Nein, das ist nicht der Titel. Man dachte schon. „HAHA HAHA“, klotzt es in großen Lettern auf dem Buchdeckel. Darunter: grob gezeichnete Springteufel mit Schellenkappen, umrisshafte Zuschauer mit weit aufgerissenen Mündern. Jaha: es handelt sich um ein WITZbuch. Die Art des Humors, mit der der Leser in den fünfhundert Witzen des Buches konfrontiert wird, steht damit schon fest.
Selbstredend konnte der Leser über diesen Humor auch vorher schon kaum im Zweifel sein: Die „RTL Déckkäpp“ seien laut einer Umfrage nach dem Nachrichtenmagazin das zweitbekannteste Produkt des Senders, wie das Vorwort aus der Feder des langjährigen RTL-Spaßvogels Roland Kalté verlauten lässt. Und weiter: Von den Zuhörern, die sie kennen würden, fänden 71 Prozent die Sendung gut bis sehr gut. Sprechende Zahlen, wenn man bedenkt, dass die Zuhörerschaft ebenfalls Sonntag für Sonntag einen Schlager von Udo Jürgens zum Hit der Woche kürt.
Die Ewiggestrigen wird es jedenfalls freuen, dass in manchen Witzen noch mit Franken gezahlt wird und Tennisgrößen nicht etwa Roger Federer und Rafael Nadal heißen, sondern Boris Becker und Ivan Lendl. Auch sonst sind die Klischees, die hier prinzipiell eher bedient als unterlaufen werden, so müd’ geworden, dass sie nichts mehr hält. Zwischen Kategorien wie „Déieren“, „Schoul“, „Kanner“ (das ist der Deckname für den ominösen „Pittiswitz“) oder „Blondinen“ sind Fäkalhumor und Machismus paritätisch verteilt. Was der Sinn der Zwischenseiten sein soll, die das Schubladenschema mit Witzen zu unterbrechen vorgeben, die in keine der Kategorien passen, erschließt sich allerdings nicht; auch dort begegnet man wieder Pitti, den Blondinen, faulen Beamten und anderen unzufriedenen Männern.
Der ungute Eindruck, dass die Witztruppe von RTL seit fast zwanzig Jahren Steuergelder dazu benutzt, das Wort „bimmeln“ als Standardbezeichnung für Geschlechtsverkehr zu etablieren, wird durch das Buch zwar nur teilweise bestätigt, aber auch nicht ganz verneint. Die Herausgeber haben es allem Anschein nach darauf abgesehen, nicht nur mittels der kindlichen Illustrationen von Andy Genen, sondern auch durch die Auswahl der Witze eine kinderfreundliche Buchausgabe zu schaffen. Es sagt also angesichts der Fledermaus eine Maus zur anderen, sie wolle auch einmal Pilot werden, wenn sie groß sei usw. Allerdings (das sollten Eltern wissen) strotzt die beigegebene CD vor den altbekannten Unflätigkeiten, die offenbar nur 29 Prozent der gelegentlichen Zuhörer als fad und ordinär empfinden. Die Clowns vom Dienst haben sich in fideler Missachtung dieses Prozentsatzes der Maxime verpflichtet: „Mir schwätzen hei wéi d’Leit normal schwätzen an hale keng Mass.“ (S. 8) – Wieder zu bedenken: Dieselben Leute halten Heintje und Christian Anders für ganz tolle Sänger.
Dass ein Buch, das so grandios miese Witze enthält wie: „De Jemp zu sengem Kolleg: ‚Wat esou richtegt Gléck ass, dat weess de eréischt, wann s de bestuet bass, mä dann ass et ze spéit!’“ (S. 79; man könnte aber auch jede andere Seite des Buches aufschlagen, um ein ähnlich triftiges Beispiel zu finden) – dass also ein Buch dieser Witzesgüte der nächste Bestseller der luxemburgischen Bestenliste werden muss, war natürlich klar. Wer in Sachen Musik indifferent ist, wird sich auch nicht daran stören, dass die Schreibweise trotz fehlender Zuordnung zu den Autoren der Witze nicht angepasst wurde und manche Witze daher unnötige dialektale Einfärbungen behalten haben. Auch die bei RTL ohnehin nicht unübliche Verwendung von „wou“ als pauschales Relativpronomen oder der Wechsel zwischen „Pitti“ und „Pitty“ braucht den Leser nicht zu stören. Man kann also die Herausgeber des Buches, eine Schulklasse aus dem Lycée classique de Diekirch, zwar nicht für eine Invektive gegen den schlechten Geschmack beglückwünschen (ach ja, die geheimen Herzenswünsche), dafür aber für ihren akkuraten Geschäftssinn. Schlau war auch ihre Idee, dem Band ein paar leere Seiten für „Lieb-lingswitze“ anzufügen, die – könnte ja passieren – noch nicht in dem Buch genannt wurden. So kann das Buch am Ende nur besser werden.