Noch stehen sie nicht, die vier Hallen, die einmal das neue Kompetenzzentrum des Handwerks darstellen sollen. Aber das Grundstück auf dem Krakelshaff bei Bettemburg gibt es bereits und auch die Pläne für die Gebäude sind soweit fertig. Eine Halle aus Stahl, eine aus Glas, eine aus Holz und eine Kunststoff, um die jeweiligen Werkstoffe des Handwerks zu repräsentieren, so ist der Plan. Ein anderer ist, dass die Hallen modular gebaut werden, wie die Weiterbildung, die ab September dieses Jahres in der ersten Halle beginnen soll.
„Die Hallen sollen weitgehend leer sein. Die Idee ist, dass es einen Container pro Beruf gibt, in dem alle notwendigen Instrumente und Maschinen gelagert werden. Diese sollen für den jeweiligen Kurs in die jeweilige Halle gefahren und dort so aufgebaut werden, wie nötig“, erklärt Marc Ant. Drei Kompetenzzentren sollen auf dem drei Hektar großen Grundstück Platz finden: das zur Gebäudetechnik, das für den Fertigbau sowie ein Kompetenzzentrum für Internettechnologien.
Ant ist Berater und Geschäftsführer des Gemeinschaftsprojekts, an dem sich Institut de formation sectoriel du bâtiment, Féderation des Artisans, die Chambre des métiers und MyEnergy beteiligen. Hervorgegangen ist es aus dem europäischen Programm Build up skills – Energy Training for Builders, eine Initiative der Europäischen Kommission, mit der europaweit der Bau von Niedrig-energie- und Passivhäusern angeschoben werden soll. Für die Handwerksunternehmen ist das eine Herausforderung: Denn für das energiebewusste Bauen müssen zusätzliche Fertigkeiten erlernt werden.
„Ziel ist es, modulare Lerneinheiten für rund 30 Berufe zu erschaffen, mit deren Hilfe das nötige Wissen vermittelt und zertifiziert wird“, erklärt Ant den Ansatz, für den auf Bestehendes zurückgegriffen wird: auf das europäische Qualifizierungsprogramm, den europäischen Zertifizierungsrahmen, den Sprachenreferenzrahmen und mehr. „Die Weiterbildungen sollen im Ausland anerkannt sein, daher der Rückgriff auf das ECTS-Punktesystem.“ Auf der Grundlage von Jobbeschreibungen würden die nötigen Kompetenzen definiert und sodann Module zusammengestellt.
Das klingt nach einem Mammutunterfangen, und manch einer, der an die nicht enden wollenden Konflikte bei der Einführung der kompetenzbasierten Berufsbasisausbildung denkt, mag die Hände über den Kopf zusammenschlagen. Doch Ant ist zuversichtlich, seinen ehrgeizigen Zeitplan einhalten zu können: „Ab Ostern werden wir die ersten Module aufstellen. Das gelingt, weil wir mit Profis zusammenarbeiten, die sowohl pädagogisch als auch fachlich versiert sind“, ist Ant überzeugt. „Und weil wir nicht lange diskutieren, sondern vorgeben, was in die Weiterbildung hineingehört,“, fügt er hinzu.
Seine Partner findet der Berater in Netzwerken und bei großen Unternehmen in Frankreich, Deutschland und Luxemburg. Sie haben Erfahrung mit Aus- und Weiterbildungen, weil sie sie selbst anbieten. „Das Wissen kaufen wir, wenn nötig, ein.“ Sollten dadurch bestimmte Firmen oder Produkte privilegiert werden, sei das kein Problem: „Wenn ein Stuckateur einen Gips empfiehlt und seine Weiterbildung darauf aufgebaut hat, geht es dennoch um die Technik des Gipsauftragens.“ Im Mai wird sich Ant mit Malerfirmen treffen, die Interesse haben, in Luxemburg Fortbildungen anzubieten.
Der Berater und sein vierköpfiges Team rechnen mit bis zu 1 200 Weiterbildenden pro Jahr, wenn alles einmal steht. Den Anfang sollen 30 ausgewählte Weiterbildungen à zehn Tage bilden. „Mehr schaffen wir in einer ersten Phase nicht.“ Die für 2015 angesetzte Konzeptualisierungsphase sei abgeschlossen, jetzt beginne man, Strukturen und Module zu kreieren. Ab Herbst spätestens ab Januar 2017 sollen die ersten Kurse anlaufen. Unterrichtssprachen werden Deutsch und Französisch sein, „nach Bedarf“, sagt Ant. Zimmermänner und -frauen kommen vorwiegend aus Deutschland, den Hoch- und Tiefbau dominierten Franzosen und Portugiesen. „Wir machen keine Ideologie aus der Sprachenfrage.“
Finanziert werden die Weiterbildungen durch eine 0,5-Prozent-Abgabe, die 2015 von Gewerkschaften und Berufskammern beschlossen wurde: Demnach fließen 0,5 Prozent der Lohnmasse künftig in die Weiterbildung, davon sollen Angebote der Kompetenzzentren bezahlt werden, für die Handwerker sollen die Kurse kostenlos sein. Nicht alles, was für die Kurse gebraucht wird, wird neu gekauft, das wäre angesichts der komplexer werdenden Technologien und der schrumpfenden Halbwertszeit von Wissen und Technik auch zu teuer: „Die Hälfte des Materials, das wir brauchen, werden wir leihen“, sagt Ant. Synergien schaffen, pragmatische und undogmatische Lösungen finden ist seine Handlungsmaxime.
In einer ersten Phase werden die Weiterbildungen zur Gesellenprüfung und zum Meisterbrief ermächtigen. Auch Schulungen auf Fachhochschulniveau sind geplant – als Teil einer Gesamtstrategie, das Handwerk zu modernisieren und attraktiver zu machen: Dabei geht es nicht nur darum, beim Wettstreit um die besten Fachkräfte mithalten zu können. Durch Digitalisierung und Automatisierung werden Handwerksberufe immer komplexer, die Anforderungen steigen, da reicht eine Basisausbildung nicht mehr aus. Gewünschter Nebeneffekt: Das Handwerk käme raus aus der Schmuddelecke, als vermeintliche Endstation für alle, die es in der Schule nicht weiter gebracht haben.
„Wir streben eine Fachhochschule für das Handwerk an, um talentierten Kräften Aufstiegs- und Entwicklungschancen zu bieten“, bekräftigt Marc Ant. 500, 600 oder auch tausend Absolventen pro Jahr hält er für realistisch, „wenn wir mit den Regionen zusammenarbeiten“. Kontakte zur Fachhochschule Trier bestünden, grenzüberschreitende Kooperationen mit Bildungsträgern in Frankreich oder Belgien sind vorstellbar, Hauptsache: mehr Durchlässigkeit nach oben, und flexible Antworten auf die steigende Nachfrage der Unternehmen nach Fachkräften. „Das kommt dem gesamten Standort Luxemburg zugute“, unterstreicht Marc Ant.