Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker konnte am Samstag nicht nach Rodingen kommen, um am außerordentlichen Parteitag der CSV zu „Klimaschutz, Wachstum und Wohnen“ teilzunehmen. Er hatte es auch nicht nötig. Denn er hatte seinen Diskussionsbeitrag schon am 7. Mai 2002 geliefert und seine Partei zehrt seit 17 Jahren davon.
Damals, als er ohnmächtig mitansehen musste, wie sich der Rententisch ohne ihn verselbständigte, erfand er als Korollar zu seiner am 7. Mai 1997 in Umlauf gesetzten Warnung vor einer „Rentenmauer“ die ebenso wirkungsvolle Bedrohung durch den „700 000-Einwohmerstaat“. So versuchte der konservative Vordenker, mit ökologisch beschönigten Überfremdungsängsten Einsparungen bei den Sozialleistungen durchzusetzen.
Am 8. Oktober 2016 steigerte der frisch gekürte Kandidat für Junckers Nachfolge, Claude Wiseler, die malthusianistische Panik zur Warnung vor dem „1,2-Millionenstaat“, wo „jeden Tag 400 000 Grenzpendler“ zur Arbeit führen und es nur „noch 30 Prozent Luxemburger“ gäbe. Dann müssten in den nächsten 40 Jahren „sechs Städte Luxemburg gebaut“ oder „jede Gemeinde verdoppelt“ oder „alle in den vergangenen 500 Jahren errichteten Gebäude noch einmal gebaut werden“.
So ähnlich, wenn auch weniger dramatisch, steht es ebenfalls in der am Samstag bei einer Enthaltung verabschiedeten Resolution Verstänneg wuessen, éierbar wunnen – eis Zukunft fänkt haut un, die neben der üblichen Parteitagspolemik gegen die Regierung im Mittelpunkt des Kongresses stand. „Ein derart schnelles Weiterwachsen der Bevölkerung, das uns binnen einer Generation eine Million Einwohner bescheren wird, lehnt die CSV ab“, verkündet sie kühn.
Selbstverständlich wissen die in Wirtschaftsfragen tonangebenden Geschäftsanwälte der Partei, dass die Verteufelung des Wirtschaftswachstums in Zeiten der Hochkonjunktur leere Demagogie ist. Deshalb verzichtet die CSV auf Vorschläge, wie Privatinvestoren dazu gebracht werden sollen, ihr Geld ohne Aussicht auf Rendite zu riskieren, und wäscht ihre Hände in Unschuld: „Eine Oppositionspartei verfügt nicht über die Mittel und Ressourcen, die zukünftige wünschenswerte Wachstumsdynamik präzise zu berechnen und zu beschreiben.“
Nur wenig konkreter wird die CSV beim Klimaschutz. Sie verlangt, „dass CO2-Emissionen umgehend radikal verringert werden müssen und mittelfristig weitgehend auf Null gebracht werden müssen“ und dass Klimaneutralität sogar in die Verfassung geschrieben wird, für die die CSV gar stimmen will. Damit sie sich kurz vor dem versprochenen Klimaschutzgesetz wenigstens symbolisch von der Regierung unterscheidet, wirft sie dieser „verstocktes Bestehen auf Batterien“ von Elektroautos vor, statt auch die „Wasserstoffwirtschaft“ zu bezuschussen.
Um es sicherheitshalber allen recht zu machen, ob SUV-Panzer oder Elektrotretroller, will die Volkspartei nicht „den Raum für motorisierte Mobilität einengen, sondern [...] zusätzlich Raum, für Mobilität erschließen“. Vielleicht dank der Ausweitung des Bauperimeters, die sie zur Lösung der Wohnungsnot fordert, neben einer „nationalen Spekulationsabgabe“ und, trotz grünen Sukuks, einem gesetzlichen Verbot der Immobilienspekulation für Investitionsfonds aus den Golfstaaten und anderen fernen Ländern. Das heißt unter dem Strich, dass die CSV selbstzufrieden ankündigt, das Klima mit denselben Mitteln wie DP, LSAP und Grüne retten zu wollen: marktkonform und technikgläubig, also eher nicht.