Stück für Stück dringt immer mehr an die Öffentlichkeit von dem Papier, das Transportminister Lucien Lux am 8. Februar noch nichtkennen und der hauptstädtische Mobilitätsschöffe François Bauschnoch am Montag nicht gesehen haben wollte: Am Donnerstagvergangener Woche zitierte zunächst die Zeitung vum LëtzebuergerVollek, am Mittwoch der Quotidien aus Dici Sud-Ouest – VdL,Le concept de mobilité. Das deutsch-französische Verkehrsplanungsbüro PTV, das unter anderem auch für die Stadt Dubai ein Mobilitätskonzept erstellt hat, kommt in seinem Support dediscussion zur Schlussfolgerung, dass das von TransportministerLucien Lux im September letzten Jahres vorgestellte Mobil2020 nichts ändere am Modal-split-Anteil des öffentlichen Transports im Südwesten der Hauptstadt und schlägt unter anderem eine Art „S-Bahn“ vor.
Das ist ziemlich ärgerlich für Lucien Lux, denn damit stellt ein an sich interkommunales Planungspapier eine nationale Strategie in Frage. Noch dazu ein Papier, das die Innenminister Jean-Marie Halsdorf unterstellte Direktion für Landesplanung anfertigen ließ. Doch da es sich beim so genannten Dici-Raum um Cessingen, Hollerich, Gasperich, Howald, Strassen, Bartringen und Leudelingen um Klein-Dubai am Cessinger Kreuz handelt, wo schon im Jahr 2020 über 95 000 Einwohner und und fast 120 000 Arbeitsplätze angesiedelt sein könnten (d‘Land, 14.12.2007), wird der dortige Verkehr national relevant werden.
PTV empfiehlt in seinem Papier einen erheblichen Ausbau der Anbindungen der Haupstadt innerhalb ihrer Agglomeration. Neben der geplanten leichten Tram werden noch Train-Tram-Züge vorgeschlagen, zum Teil grenzüberschreitend, wie etwa von Ottange und Audun-le-Tiche über Düdelingen und Luxemburg-Stadt nach Sandweiler und nach Bartringen. Von diesen Überlegungen kann man im Detail halten, was man will: Sie fassen den Berufsverkehr überregional auf und gehen davon aus, dass es wichtig sei, auch aus den Grenzregionen die Pendler möglichst umsteigefrei dahin zu bringen, wo künftig hauptsächlich wirtschaftliche Aktivität stattfinden wird. Und sie deuten darauf hin, dass ein gemischter Betrieb aus leichter Tram und klassischem Zug dafür nicht ausreichen könnte.
An diesem Punkt stellt sich ein Politikum: Dasselbe Berufsverkehrsargument hatte nach den Gemeindewahlen 1999 der frisch gebackene Hauptstadtbürgermeister Paul Helminger benutzt,nachdem die Stater DP das BTB-Konzept erledigt hatte. Als imFrühjahr 2006 die Pläne zu einer leichten Tram vorgestellt wurden,ging es weniger um den überregionalen Berufsverkehr. Vielmehrbemühte sich das vom Transportministerium beauftragte Planungsbürozu zeigen, dass der zu erwartende Bevölkerungszuwachs in der Hauptstadt hoch genug sei, um innerstädtisch die kritische Masse zur Rentabilität einer städtischen Straßenbahn zu generieren. Nun führt PTV zum Berufsverkehrsproblem zurück – für welches der klassische Zug plus die leichte Tram anscheinend nicht die beste Lösung darstellt. Und erinnert mit der S-Bahn-Idee aus im engen Takt zusätzlich zur Eisenbahn verkehrenden Train-Tram-Zügen daran, dass eine in der Hauptstadt verkehrende leichte Straßenbahn für die Mobilitätsprobleme eines starkzersiedelten Landes keine gute Lösung sein muss. Mag auch den Anrainergemeinden von Belval und der Nordstad suggeriert werden, sie brächten ausreichend viele Benutzer auf: wenn in der Hauptstadt mit in absehbarer Zeit 120 000 Einwohnern die kritische Masse erreicht sein soll, wieso sollte es im Raum Diekirch-Ettelbrück mit eines Tages 30 000 Einwohnern so sein?
Dass die Überlegungen von PTV ja nur „vorläufig“ und ein„Zwischenstand“ seien, beruhigt der Transportminister in einer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage ein bisschen sich selbst. Seit Veröffentlichung der Tram-Pläne im Frühjahr 2006 ist das PTV-Papier jedoch die erste externe Expertenanalyse hiesiger Verkehrsplanungen, und das Geheimnis, das um sie gemacht wird, wirft die Frage auf, wie rational und objektiv solche Planungen hierzulande überhaupt angestellt werden.