Als am Dienstag die Parlamentsfraktion der Grünen ihr Aufgebot für die neue Kammer-Session vorstellte, spielte die Dramaturgie eine wichtige Rolle. „Noch drei politische Sachen“ sagen zu wollen, kündigte Fraktionspräsident François Bausch an. Ein wenig klang das wie „nebensächlich“, denn vorher war bekanntgegeben worden, dass die gleichen grünen Abgeordneten für im Grunde dieselben politischen Themen zuständig sein würden.
Aber nachdem die Grünen, im Gegensatz zu Sozialisten, Liberalen und ADR, bei den Wahlen vom 7. Juni zumindest nicht verloren haben, scheint etwas anders geworden zu sein. So viel Angriffslust gegenüber der CSV wie am Dienstag war selbst im grünen Wahlkampf keine Selbstverständlichkeit: Sollte die CSV das Amt des Parlamentspräsidenten „als Abstellgleis für Ex-Minister“ miss-brauchen und Fernand Boden nominieren, würden Déi Gréng eine Abstimmung verlangen und gegen Boden votieren, drohte Bausch. Zweitens solle „der Interim-Premier“ beim EU-Gipfel keiner Neubesetzung des Kommissionspräsidentenpostens zustimmen, ehe über den Lissabon-Vertrag entschieden sein würde. Drittens stehe man der CSV nicht als „Spielball“ zur Verfügung, um die LSAP unter Druck zu setzen: Jean-Claude Juncker selbst habe sich noch am Wahlabend vor laufenden Kameras eine Fortsetzung der großen Koalition gewünscht, nicht die Grünen hätten vor einer Regierungsverantwortung gekniffen.
Wer dann noch dem Abgeordneten von déi Lénk jene vier Unterschriften zu liefern „garantiert“, die zum Einreichen von Motionen oder Änderungsanträgen nötig sind, und der ADR-Gruppe das gleiche Angebot macht, sofern diese „sich nicht in Richtung ‚Roy Reding‘ entwickelt, um die Gesellschaft zu spalten“, der will anstatt zum Koalitionsmitglied zur führenden Oppositionskraft im Parlament aufsteigen. Inhaltlich zunächst, denn die DP besitzt zwei Mandate mehr. Aber die liberale Fraktion spiegelt durchaus ein Stück jenes „Erneuerungsbedarfs“ wider, den Parteichef Claude Meisch nach den Wahlen als für die DP weiterhin gegeben hielt: Lydie Polfer, Anne Brasseur und Carlo Wagner stehen so sehr für Tradiertes, wie André Bauler, aber auch Fernand Etgen Newcomer sind. Wenn zu all dem der neu gewählte Fraktionschef Xavier Bettel versprechen musste, weniger oft den „bettelmäßigen“ Pausenclown zu geben, dann empfehlen sich Déi Gréng zurzeit als die bessere „Partei mit dem gesunden Menschenverstand“, die die DP 1999 sein wollte. Da wirken grüne Fraktionsmitglieder, die, wie am Dienstag, die zunehmenden grauen Haare in ihren Reihen ironisieren, schon beinah wie Elder Statesmen, und die Ankündigung, dieselben Abgeordneten blieben für im Grunde die gleichen Themen zuständig, als Aufgebot politischer Erfahrung.
Der offensiv gedachte grüne „New Deal“ aus Öko-Jobs, Energie-effizienz und einer Bildungs- und Berufsorientierungsoffensive könnte am Ende auch für liberale Wählerschichten attraktiver werden als das defensiv und zum Mittelschichten-Schutz gemein-te DP-Angebot aus Steuersenkungen und sozialen Reformen zu Ungunsten der Grenzpendler. Gelänge es den Grünen, ihre große programmatische Schwäche in der Sozialpolitik zu überwinden, könnten sie zusätzlich von der Erosion der LSAP profitieren. Der strategisch wichtigste Punkt ist allerdings ihr Verhältnis zur CSV: Wie es scheint, hatten die Aufwallungen Jean-Claude Junckers in der RTL-Elefanteronn am Wahlabend einige Wirkung. Fragt sich nur, ob lediglich das Verhältnis Juncker-Bausch eingetrübt wurde und sich wieder klären lässt, oder ob Déi Gréng nun mit mehr Nachdruck eigene Ziele verfolgen.