Wie Firmen sich nach außen und innen darstellen, hat in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen, wird immer aufwendiger gestaltet und immer strenger kontrolliert. Firmennamen und Firmensymbole sind jedoch schon alt und ihr Wechsel im Laufe der Firmengeschichte spiegelt die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Veränderungen wider, wie das Beispiel des wichtigsten Luxemburger Industriebetriebs, der ehemaligen Arbed und heutigen Arcelor-Mittal zeigt.
Im Zeitalter der Industriellen Revolution im 19. Jahrhundert hießen die Schmelzen noch vielfach nach ihren Besitzern. Die als Auguste Metz & Cie. gegründete Eicher Schmelz war zwar vorübergehend zu Société des forges d’Eich geworden, doch 1904 wurde sie noch einmal in Le Gallais, Metz & Cie umgetauft. Aber der riesige Kapitalbedarf der Eisenindustrie vergrößerte die Zahl der Aktionäre, und die Konzentrationsbewegung machte immer längere Firmennamen notwendig, um alle fusionierten Unternehmen aufzuführen. Selbstverständlich ließen sich diese Namen abkürzen, aber gegenüber Société des hauts fournaux et forges de Dudelange war auch S.H.F.F.D. keine bequemere Alternative.
Deshalb entschied man sich bei der Gründung der Aciéries réunies de Burbach, Eich, Dudelange vor einem Jahrhundert erstmals für ein Akronym, eine Abkürzung, deren Buchstaben sich zusammen als neuen Kunstnamen lesen ließen: Arbed, anfänglich noch als A.R.B.E.D. buchstabiert, später ohne Punkte.
Bei ihrer Gründung übernahm die Arbed als Firmensymbol den mit dem Bergeisen gekreuzten Schlägel, um die im Halbrund „ARBED“ stand. Dieses Motiv ist heute noch an verschiedenen schmiedeeisernen Werkstoren zu sehen. Der Schlägel ist ein rechteckiger Schlaghammer, während das Spitzeisen den dazu passenden Meißel auf einem Holzstiel darstellt. Sie waren während Jahrhunderten die Grundwerkzeuge der Bergleute, um Gestein abzuschlagen, und also solche seit dem 16. Jahrhundert in Bergbauwappen gebräuchlich.
Trotzdem kann die Wahl von Eisen und Schlägel als Arbed-Symbol überraschen. Denn die neue Gesellschaft nannte sich „aciéries“, übernahm aber kein Motiv der Stahlschmelze, sondern eins des Bergbaus. Aber es war die Zeit, als Stahlbarone und Stahlarbeiter noch die konkrete Arbeit für ebenso wichtig wie die abstrakte hielten. Auch die Fahne des 1916 gegründeten Luxemburger Metallarbeiter-Verbands zeigte Eisen und Schlägel, die 1922 gegründete Kommunistische Partei übernahm Hammer und Sichel. Vor dem Zweiten Weltkrieg war das Verhältnis zwischen Kapital und Arbeiter noch unvermittelter, also brutaler, aber man berief sich noch auf die gleiche Symbolik.
Das änderte sich nach dem Krieg, als das Verhältnis im Rahmen des Sozialstaats und der Management-Lehre indirekter, von Human-Resources-Verantwortlichen und Gewerkschaftsfunktionären verwaltet wurde. Die Arbed gestaltete deshalb ihr Firmensymbol grundlegend um: Eisen und Schlägel als Symbole des Bergbaus und der konkreten Arbeit wurden ersatzlos aufgegeben. Stattdessen wurde der erste Buchstabe des Firmennamens, ein breites, abgeflachtes A, als Querschnitt von zwei ineinander greifenden Spundwandbohlen nachgezeichnet. In den Boden gerammte und mit Nut und Feder ineinander verhakte Spundwandbohlen stützen am Bau Erd- und Wassermassen ab und gehören bis heute in allen Größen zu den erfolgreichsten Produkten der Arbed. Da die Bohlen für Solidität und das passgenaue Zusammenwirken einzelner Elemente stehen, sollen sie eine ganze Geschäftspolitik versinnbildlichen. Der Versuch, die restlichen Buchstaben des Firmennamens in der gleichen Weise zu zeichnen, scheiterte allerdings an den Rundungen und Ligaturen.
So wie der Firmenname vom Akronym zum Kunstwort wurde, bis die ursprüngliche Abkürzung nicht mehr ausgeschrieben wurde und in Vergessenheit geriet, so verschwand auch der Arbeitsprozess aus dem Firmensymbol und machte dem Endprodukt Spundwandbohle Platz, für das die Vertriebsgesellschaft und später die Marketing-Abteilung zuständig waren. Aber der Lëtzebuerger Aarbechterverband (LAV) hatte zu der Zeit, wie jeder besserer Reiseveranstalter, bereits eine Weltkugel als Gewerkschaftssymbol.
Der nächste große Konzentrationsschub, der die inzwischen „Corporate Design“ genannte Firmensymbolik erschütterte, war die Fusion der Arbed vor zehn Jahren mit der spanischen Aceralia und der französischen Usinor, zwei selbst aus vielerlei Fusionen entstandenen Firmen. Aus Elementen der drei bisherigen Firmennamen wurde der neue Name, Arcelor, zusammengesetzt, der keinen anderen Sinn mehr ergab, als die Kapitalverflechtung darzustellen.
Es war eine Zeit, als die Industrie bei Dienstleistungspropheten und Umweltschützern einen schlechten Ruf hatte und sich deshalb selbst immer sanfter und naturverbundener gab. Das neue Firmensymbol, in der Werbebranche inzwischen „Logo“ genannt, wurde noch abstrakter, und bekam vor allem eine organische Form, die sogar an ein asymmetrisches, rotes Herz und eine Blüte erinnerte. Doch auch der aus dem LAV entstandene OGBL hatte sich zur Unterstreichung seiner politischen Neutralität vorübergehend grüne Gewerkschaftsfahnen wie der christliche LCGB zugelegt. Der Firmenname Arcelor wurde in einer unauffälligen Schrift ohne scharfe Spitzen und Kanten gezeichnet. Um bescheiden daher zu kommen und weil es gerade eine Mode der Werbebranche war, wurde er ganz in Kleinschrift dargestellt, als einzige Phantasie gönnte man sich ein überlanges „l“.
Belegschaft und Kunden hatten aber kaum Zeit, sich an den neuen Namenszug auf den Werkshallen und Geschäftsbriefen zu gewöhnen, da war schon wieder Zeit zum Übertünchen. Denn nur vier Jahre später fusionierte Arcelor nach einer spektakulären Übernahmeschlacht mit Mittal Steel. Die neue Firma nennt sich ArcelorMittal, eine politisch intensiv verhandelte Zusammensetzung aus dem vielfachen Fusionsbetrieb Arcelor und dem Namen des größten Aktionärs, Lakshmi Mittal. Wie im Zeitalter der Industriellen Revolution vor mehr als einem Jahrhundert tragen die Stahlwerke wieder den Namen ihres Besitzers.
Weil die Werbebranche derzeit die Verletzung einer orthographischen oder Interpunktionsregel bei der Niederschrift eines Firmennamens für einen unvermeidlichen Blickfang hält, wurden die beiden Namen ohne Bindestrich verbunden, so dass ein Großbuchstabe aus der Wortmitte ragt. Der verwendete Schriftzug ist derjenige von Mittal Steel, wenn auch unter der zur Herausstreichung des Besitzernamens notwendigen Abkehr von der Kapitalschrift.
Aus dem gemütlichen Blütenherz von Arcelor ist nun ein feuerrotes, nervöse blitzendes A für Arcelor und M für Mittal geworden, die zu einem glühenden Stahldraht gebogen sind, wie er unberechenbar aus der Walzstraße schießt und oft mit einer gefährlichen Schlange verglichen wird. Mit seinem Logo will dieses Unternehmen, so wie sein Besitzer im Firmennamen, eine bedrohliche Dynamik ausstrahlen, um im globalen Wettkampf der Erste zu bleiben.