Große, kleine, gute und böse Staatsfonds
Von Abu Dhabi bis Papua Neuguinea
d'Lëtzebuerger Land du 24.10.2014
Abu Dahbi hat einen, die anderen Golfstaaten auch, China gleich mehrere, Trinidad und Tobago ebenfalls sowie die Mongolei. Insgesamt 75 Staatsfonds, auf englisch Sovereign wealth funds genannt, verzeichnet das Sovereign Wealth Fund Institute. Den Angaben des Instituts zufolge verwalten sie zusammen 6 838,1 Milliarden Dollar. Der zweitkleinste vom Institut aufgelistete Fonds, der Fiscal Stability Fund der Mongolei,verwaltet mit 300 Millionen Dollar ein Vielfaches des Starkapitals des FSIL und sogar der kleinste Fonds, der Fund for Future Generations von Äquatorial Guinea ist mit 80 Millionen Euro noch höher dotiert. Die Fonds verfolgen unterschiedliche Ziele. Die Qatar Investment Authority (170 Milliarden Dollar Vermögen) soll durch ihre Anlagen zur Diversifizierung der Wirtschaft des Wüstenstaats beitragen, dessen Reichtum auf Öl- und Gasvorkommen beruht. Der Texas Federal School Fund (37,7 Milliarden Dollar), 1854 mit einem Startkapital von zwei Millionen Dollar gegründet, dient ausdrücklich der Finanzierung der öffentlichen Schulen im US-Bundesstaat. Der chilenische Fondo de Estabilización Económica y Social (FEES, 15,2 Milliarden Dollar) wurde 2007 mit dem Ziel gegründet, Defizite im Staatshaushalt auszugleichen und Schulden zurückzuzahlen. Der Fonds wird laut chilenischem Haushaltsgesetz mit dem Überschuss aus den Einnahmen aus der Kupferförderung gespeist, die nach der Dotierung des staatlichen Pensionsfonds (sieben Milliarden Dollar) und der Zentralbank übrig bleiben. Chile ist neben Norwegen ein gern zitiertes Beispiel von Staatsfondsanhängern. Laut Sovereign Wealth Fund Institute ist der norwegische Staatsfonds mit einem Vermögen von 893 Milliarden Dollar derzeit der reichste. Wie sein Name vermuten lässt, dient auch der Government Pension Fund hauptsächlich der Finanzierung des staatlichen Rentensystems und wird aus den Erdöleinnahmen finanziert. Die Fonds von Chile und Norwegen gelten auch aus anderen Ursachen als Musterbeispiele unter den Staatsfonds: wegen ihrer Transparenz und Anlagepolitik. Den Monatsbericht des FEES kann sich jeder von der Webseite des chilenischen Finanzministeriums herunterladen. Die Statens pensjonsfond der Norweger werden von einer Unterabteilung der Zentralbank, der Norges Bank Investment Management, verwaltet. Wie sich das Vermögen entwickelt, kann man in Echtzeit auf der Webseite verfolgen, die Investitionspolitik und die einzelnen Beteiligungen nachlesen. Nicht von ungefähr, denn in der Vergangenheit hatte es Kritik wegen der Beteiligung an Tabak- und Waffenkonzernen gegeben. Seine Größe verleiht dem norwegischen Fonds immense Macht auf den Kapitalmärkten; wenn über die Ausrichtung der Anlagepolitik diskutiert wird, hören Finanziers und Konzernchefs hin. Er gehört zu den größten Investoren in Büroimmobilien in den USA, und vergangenen Monat wurde im Parlament darüber diskutiert, ob der Fonds verstärkt in riskantere Anlagen, wie nicht börsennotierte Produktionsanlagen erneuerbaren Stroms und andere Infrastrukturprojekte, investieren soll. Die Norweger horten allerdings nicht all ihre Öldollars für ihre Kindeskinder: Anfang Oktober kündigte die Regierung an, bis zu drei Prozent des Fondsvermögens ausgeben zu wollen, um Steuerermäßigungen zu ermöglichen und die Konjunktur anzukurbeln. Als Gegenbeispiel der „guten“ Staatsfonds gelten in Europa vielen die staatlichen Anleger aus dem Katar. Als sie 2011 den Pariser Fußballclub PSG kauften, brachen Panik und Hysterie aus. In Luxemburg hat man ebenfalls einige Erfahrung mit ausländischen Staatsfonds gesammelt. Auch wenn die Autoren des Gesetzentwurfs zur Umsetzung des Haushalts aus dem Finanzministerium stolz schreiben, dass 18 ausländsische Staatsfonds in Luxemburg aktiv seien: Es waren längst nicht nur gute. 2009 machte die Libyan Investment Authority ein Angebot für die Übernahme der insolventen isländischen Kaupthing Bank, das vom Gläubigerkomitee abgelehnt wurde. So hing die Rettung der Bank weitere Monate in der Schwebe, und der damalige Finanzminister Luc Frieden (CSV) hatte die Gläubiger, die gegen das Angebot gestimmt hatten, damals mit den Worten: „Es gibt Banken, die offensichtlich nichts verstanden haben“, beschimpft. Zwei Jahre später, als die EU in Reaktion auf den Bürgerkrieg in Libyen die Konten des Gaddafi-Clans einfrieren ließ, musste der gleiche Luc Frieden einräumen, dass die libysche Zentralbank und die LIA auf zwei Konten fast eine Milliarde Euro in Luxemburg deponiert hatten.
Michèle Sinner
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