„Der Legende nach hieß der Sohn des letzten Burgherrn von Useldingen Robin“, erklärt Pit Welter, Administrateur délégué. Deswegen nannten die Gründer ihre Farbenfabrik 1927 Robin und wählten einen Ritter als Firmenwappen. Dabei war Robin nicht die erste Farbenfabrik, die in Useldingen gegründet wurde. Drei Jahre zuvor war Prior gegründet worden, aber kurz darauf abgebrannt. Schon in den Fünfziger Jahren eröffnete Robin einen Verkaufspunkt in Luxemburg-Stadt, die Produktion allerdings blieb in Useldingen. Dass es Robin nach über 80 Jahren immer noch gibt und die Firma gut aufgestellt ist, liegt auch an der mutigen Investitionsentscheidung der Gesellschafter von 2004. Rund 20 Millionen Euro flossen in den Bau einer völlig neuen Fabrik in Useldingen und einen neuen Verkaufs- und Versandpunkt in Leudelingen. Ziemlich viel bei einem Jahresumsatz von 19 Millionen Euro. „Das ging nur, weil die Gesellschafter bereit waren, auf hohe Dividenden zu verzichten“, so Welter, der ehemalige Stahlwerksleiter, der 2001 in den Verwaltungsrat einzog und das Tagesgeschäft seit 2009 leitet. Das Firmenkapital, betont er, ist immer noch mehr oder weniger in der Hand der Gründungsfamilien, bis auf 19 Prozent, die einigen Mitarbeitern gehören.
Nur zwei Prozent der Kundschaft von Robin sind Privatleute, fast die gesamte Produktion von 2,5 Millionen Kilo jährlich geht an professionelle Abnehmer, beispielsweise Malerbetriebe, gut 35 Prozent der Ware geht in den Export. „Unsere Farben sind hochwertig, keine Baumarktqualität. Das hat seinen Preis“, erklärt Welter das Phänomen. Dabei unterscheidet die Firma vier Geschäftssegmente, die über die reine Farbenproduktion hinausgehen. Für Anwendungen am Bau stellt Robin Außen- und Innenanstriche her, für alle möglichen Oberflächen: Holz, Wände und Decken, Metall, Dächer oder Betonböden. Daneben verkauft Robin auch die Produkte anderer Hersteller, um eine möglichst vollständige Palette für den Innenausbau und die Dekoration anbieten zu können. In Useldingen bietet die Firma Schulungen an, bei denen Kundenmitarbeiter beispielsweise die Anwendung von Spezialputzen lernen können. „Das dient aber vor allem der Kundenbindung“, räumen Welter und Direktionsmitglied Gérard Zoller ein.
Für Industriekunden entwickelt und produziert Robin vor allem Korrosionsfarben. Robin stellt selbst keine Autolacke her, ist aber Vertriebspartner von Dupont für deren Autolackserie Standox. Der Service beschränkt sich nicht auf den Verkauf allein. „Das Problem bei Autolacken ist: Zwei Jahre, nachdem ein Modell auf den Markt kommt, gibt es die Farbe nicht mehr“, erläutert der Firmenleiter. Deswegen arbeitet Robin eng mit den Karrosserie-Werkstätten zusammen: Sie misst die gebrauchte Farbe, bestimmt eine neue Formel, die ihr entspricht, und mischt sie dann zusammen. In Leudelingen betreibt Robin außerdem ein Ausbildungszentrum, in dem den Mitarbeitern der Karrosserie-Firmen der richtige Umgang mit den Produkten gezeigt wird und ihnen neue Produkte vorgeführt werden. Zusätzlich arbeitet Robin als Subunternehmer im Chemiebereich. So fertigt die Firma Lösemittel für Unternehmen, die solche Aufgaben auslagern. Für die Reifenindustrie etwa tränkt Robin Gewebe, die in den Reifen verbaut werden, in erhitztes, flüssiges Gummi.
96 Mitarbeiter beschäftigt Robin, davon fünf Diplomchemiker, die im hauseigenen Labor an der Entwicklung neuer Produkte und an der Verbesserung der bestehenden Palette tüffteln. Im Bereich der Nano-Technologie kooperiert die Firma mit Forschungszentren, entwickelt beispielsweise lichtreflektierende Farben oder schmutzabweisende Oberflächen. Die Forschung hat einen hohen Stellenwert im Betrieb, auch weil die Firma sich bemüht, ihre Palette möglichst umweltfreundlich zu gestalten. Viele der Produkte sind wasserlöslich. „Wir versuchen Lösemittel wenn möglich zu vermeiden und stattdessen auf erneuerbare Stoffe zu setzen“, unterstreicht Welter, beispielsweise Soja- oder Leinöl.
Dass die Firma in den Bau der neuen Fabrik investiert hat, welche die hohen Umweltauflagen erfüllt und deswegen lösungsbasierte Farben herstellen kann, macht sich dennoch bezahlt. Denn in der Farbenindustrie hat über die vergangenen Jahre ein Konsolidierungsprozess stattgefunden, durch den Robin mit seiner modernen Herstellungsanlage gut aufgestellt ist. Die Firma kann dadurch das Sortiment anderer Hersteller übernehmen, die nicht investiert haben. So produziert sie beispielsweise die Goldfarbe eines ehemaligen belgischen Konkurrenten, die sich als Exportschlager für den Mittleren Osten entpuppt hat.
„Wir überleben, weil wir ein Nischenproduzent sind“, sagt Welter. Robin ist vergleichsweise klein, ist deswegen nah am Kunden, bietet die technische Beratung als Dienstleistung an und legt viel Wert darauf, mit ihm gemeinsam Lösungen für Problemstellungen zu finden. Die Firma kann Sonderwünsche auch in kleinen Quantitäten produzieren, ist aber groß genug, um andererseits große Mengen der Standardpalette herzustellen. Außerdem ist sie schnell. Wer abends die Bestellung einreicht, wird am darauffolgenden Morgen beliefert. „Das ist einer unserer Vorteile“, so Welter. Dazu zählt er auch die hohe Motivation der Mitarbeiter.
In den vergangenen zwei Jahren ist der Umsatz im zweistelligen Bereich gewachsen. Dieses Jahr werden es eher fünf Prozent sein. Denn natürlich hat auch Robin die Krise gespürt, nicht zuletzt im Geschäftsbereich „Industrie“. Im Gegensatz dazu, ist es in den vergangenen Monaten im „Bauwesen“ gut gelaufen. Zwischen diesen Bewegungen sucht Robin nach neuen Möglichkeiten. Welter sieht für die Zukunft Chancen, die Aktivitäten als Subunternehmer auszubauen. Nämlich dann, wenn die Großindustrie Nebenaktivitäten, die nicht zum Hauptgeschäftsfeld gehören, auslagern. In den kommenden Jahren wird es für Robin darum gehen, neue Absatzmärkte im Ausland zu erschließen. „Wenn es 2013 und 2014 Wachstum geben wird, dann im Export.“
Romain Hilgert
Kategorien: Industrie
Ausgabe: 21.12.2012