bild wurde unter der Regie der beiden Franzosen Jacques-Rémy Girerd und Benoît Chieux von Hand gezeichnet, was dem Streifen eine ungemeine Liebenswürdigkeit verleiht und zeigt, dass es den beiden um die wild-furiose Geschichte ging und weniger um tränendrüsendrückende Effekte. Auch wenn der Film in Berlin in der Kinderfilmsparte „Generatikon K-Plus“ lief, so ist er auch für Erwachsene unbedingt sehenswert. Martin Theobald