Die von einer selten einmütigen Gewerkschaftsfront begonnene Generalmobilisierung wird abgesagt. Die von der DP verlangten Neuwahlen finden nicht statt. Die im April vertagte Koalitionskrise ist beendet. Und das alles rechtzeitig vor der Hinterlegung des Haushaltsentwurfs am nächsten Dienstag.
Die Gewerkschaften erklärten sich am Mittwoch bereit, die 2005 beschlossene Indexmanipulation vom Prinzip her fortzusetzen und mit einer nächsten Indextranche frühestens am 1. Oktober 2011 zufrieden zu sein. Kommt es nicht zu einem unverhofften Anstieg der Inflation, etwa durch die drastische Verteuerung des Erdöls, dürfte das Zugeständnis vorerst die Lohnempfänger und Rentner nicht allzu teuer zu stehen kommen und die Betriebe nicht allzu sehr entlasten. Denn in seinen neusten Statnews sieht der Statec die nächste Indextranche sowieso „nicht vor dem zweiten Semester 2011“ fällig werden. Wenn die nächste Tranche eine Woche vor den Gemeindewahlen ausgezahlt wird, werden die Gewerkschaften mit einer Mindestfrist von 15 Monaten zwischen der Tranche vom vergangenen Juli und der nächsten einverstanden sein. Zusätzlich erklärten sie sich zu einer weiteren Absprache bereit, damit die anschließende Tranche auf den 1. Oktober 2012 aufgeschoben wird.
Die Regierung konnte also, wenn auch noch etwas verklausuliert, den im Sommer vom Statec vorgerechneten und am Wochenende vom Premier und der LSAP-Spitze beschlossenen sanften Einstieg in das System der Mindestfrist zwischen der Auszahlung von zwei Indextranchen durchsetzen. Dass das Prinzip vorerst noch als Ausnahme zum regulären Indexgesetz dargestellt wird, die bis 2005 automatischen Indexanpassungen weiterhin Verhandlungsgegenstand bleiben, soll es den Gewerkschaften einfacher machen, für den Kompromiss zu werben. Aber sie wissen selbst am besten, dass ihnen danach kein überzeugendes Argument mehr einfallen dürfte, um jemals wieder kürzere Fristen zwischen der Auszahlung von zwei Indextranchen zu verlangen.
Als Gegenleistung erklärte sich die Regierung bereit, bei der Sanierung der Staatsfinanzen auf die Halbierung der Kilometerpauschale zu verzichten und dank des sich doch abzeichnenden Aufschwungs die geplante Krisensteuer eventuell nur ein Jahr lang zu erheben, was zu einer spürbaren Entlastung der meisten Steuerzahler führen wird. Zwar bluffte auch sie, als sie behauptete, dass der Staat durch die mögliche Verzögerung der nächsten Indextranche das einsparen würde, was er durch die 50 Millionen Euro jährlich einbringende Halbierung der Kilometerpauschale einnähme. Aber es war wohl für einen guten Zweck.
Damit das Luxemburger Modell seinen „Stresstest“ besteht, hatte die Regierung die Unternehmer, die den Sozialdialog aufzukündigen gedroht hatten, kurzerhand beim Wort genommen und sie nicht ganz elegant von den offiziellen Verhandlungen ausgeschlossen. Sie werden nachträglich über das Abkommen „informiert“, wie die Nicht-CGFP-Gewerkschaften bei den Gehälterverhandlungen. Ihre Meinungen dürften entspechend geteilt sein: Die einen hatten sich sicher einschneidendere und endgültige Eingriffe in das Indexsystem erwartet, um wettbewerbsfähig gegenüber den Nachbarstaaten zu sein. Aber die anderen hatten nach dem Ende der Tripartite und der massiven Mobilisierung der Gewerkschaften nicht mehr daran geglaubt, dass sich überhaupt noch etwas unter einer CSV/LSAP-Koalition bewegt, und wollen sich nun gedulden, bis sich der Kompromiss mittelfristig als ein historischer Schritt zur Abkehr von der automatischen Indexanpassung erweisen wird.