Vor wenigen Monaten jährte sich zum hundertsten Mal der von französischen Truppen und einigen opportunistischen Abgeordneten vereitelte Versuch, nach dem Ersten Weltkrieg die im In- und Ausland kompromittierte Monarchie abzusetzen und eine Republik unter Präsident Emile Servais auszurufen. Zum Jubiläum brachte sich der großherzogliche Hof wieder ins Gespräch, diesmal mit seiner Personalpolitik. Sein Verbrauch an Hofmarschällen und Vermögensverwaltern, schillernden Beratern, Köchinnen, Gärtnern, Fahrern, Zofen und Lakaien ist seit dem Thronwechsel vor zwei Jahrzehnten erschreckend hoch. Wer nicht kündigt oder entlassen wird, weil er in Ungnade gefallen ist, fällt monatelang wegen Burn-out aus, weil er oder sie nur kurze Zeit der noch etwas absolutistischen Willkür gewachsen ist.
Die überwältigende Mehrheit der Angestellten bei Hof wird aus der Staatskasse bezahlt, und das schlägt zunehmend ins Geld. Denn die Diskretion der geschassten Höflinge muss mit Verwaltungsposten oder Abgangsentschädigungen erkauft werden und ihre Nachfolger können angesichts des notorisch rauen Arbeitsklimas nur mit großzügigen Gehältern gelockt werden. Premierminister Xavier Bettel versuchte schon wiederholt, der großherzoglichen Familie einen moderneren Umgang mit dem Personal nahezulegen, aber das brachte ihm bloß Anfeindungen der Großherzogin ein. Deshalb hat er nun einen Sondergesandten beauftragt, die Personalpolitik am Hof zu untersuchen. LSAP-Fraktionssprecher Alex Bodry kommt ihm zu Hilfe und will den Rechnungshof in das Palais schicken und die staatliche Finanzierung der Monarchie durch ein Gesetz regeln wie in Belgien und den Niederlanden. Vor vier Jahren hatte der Großherzog eine inzwischen wieder geschasste Unternehmensberaterin beauftragt, den Hofstaat wie ein Unternehmen umzuorganisieren. Das wäre zumindest die Gelegenheit gewesen, einen Personalausschuss wählen zu lassen, wie es sich laut Gesetz für ein Unternehmen mit hundert Beschäftigten gehört.
Nach 1919 kam es zu keinem weiteren Versuch, die Monarchie abzuschaffen, auch nicht am Ende des Zweiten Weltkriegs. Denn die Rechte setzt auf die Verbindung von Thron und Altar als Grundlage ihrer Herrschaft, wie sie der Heilige Melito von Sardes schon Kaiser Marcus Aurelius angeboten hatte. Die Linke schiebt die Frage der Staatsform auf, das heißt vor sich her als Nebenwiderspruch, wie Mao Tse-Tung in seiner Vorlesung Über den Widerspruch gesagt hätte. Und die Unternehmerverbände nennen den Erbgroßhezog zärtlich „Türöffner“ bei Prospektionsreisen.
Seither gilt es als abgemacht, dass die Monarchie sich im sozialpartnerschaftlich befriedeten Luxemburger Modell aller Voraussicht nach nur selbst abschaffen wird, so wie der Wahlmonarch Jean-Claude Juncker nur von sich selbst gestürzt werden konnte. Tatsächlich tun Großherzog Henri und Großherzogin Maria Teresa seit ihrem Amtsantritt ihr Möglichstes, um die Monarchie mit allerlei Geld- und Familiengeschichten zu diskreditieren und zu banalisieren.
Bis auch Frau F. aus Rümelingen und Herr M. aus Kautenbach merken, dass sie genauso um die Erbschaft oder mit der Stiefmutter streiten, von der Polizei verdächtigt werden, heiraten und sich scheiden lassen wie der Hochadel und folglich ebenso zum Staatsoberhaupt geeignet wären. Das nennt man dann Republik.
War die Überschwänglichkeit der rezenten Staatstrauer für Jean, den letzten laut Verfassung heiligen Großherzog, etwas Anderes als die Sehnsucht nach dem Ideal einer Monarchie, das unwiderbringlich verloren ist? Seit Jahren spricht sich bei Meinungsumfragen zur Staatsform ein höherer Anteil der Befragten für die Republik aus als beim Referendum im stürmischen Jahr 1919.