Luxusautos im Firmenwagen-Leasing

Sind „die Dicken“ wirklich out?

d'Lëtzebuerger Land du 22.01.2016

Luxusautos als Firmenwagen? Da muss Gerry Wagner erst einmal schmunzeln. Denn erst vergangene Woche hat der Präsident des Verbands der Leasing-Unternehmen FLLV in einem Interview mit dem Radio 100,7 gegen die grüne Umweltministerin Carole Dieschbourg argumentiert, die vor zwei Wochen im RTL Radio erklärt hat, im Rahmen der geplanten Steuerreform werde die Firmenwagenbesteuerung „überprüft“. „Firmenwagen sind keine dicken Autos!“, bekräftige Wagener daraufhin. Und nun wird er nach Luxusfahrzeugen gefragt.

Aber wieso nicht: Wo doch, das hat der Leasing-Verband selber gesagt, 53 Prozent aller vergangenes Jahr neu angemeldeten PKW Firmenwagen waren und dieser Markt um 2,3 Prozent wuchs, während der der Privatautos um 15 Prozent schrumpfte. Und als letzten Herbst die vierte Ausgabe der Fleetexpo stattfand, eine Veranstaltung, die Personal-Manager organisieren, die auch für die Vergabe von Firmenwagen zuständig sind, wurde dort erfreut festgestellt, Luxus- und sogar „Hyperluxus-Fahrzeuge“ (ab 150 000 Euro) befänden sich in Luxemburg „im Aufwind“.

Aber leider gibt es über das Leasinggeschäft keine offiziellen Statistiken. Wenn Wagner sagt, „dicke Autos, das war einmal“, möchte er, dass man ihm das glaubt. 23 000 Euro im Schnitt betrage der Neupreis eines Firmenwagens, der im Leasing opérationnel erworben wird. Das ist die Form des Leasing, wie es die 22 FLLV-Mitgliedsfirmen abwickeln. Dabei abonniert der Kunde ein ganzes Paket: neben dem Auto auch Zubehör, Wartungs- und Reparaturleistungen. Dass da ein S-Klasse-Mercedes geordert wird, sei aber „selten“, so Wagner. Gar nicht zu reden von einem Bentley oder einem Ferrari. „Selbst Firmenchefs fahren heute nicht mehr in so einem Auto vor. Das ist nicht mehr gern gesehen.“ Für Führungskräfte werde eher eine E-Klasse geleast oder ein 5er BMW, für die Mitarbeiterränge weiter unten entsprechend kleinere Autos, ein 3er BMW oder ein Audi A4 etwa. Mitarbeiterfahrzeuge im 10 000-Euro-Bereich gebe es auch. Die Spanne im Leasing opérationnel liege ungefähr zwischen 10 000 und 60 000 Euro.

Daneben gibt es das Leasing financier, das über eine Bank läuft. „Damit haben wir nichts zu tun“, sagt Wagner. „Falls sich auf diesem Weg der eine oder andere Firmenchef einen Bentley zulegen sollte, bekommen wir das jedenfalls nicht mit.“

Doch wenn das so ist, wird die Aufregung weniger verständlich, mit der die Autohändlerverbände Adal und Fegarlux sowie die FLLV auf Dieschbourgs RTL-Interview reagiert haben. Nur einen Tag später wiederholten sie in einer gemeinsamen Pressemitteilung in Kurzform, was sie schon im Mai 2013 der Fraktion von Déi Gréng ausführlich vorgerechnet hatten: Firmenwagen-Leasing sei schon jetzt nur noch „gerade so“ steuerlich attraktiv. Vier Monate zuvor hatten die beiden Abgeordneten François Bausch und Camille Gira einen gemeinsamen Gesetzesvorschlag geschrieben. Er sollte die Absetzbarkeit eines Firmenwagens von der Einkommenssteuer des Betriebs in Zukunft vom CO2-Ausstoß des Fahrzeugs abhängig machen. Ebenfalls an die CO2-Emissionen knüpfen wollten Bausch und Gira den geldwerten Vorteil, der einem Angestellten durch einen Firmenwagen zugute kommt und ihm als virtueller Mehrverdienst aufs Bruttogehalt aufgeschlagen und entsprechend besteuert wird. Je schlechter die CO2-Bilanz eines Fahrzeugs, desto stärker sollten Betrieb und Mitarbeiter zur Kasse gebeten werden.

Aber würden beide dann tatsächlich stark belastet? Wenn doch beispielsweise auch in der Mercedes E-Klasse für ihre Größe ausgesprochen CO2-arme Modelle im Angebot sind, bei BMW und Audi desgleichen? Die Frage ist nicht zu beantworten, solange nicht klar ist, was die Regierung im Rahmen der Steuerreform vorhat und wie sich die Leasing-Flotte tatsächlich zusammensetzt. Als nach dem Regierungswechsel François Bausch Nachhaltigkeits- und damit auch Transportminister geworden war und Camille Gira Staatssekretär im Nachhaltigkeitsministerium, sprachen sie nicht mehr von der Firmenwagenbesteuerung. Doch die Parlamentsfraktionen der neuen Mehrheit entschieden, den Bausch-Gira-Gesetzesvorschlag im parlamentarischen Finanzausschuss weiterzubehandeln und nicht, ihn zu den Akten zu legen, wie der Carole Dieschbourg interviewende RTL-Journalist vor zwei Wochen meinte.

Deshalb starteten Autohändler und Leasing-Verband vor einem Jahr einen politischen Präventivschlag. Zwei Wochen vor dem Autofestival 2015 rechneten sie öffentlich vor, schon eine leichte Verschärfung der Firmenwagenbesteuerung könnte das Leasinggeschäft abwürgen. Dem Autohandel drohten dann 239 Millionen Euro Umsatzverlust im Jahr und bis zu 1 315 Vollzeitstellen könnten abgebaut werden müssen (d’Land, 30.01.2015). Die Regierung verstand die Botschaft. Finanzminister Pierre Gramegna (DP) beruhigte wenig später, eine Verschärfung der Firmenwagenbesteuerung sei nicht geplant.

Und heute? Die Umweltministerin hat lediglich gesagt, die Besteuerung werde „überprüft“. Das kann alles Mögliche heißen. Der Transportminister wurde in seiner Ansprache auf dem traditionellen Empfang vor dem Autofestival der beiden Händlerverbände vor knapp zwei Wochen etwas deutlicher: Die Regierung wolle „darüber nachdenken, im positiven Sinne Unterschiede zwischen mehr oder weniger umweltfreundlichen Autos zu machen und wie man umweltfreundlichere Fahrzeuge steuerlich bevorzugen kann, um schneller zu einem umweltfreundlicheren Fuhrpark zu gelangen“. Daraus ließ sich ein Versprechen nach steuerlichen Erleichterungen für „ökologischere“ Firmenwagen heraushören, ohne dass weniger ökologische schlechter gestellt würden. Genau das hatten Händler und Leasing-Verband vor einem Jahr „die einzig vernünftige Lösung“ genannt.

Fragt sich nur, ob damit am Ende nicht vielleicht doch eine Benachteiligung ganz besonders wenig umweltfreundlicher Autos verbunden sein könnte. Gerry Wagner fragt sich das auch nach Bauschs Rede: „Ich höre immer wieder, das ganz besonders ‚schlimme‘ Autos durchaus benachteiligt werden sollen.“ Völlig abwegig sei das nicht. Man müsse nur klären, was „schlimm“ heißen soll.

Könnten damit hochdrehende Sportwagen gemeint sein, die angeblich nicht im Leasing opérationnel gehandelt werden? Maserati Belux etwa teilt mit, in Belgien funktioniere das Leasing opérationnel „schlecht“. In Luxemburg dagegen „bezahlen viele Firmen 1 500 Euro im Monat für das Paket aus Auto, Reifen, Wartung und so weiter.“ Nun ja, sagt Wagner dazu, Maserati könne „eine Ausnahme“ sein. Eine oder zwei Firmen hätten sich darauf spezialisiert, die FLLV habe mit ihnen aber keinen Kontakt. Die Lage ist offenbar komplex und der Luxus-Automarkt Luxemburg voller Grautöne.

Peter Feist
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