Accumalux

Batteriegehäusespezialisten

d'Lëtzebuerger Land vom 21.12.2012

„Hier dürfen Sie keine Bilder schießen“, sagt Charles-Louis Ackermann freundlich, aber bestimmt, „hier haben sonst noch nicht mal unsere Kunden Zutritt.“ „Hier“ klopft das Herz von Accumalux Mold Technology. In der Halle auf dem Areal der Firma in Kockelscheuer werden die Pläne für die Formen gezeichnet, in denen später Batteriegehäuse und -deckel via Kunststoff-Einspritz-Technik hergestellt werden. Dreidimensionale Pläne, die per Computer an Fräsen weitergeleitet werden, die rundherum surren, Metallblöcke aus Speziallegierungen in Gießform bringen. „Batteriegehäuseformen sind sehr schwer zu realisieren“, erklärt Ackermann. Die Gehäusestrukturen sind komplex, beispielsweise, um zu verhindern, dass Säure austreten kann. Für solche Lösungen hat Accumalux verschiedene Patente – entsprechend kompliziert ist auch die Gießformherstellung. Die Qualitätsanforderungen sind hoch. „Bei diesen Formen kommt es auf den Tausendstel Millimeter an“, führt der Präsident von Accumalux Group aus – das macht die Aufgabe nicht einfacher. Und auch nicht günstiger: „Eine Gießform für eine Autobatterie herzustellen, zum Beispiel für einen VW Golf, kostet zwischen 220 000 und 250 000 Euro.“ Kein Wunder, dass strengste Geheimhaltung herrscht.

1996 hat Accumalux die Formbau-Sparte Accumalux Mold Technology aufgebaut, um die Bedürfnisse im Produktionsbetrieb zu erfüllen. Bereits 1976 entschied die Poudrerie de Luxembourg, seit 1872 in der zivilen Sprengstoffherstellung aktiv, umzusatteln. Ursache: die sich anbahnende Schließung der Minen im Süden des Landes, Hauptabnehmer des Luxite-Sprengstoffs. Der Absatzmarkt der Poudrerie verlagerte sich aus Luxemburg heraus, immer weiter nach Osten und Süden, erklärt Charles-Louis Ackermann. Deswegen beschloss die Firma, auf andere Produkte umzusteigen. Wieso Batterie-Gehäuse? Aus drei Gründen, wie Ackermann erzählt. Zum einen hatte der Vorstand der Poudrerie erfahren, dass einer der deutschen Konkurrenten im Sprengstoffsegment in die Kunststoffbranche wechselte. Zum anderen gab es über einen Gesellschafter eine Verbindung zu einem belgischen Batteriefabrikanten. Und: Charles-Louis Ackermann hatte selbst gerade Berufserfahrung in einem Plastik-Spritzguss-Betrieb gesammelt. So lag die Idee nahe, mit Plastik-Spritzgusstechnik Batteriegehäuse zu produzieren; zu diesem Zweck wurde die neue Firma Accumalux gegründet.

„Seit 1976 ist die Firma ständig gewachsen“, so Ackermann. Sie hat seither viel innoviert und sich entsprechend aufgestellt. „Das hier ist etwas Besonderes“, zeigt Ackermann in der Produktionshalle auf eine Maschine, die deutlich größer ist als die anderen. „Eine schöne Maschine“, sagt der Chef. 1 100 Tonnen Gegendruck erzeugt sie. So viel ist notwendig, damit die Form nicht auseinandergedrückt wird, wenn der erhitzte Kunststoff eingespritzt wird. Vom Band laufen glasklare Gehäuse von der Größe eines Regenschirmständers. Sie sind besonders präzise gegossen, widerstandsfähig und transparent, damit die Batterien, die darin eingebaut werden, jederzeit kontrolliert werden können. „Darauf müssen wir 15 Jahre Garantie geben“, so Ackermann. Denn diese Art von Gehäuse wird für den „Stationärbetrieb“ produziert. Sie werden Teil von Notstromaggregaten in Kernkraftwerken, für Eisenbahnnetzwerke oder Datenzentren. Diese Art von Gehäuse sowie die für Starterbatterien in der Automobil- und Lastwagenbranche, sind das Geschäft von Accumalux S.A.

„Das hier können nur wir.“ Ackermann führt in eine andere Halle. Sie gehört zu Accumalux Industrial S.A.. Hier werden auf sieben Produktionslinien Gehäuse für Industriebatterien erzeugt. Sie treiben beispielsweise Gabelstapler an oder Zugmaschinen, die an Flughäfen Flugzeuge rückwärts aus der Parkposition bewegen. Zwei Jahre und große Summen hat die Firma investiert, hatte fast aufgegeben, dann das Programm um weitere sechs Monate verlängert und den Durchbruch geschafft: Die großen Gehäuse haben zur Besonderheit, dass ihre Wände schnurgerade sind, nicht ausdellen und auch nicht konisch sind. Das erlaubt es den Kunden, den Batterieherstellern, die Qualität zu steigern. Konische Gehäuse stellen auch andere Konkurrenten her, sie sind bei der Herstellung einfacher aus der Spritzform zu lösen als die geraden Gehäuse, die Accumalux fertigt. „Mit diesem Produkt konnten wir binnen zwei Jahren 80 Prozent des deutschen Marktes erobern.“ Ein Erfolg. Nach zehn Jahren im Geschäft mit den Gehäusen für Traktionsbatterien konnte Accumalux die Hälfte des Weltmarktes für sich gewinnen.

„Unsere Kundschaft ist global“, sagt Ackermann. 100 Prozent der Produktion aus Kockelscheuer geht in den Export. Weil über die Jahre der Transport immer teurer geworden ist und die Kundschaft – Batterieproduzenten und Automobil- und Lastwagenkonstrukteure – ihre Produktion immer weiter gen Osten verlagert haben, hat Accumalux Filialen im Ausland gegründet, um die Transportkosten niedrig zu halten. Bereits 1997 wurde Accumalux MB in der Tschechischen Republik eröffnet. Heute beschäftigt Accumalux in Mlada Boleslav 70 Mitarbeiter, welche die gesamte Produktpalette der Firma herstellen. 2005 folgte Accumalux Australia PTY in Adelaide, um die Automobilbranche im asiatischen Raum zu bedienen. Deswegen stellt die australische Filiale ausschließlich Gehäuse für Starterbatterien her.

Vor vier Jahren eröffnete Accumalux eine weitere Niederlassung im bulgarischen Asenovgrad, um die Kundschaft in Bulgarien, Russland, der Ukraine, Griechenland zu beliefern. Und in der Türkei, einem riesigem Wachstumsmarkt, „auf dem alle Automobilkonstrukteure präsent sind.“ Weil das Geschäft gut läuft, baut Accumalux Bulgarien derzeit neue, größere Fertigungshallen in Sadovo. Trotz dieses Ausbaus, meint Charles-Louis Ackermann, wird die Firma in den kommenden Jahren ein bis zwei neue Standorte brauchen. „Wo, kann ich derzeit nicht sagen.“ Das hängt davon ab, in welche Ecke der Welt die Kundschaft zieht. Von der Expansion im Ausland hat bisher auch der Standort in Kockelscheuer profitiert, so Ackermann. Denn werden in den ausländischen Filialen die voluminösen, und deswegen im Transport teuren, Gehäuse produziert, können die in der Herstellung komplizierteren aber kompakteren Batteriedeckel dennoch in Luxemburg hergestellt werden. Sie sind wegen des geringeren Volumens günstiger im Versand. So bleibt Luxemburg nach wie vor der größte Standort im Firmennetz. Insgesamt 320 Mitarbeiter beschäftigt die Gruppe weltweit, davon rund 190 in Luxemburg. Zwei Drittel der Mitarbeiter in Kockelscheuer arbeiten in der Produktion, ein Drittel in der Verwaltung, der Forschung und im Engineering.

„Alle Werke arbeiten rund um die Uhr, sieben Tage die Woche“, ruft Ackermann über den Lärm der Produktionshalle hinweg. Dass die Firma über die Jahre konkurrenzfähig geblieben ist, liegt auch daran, dass die Produktion stark automatisiert ist. Die 40 Produktionslinien in Kockelscheuer, auf 14 000 Quadratmetern installiert, werden über ein Leitungssystem automatisch von acht Silos mit dem Produktionsrohstoff Kunststoffgranulat versorgt. Roboterarme lösen die Deckel und Gehäuse aus den Spritzformen, setzen Batteriepole ein, bringen Griffe an. Die Mitarbeiter steuern und überwachen den Prozess, wechseln die Einspritzformen, sie machen die von den Robotern auf Paletten gepackten Produkte für den Weitertransport fertig.

Insgesamt 20 Millionen Batteriegehäuse produziert Accumalux jährlich weltweit, „Das sind ziemlich viele, wenn man bedenkt, dass in jedem Auto eine steckt“, bemerkt Ackermann. Der Umsatz wird sich 2012 auf rund 75 Millionen Euro belaufen. Trotz des Abschwungs, besonders in der westeuropäischen Automobilbranche, kann Accumalux auch dieses Jahr Wachstum verzeichnen, wenn auch weniger als noch im Vorjahr. Dass die Aussichten für die Branche für die kommenden Jahre schlecht sind, weiß natürlich auch Charles-Louis Ackermann. „Aber“, gibt er zu bedenken, „nur 15 Prozent unserer Produktion gehen in die Erstausstattung von Fahrzeugen.“ Die Fahrzeuge, die bereits auf dem Markt sind, brauchen ebenfalls von Zeit zu Zeit eine neue Batterie.

Michèle Sinner
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