Phasme(s) wird als theatralisches-musikalisches Picknick angekündigt. Doch es wird nicht alles auf einmal aufgetischt. Das Picknick kommt vor dem Theaterstück, vor der Musik. Wie jedes zünftige Picknick findet auch dieses unter freiem Himmel statt, zudem an einem der schönsten Ecken der Festungsstadt: in einem Obstgarten auf dem obersten Plateau der „Rham“. Der spektakulärste Programmpunkt des Abends, der ansonsten auf die Schlichtheit des Ausdrucks setzt, ist denn auch der Standort. Genau so war die Intention des Duos Luc Schiltz und François de Saint-Georges: auf einfache Mittel setzen, einen geselligen Moment herbeizaubern, Wein, Brot, Musik und dazu ein paar philosophische Gedanken über Stabschrecken und den Unsinn des Lebens. Der Luxemburger Schauspieler Schiltz und der Autor, Regisseur und Schauspieler François de Saint-Georges haben sich während des Studiums kennen gelernt und fanden ein gemeinsames Interesse an der Herausforderung, Theaterszenen in „lieux existants“ ohne technisches und dramaturgisches Beiwerk – quasi pur – zu realisieren. Die Natur als die beste Bühne der Welt? Phasme(s) ist als Theaterstück ein fragiles Experiment. Verschiedene Elemente, wie der Spielort, der spontane Ausdruck der Schauspieler, die Interpretation der Musik, die Wetterlage und die augenblickliche Stimmung unter den Zuschauern, – all dies wirkt aufeinander ein und variiert von einer Vorstellung zur nächsten. Das Stück ist kein klassisches, mit Akten und vielen Dialogen. Es geht vielmehr um die Vermittlung einer Stimmung in einer bestimmten Lebenssituation. Hauptfigur Yann H., ein im eigenen Leben verlorener Lehrer, stellt sich am Tage seiner Geburtstagsfeier die existenziellsten Fragen zu seinem Sein: Ist aus ihm ein sich duckendes, kamouflierendes Menscheninsekt geworden, gleich jener Stabschrecke die sich wie ein Ästchen im Glasgefängnis versteckt und mehr tot als lebendig wirkt? Sehr viel mehr ist zu der eigentlichen Narration nicht zu sagen. Eine Aneinanderreihung von mehr oder minder magischen, grotesken, witzigen Momenten bleibt im Gedächtnis. Jean-François Wolff setzt ein Highlight mit ein paar Tanzschritten, Daniel Plier ist, ohne viele Dialoge, eine wundervolle Reinkarnation der tollsten Tati-Figuren gelungen – auf Fahrrad und mit Riesentrompete. Das Klavier steht unterm Apfelbäumchen und wenn Marine Horbaczewski und Julie Mairy ihre eigenen Kompositionen vortragen, die Lichter der Altstadt im Hintergrund erleuchten, der Graureiher (ja, wirklich!) und die Fledermäuse ihre Kreise vor dem Sternenhimmel ziehen, dann ist das nur schön!Picknick im Sommer – natürlich sollte das leichte Kost sein. Und das ist es denn auch. Ein bisschen mehr Tiefgang, ein Mehr an den wahrlich gut geschriebenen Dialogen – dann wäre es halt mehr Theater als Natur-Spektakel gewesen. Man spürt die Vertrautheit unter den Akteuren, das Spiel als sich immer wieder neu erfindendes Erlebnis, Freude am Darstellen, am Spiel, am Zusammensein. So was wie Ferienstimmung.Das Wandertheater Phasme(s) zieht nun weiter in den Norden. Nach Vorführungen in Lüttich und in Luxemburg-Stadt wird das Spektakel an diesem Wochenende in den schönen Gärten von Wiltz gezeigt, die weiten Felderlandschaften des Öslings als Kulisse. Als schönen „Unplugged“-Kultur-Moment ist das Stück sehr empfehlenswert. Über Stabschrecken erfahren Sie zwar nichts weiter, aber der Wein ist exzellent und: Decken nicht vergessen! (aber das weiß man in Wiltz ja…)
Phasme(s) – Pique-nique théâtral et musical itinérant; eine Koproduktion von Maskénada und Cie Vivarium tremens, unter der Regie von François de Saint-Georges, nach einem Text von Luc Schiltz und François de Saint-Georges, mit Eugénie Anselin, Marine Horbaczewski, Julie Mairy, Daniel Plier, Luc Schiltz und Jean-François Wolff; weitere Vorstellungen am 1. und 2. August in den Jardins de Wiltz um 20 Uhr. Reservierung: Tel: 27 48 93 82 oder E-mail: phasmes@maskenada.lu.