1,75 Milliarden Euro – so groß, entschied der Regierungsrat im Oktober, ist das „Globalbudget“, das die Gesundheitskasse CNS in den kommenden beiden Jahren an alle Krankenhäuser verteilen darf. 2015 dürfen es 863,7 Millionen sein und 889 Millionen im Jahr danach. Seit der Gesundheitsreform von 2010 legt die Regierung alle zwei Jahre so einen Finanzrahmen fest. Die Spitäler sollen damit zu Kooperationen und Rationalisierungen bewegt werden. Ehe sie mit der CNS ihre individuellen Budgets zu verhandeln beginnen, sollen sie sich zusammensetzen und gemeinsam entscheiden, wie man die Budgetgrenze auf keinen Fall überschreitet.
Bisher scheint das gut funktioniert zu haben. Ein Vierteljahr ehe die Regierung ein neues Globalbudget beschließt, schreibt die Generalinspektion der Sozialversicherung (IGSS) eine Analyse prévisionnelle des établissements hospitaliers. Die jüngste datiert vom August und hält fest, dass die 13 Häuser – darunter auch kleine und spezielle wie Rehazenter auf dem Kirchberg oder das Sterbehaus in Hamm – Ende 2013 einen Überschuss von 125 Millionen verbuchten, davon das Süd-Klinikum Chem allein 33 Millionen. Besonders gut scheint das Centre hospitalier du Nord zu wirtschaften, denn es wies neben knapp 20 Millionen Überschuss noch Reserven von fast neun Millionen Euro aus.
Da könnte man verstehen, wenn die Regierung der Meinung wäre, dass auch das Klinikwesen seinen Beitrag zum „Staatshaushalt der neuen Generation“ zu leisten hätte, dass dies gar nicht so schwer fiele und durch Rationalisierungen überhaupt noch so manches eingespart werden könne. Immerhin bezieht die Krankenversicherung 40 Prozent ihrer Einnahmen aus der Staatskasse, und von den Ausgaben der Krankenversicherung machten die Krankenhauskosten – ohne Arzthonorare – 2013 mit 48 Prozent wie früher schon den mit Abstand größten Teil aus. Als der Regierungsrat die neue Enveloppe beschloss, blieb er zum ersten Mal seit es die Globalbudgets gibt unter der Empfehlung der IGSS: Die hatte vorgeschlagen, den Kliniken 2015 vier Prozent mehr zu geben als 2014 und im Jahr 2016 3,5 Prozent mehr als 2015. Die Regierung kürzte den Zuwachs für 2016 auf drei Prozent.
Der OGBL war der erste, der vor vier Wochen auf der Krankenkassen-Quadripartite dagegen protestierte. Die CNS hatte schon Mitte September an Sozialminister Romain Schneider (LSAP) geschrieben, mit vier Prozent Zuwachs für 2015 und 3,5 Prozent für 2016 werde man der Kostenentwicklung im Klinikwesen gerecht, habe aber wenig Spielraum zur Finanzierung neuer Projekte. Es sei zum Beispiel nicht sicher, ob man die gewünschten Maßnahmen aus dem Plan cancer bezahlen könne oder das neue Tages-Foyer für Alkoholkranke, das das Neuropsychiatrische Krankenhaus in Ettelbrück einrichten möchte. Und nun gibt es noch weniger Geld.
Das ist nicht nur ein Signal an die Spitäler, stärker miteinander zu kooperieren. Es ist vor allem ein Signal an die bevorstehenden Verhandlungen um einen neuen Tarifvertrag im Klinikwesen. Zwei Drittel der Krankenhauskosten sind Personalkosten. 2,07 Prozentpunkte des Zuwachses im Globalbudget 2015 und 2,37 Prozentpunkte für 2016 kommen allein durch den Index und durch die ancienneté der festangestellten Mitarbeiter zustande. Doch weil das Krankenhauspersonal ähnlich wie die Eisenbahner und die Beschäftigten im Sozial- und Pflegebereich ein parastaatliches Statut hat, müsste eigentlich das zwischen Regierung und CGFP ausgehandelte Gehälterabkommen, das Teil des Deals über die Reform des öffentlichen Dienstes ist, in den Tarifvertrag der Krankenhäuser übernommen werden. Irgendwie. Verbunden damit wäre eine Aufwertung der Karrieren für das paramedizinische Personal. Mittelfristig, schätzt die CNS, hätte das Mehrkosten von 50 bis 60 Millionen Euro im Jahr zur Folge. Kurzfristig, hatte die IGSS geschätzt, hätte das Globalbudget der Krankenhäuser schon nächstes Jahr um 4,45 Prozent (statt vier Prozent) wachsen müssen, um das Gehälterabkommen in den Tarifvertrag übernehmen zu können.
OGBL und LCGB geraten damit in eine delikate Lage. Ihre Vertreter im CNS-Vorstand haben die Stellungnahme zum Globalbudget mit verabschiedet, in der daran erinnert wird, dass die Reform im öffentlichen Dienst „insgesamt kostenneutral“ ausfallen solle und „il est à supposer que cette prémisse de neutralité financière gouvernera également les négociations portant sur le renouvellement de la convention col-lective“. Doch wenn dem Spitalsektor nun noch weniger Mittel zur Verfügung stehen als die IGSS berechnet hatte, wird der Verhandlungsspielraum umso kleiner. Ob die Gewerkschaften sich das gefallen lassen werden, bleibt abzuwarten.