Help, diesen Namen soll sich merken, wer einmal pflegebedürftig wird. Unter diesem Namen fusionierten Ende Oktober zwei Netzwerke zur ambulanten Pflege, von denen eines schon Help hieß, das andere Camus, wie der Schriftsteller. Seit Dienstag Abend ist diese Fusion offiziell.
Ein wenig unübersichtlich war das Ganze vorher schon. Hinter Camus verbirgt sich noch bis 31. Dezember ein vor drei Jahren getätigter Zusammenschluss von drei kommunalen spezialisierten Tagesstätten zur Altenpflege in Wasserbillig, Bofferdange und Remich mit der Croix-rouge und der Association luxembourgeoise d’Alzheimer (ALA). Eine „union légère“, urteilte im Mai die bei der Generalinspektion der Sozialversicherung angesiedelte Cellule d’évaluation et d’orientation für die Pflegeversicherung. Was keine Abwertung war; allerdings sollte durch das Pflegeversicherungsgesetz ein Markt entstehen, die Dienstleister sollten sich dem Wettbewerb stellen. Und einer lockeren Verbindung wie Camus, mit deren Namen man schwerlich eine Pflegeorganisation verbindet, stellte sich gleich nach Inkrafttreten der Pflegeversicherung die Stiftung Hëllef doheem als ausgewachsenes Unternehmen gegenüber; 1998 hervorgegangen aus den Pflegediensten der Ordensschwestern und den mobilen Betreuungsdiensten der Caritas. Mit straffer Leitung, mehr als 500 Angestellten und einer Marktführerschaft, von der es im Frühjahr hieß, sie betrage 80 Prozent (siehe d’Land vom 04.05.2001).
Dritter Anbieter war das Réseau Help, ebenfalls vor drei Jahren gegründet, mit der Croix-rouge und den Krankenhäusern in Esch, Differdingen, Düdelingen und Steinfort als Partnern sowie der Ende 1994 vom OGBL und der Association sociale pour jeunes ins Leben gerufenen Initiative Objectif plein emploi zur Beschäftigung junger Arbeitsloser. Ist Hëllef doheem landesweit aktiv und beschränkte Camus sich bislang auf Zentrum, Süden und Osten, agierte Help nur in den Kantonen Esch und Capellen. Mit dem Merkmal allerdings, dass wegen der Verbindung zu den Südspitälern Patienten, die aus dem Krankenhaus entlassen werden und heimpflegebedürftig sind, leicht als Kundschaft gewonnen werden können.
Wenn Help und Camus am 1. Januar zusammengehen, sollen die berühmten Synergieeffekte erzielt werden. Doch wo Help draufsteht, ist vor allem die Croix-rouge drin, ist das neue Netz ihr Versuch, sich als Pflegedienstleisterin mit einer ähnlich langen Tadition wie die Kongregationen am Markt zu behaupten. Bei der Cellule d’évaluation wird die Croix-rouge als einzige Anbieterin eingeschätzt, die Hëllef doheem Paroli bieten könnte; allein: als wichtiger Dienstleister für Camus und als der wichtigste im bisherigen Help-Netz blieb sie weitgehend im Hintergrund. Das ändert sich künftig wenigstens teilweise: Als organisatorisches Bindeglied zu den Pflegepatienten sowie den Bewertern der Leistungen bei Cellule d’évaluation und Krankenkassenunion wird Dachbetrieb Help auftreten, die mobile Versorgung übernimmt die Croix-rouge unter dem Namen Doheem versuergt.
Zur Help-Pressekonferenz am Dienstagabend gab es Ehrenwein und Ansprachen von OGBL-Präsident John Castegnaro, der alter und neuer Präsident der Help asbl ist. Die politische Inszenierung durfte nicht fehlen; das OGBL-geführte Objectif plein emploi, mit jungen Arbeitslosen als Haushaltshilfen im Rahmen der nicht unumstrittenen Emplois de proximité, plus die Krankenhäuser von Steinfort bis Düdelingen – da stellte eine Südallianz sich vor, die hofft, möglichst bald Hëllef doheem landesweit begegnen zu können. Was die Croix-rouge wegen der dünnen Besiedelung des Nordens bisher zu kostenaufwändig war. Und: „Wir sind eine Organisation der Zivilgesellschaft“, bemerkte Croix-rouge-Direktor Jacques Hansen. Soll heißen: Hëllef doheem ist Nonnen, Caritas, CSV-Staat.
Dem Kunden kann es letztlich egal sein; Konkurrenz sollte ja das Geschäft beleben. Kommerzielle Anbieter von außerhalb aber gibt es bis heute nicht; da ist schon der verallgemeinerte Kollektivvertrag mit seinen ambitiösen Gehaltsprämissen vor, die Protektion bieten. So dass sich mit der Fusion von Camus und Help der Pflegemarkt konsolidiert: hier die Caritas, dort das Rote Kreuz. Wozu sich im stationären Pflegebereich das immer größer werdende Établissement public Servior gesellt. Weitere Fusionen dürften allenfalls mit Heimen zu erwarten sein, falls einmal ein Überschus an Pflegebetten entsteht.
Abgesehen von aller Rhetorik haben Help und Hëllef doheem keinen Grund, wirklich gegeneinander zu arbeiten. Noch sind wichtige Fragen um die Pflegeversicherung ungeklärt, sind Qualitätsnormen noch nicht vorhanden, die Betreuung behinderter und kranker Kinder wird zwischen Trägern und Staat diskutiert, ebenso die Frage, ob die Pflegeversicherung oder die Krankenkassen aufkommen sollten für die Kosten ambulanter Rehabilitationsmaßnahmen oder für Sterbebegleitung. Am liebsten wäre es beiden Unternehmen, käme man auf einen etwa Fifty-fifty-Marktanteil. „Wir haben jetzt schon 35 bis 40 Prozent“, behauptete John Castegnaro am Dienstag. „Wir haben keine 80 Prozent“, meint Paul Schmit, administrateur-délegué der Hëllef doheem, „eher 60 Prozent, wenn nicht gar einen Anteil mit einer 5 am Anfang.“ Es gebe, sagt er, genügend Arbeit für alle. Und er wünscht der Croix-rouge alles Gute für eine Stärkung ihrer Position, die längst fällig gewesen sei.
Peter Feist
Kategorien: Pflegeversicherung
Ausgabe: 21.06.2001