Eine „politische Erneuerung“ und eine „Modernisierung des Landes“ verspricht das Koalitionsabkommen von DP, LSAP und Grünen in seiner Präambel (S. 3). Mit einer Reform der Institutionen hoffen die Parteien nicht zuletzt, kostengünstig die Sympathien zu gewinnen, die sie sich mit ihrer Haushaltspolitik zu verscherzen drohen.
Im Mittelpunkt der institutionellen Reformen steht der Abschluss der in den vorigen Legislaturperioden vorbereiteten großen Verfassungsrevision. Allerdings ist es der Regierung derzeit nicht möglich, in grundlegenden Fragen Änderungen vorzunehmen, weil die CSV bei Verfassungsrevisionen über die Sperrminderheit von einem Drittel der Abgeordneten verfügt. Deshalb will die Regierung die CSV politisch schachmatt setzen und 2015 ein Referendum organisieren, bei dem die Wahlberechtigten entscheiden können, ob die Steuerzahler die Pfarrergehälter zahlen sollen, ob Nicht-Luxemburger an Kammerwahlen teilnehmen dürfen, ob das aktive Wahlalter auf 16 Jahre gesenkt und ob die Amtszeit von Ministern begrenzt werden soll. Sind die Antworten in den neuen Verfassungsentwurf eingeflossen, sollen die Wähler die Verfassungsrevision ratifizieren. Zwangsläufig werden diese Referenden auch in der Mitte der Legislaturperiode zu Plebisziten für oder gegen die Dreierkoalition und ihren Modernisierungskurs. Paul-Henri Meyers (CSV) hat schon das Angebot der Mehrheit abgelehnt, weiter den zuständigen Parlamentsausschuss zu leiten.
Kein Thema im Koalitionsabkommen ist der künftige Stellenwert der Monarchie. Obwohl nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Großherzog als sehr konservativer Katholik, sich, wie beim Euthanasiegesetz, querzulegen versucht, wenn die Regierung die Abtreibung aus dem Strafrecht entfernt und von einer zweiten Zwangsberatung befreit, die Homosexuellenehe „im Laufe des ersten Halbjahrs 2014“ zulässt (S. 12) und die Konvention mit dem Erzbistum aufkündigt.
Die Besetzung des Staatsrats soll reformiert werden, damit alle politischen Strömungen des Parlaments dort „gerecht vertreten“ sein werden (S. 8), gleichzeitig soll die Mandatszeit von 15 auf 12 Jahre gesenkt werden. Die geplante Justizreform mit der Schaffung einer Cour suprême, die den Obersten Gerichtshof und das Verfassungsgericht ersetzen soll, wird fortgeführt.
Eine besondere Bedeutung misst die neue Regierung der Verwaltungsreform und Entbürokratisierung zu. Ziel ist aber weniger die Förderung der Demokratie, als ein Wettbewerbsvorteil des Produktionsstandorts. Nach ihrer Erklärung zur Chefsache während der vorigen Legislaturperiode soll die Verkürzung der Verwaltungswege nun einer „interministeriellen Mission“ hochrangiger Beamter anvertraut werden (S. 19). Sie sollen sämtliche Genehmigungsprozeduren daraufhin überprüfen, ob sie abgeschafft, vereinfacht oder verkürzt werden können. Romain Hilgert