Wenn am 30. November der Klimagipfel beginnt, spricht Luxemburg nicht für sich selbst, sondern für die EU, présidence oblige. Für Umweltministerin Carole Dieschbourg (Grüne) und ihre Beamten wird das eine echte Bewährungsprobe.
Seit dem EU-Umweltministerrat vom 18. September steht das Verhandlungsmandat fest, mit dem Luxemburg stellvertretend für die EU agiert. Es ist ein ziemlich starkes Mandat. Es enthält nicht nur die Verpflichtung der EU, ihre Treibhausgasemissionen als Block bis 2030 um mindestens 40 Prozent gegenüber 1990 zu senken, sondern auch den Vorschlag, ein internationales Abkommen, wenn es nach dem Pariser Gipfel wirksam würde, alle fünf Jahre einer Evaluation zu unterziehen, sowie Finanzzusagen an Entwicklungsländer. Auf der Ratssitzung der Wirtschafts- und Finanzminister am 10. November wurde der Finanzrahmen auf 13,5 Milliarden Euro allein für dieses Jahr festgelegt.
Dass es zu diesem Mandat kam, ist auch Luxemburgs Verdienst. Eine wichtige Vorentscheidung traf vor gut einem Jahr die neue EU-Kommission, die am 1. November 2014 ihr Amt antrat. Das europäische CO2-Reduktionsangebot hatte schon zwei Wochen vorher die EU-Staats- und Regierungschefs auf ihrem Herbsttreffen prinzipiell beschlossen. Die Juncker-Kommission aber überzeugte später die Mitgliedstaaten, besser erst nach dem Pariser Klimagipfel die EU-interne Aufteilung der CO2-Reduktionslasten zu diskutieren. Das lässt es unwahrscheinlicher werden, dass in Paris womöglich jemand aus dem Konsens der EU-28 ausschert, wie das in Kopenhagen 2009 geschah.
Das EU-Mandat für Paris wurde aber auch dadurch gesichert, dass es durch Luxemburger Zutun ungewöhnlich früh verabschiedet wurde. Dieschbourg ließ das bereits unter der lettischen EU-Präsidentschaft vorbereiten und kooperierte dabei mit der Regierung in Riga. Die schnelle Entscheidung bis Mitte September sollte nicht zuletzt den Wahlen in Polen zuvorkommen, einem der größten Kohlenutzer der Welt und dem wichtigsten Bremser der EU-Klimapolitik. Bis kurz vor dem entscheidenden Umweltministerrat im September verhandelte die Luxemburger Präsidentschaft mit Polen und klärte strittige Punkte, zum Teil ganz kleine Details. Zum Beispiel gelangte dadurch in den Mandatstext die Formulierung, die EU trete für eine „weltweite Klimaneutralität“ in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts ein. Der ursprüngliche Ausdruck „Dekarbonisierung“ hatte sich für Polen zu stark nach Schließung seiner Kohlebergwerke angehört.
Wie alles weitergeht, wird sich in Paris zeigen. Ziemlich sicher ist schon, dass das Gipfelresultat nicht ausreichen wird, um die Klimaerwärmung unter der Schwelle von zwei Grad Celsius im Vergleich zur vorindustriellen Ära zu halten. Nachdem bisher 161 Teilnehmerstaaten ihre Selbstverpflichtungen eingereicht haben, die über 90 Prozent des weltweiten Treibhausgasausstoßes repräsentieren, wird man eher bei drei Grad ankommen, hat das UN-Klimasekretariat ausgerechnet. Deshalb ruhen nun viele Hoffnungen auf der Idee, alle fünf Jahre den Stand der Dinge zu betrachten und bei Bedarf nachzubessern. Unklar ist auch, wie sich die USA nach den nächstes Jahr bevorstehenden Wahlen verhalten werden. Barack Obama hat zwar angekündigt, die USA würden ihren CO2-Ausstoß bis 2030 um bis zu 28 Prozent gegenüber 2005 senken, und hat dieses Jahr damit begonnen, jene „Umweltschutzagenda“ umzusetzen, die zu seinen Wahlkampfversprechen gehört hatte. Doch die Agenda ist nur eine Verordnung, kein Gesetz; der nächste Präsident könnte sie ganz schnell aufheben. Und unter einem republikanischen Nachfolger dürften Obamas Klimaversprechen wahrscheinlich Geschichte werden.
Ob die EU so geeint bleibt, wie sie durch das Verhandlungsmandat vom 18. September aussieht, muss sich ebenfalls zeigen. Dass ein Mitgliedstaat noch ausschert, ist quasi unmöglich, denn der vor zwei Monaten einstimmig getroffene Mandatsbeschluss kann nur einstimmig geändert werden. Doch vor allem in der letzten Gipfelwoche könnten die Wellen auch zwischen den EU-Staaten hoch schlagen. Dann finden täglich informelle EU-Umweltministerräte statt, auf denen der aktuelle Verhandlungsstand erörtert und entschieden wird, wofür die EU einsteht und ob das Mandat der Ratspräsidentschaft angepasst werden muss. Dann sind auch unerwartete Allianzen möglich. Eines ist aber sicher: Ganz gleich wie der Klimagipfel ausgeht, wird man die junge Luxemburger Umweltministerin anschließend keine politische Newcomerin mehr nennen können.