Das kommunale Finanzsystem zukunftsfähig machen – das ist ein erklärtes Ziel der Regierung. Sie will die Grundsteuer reformieren, und zwar im Rahmen einer umfassenderen Reform der Kommunalfinanzen. „Il réformera l’impôt foncier dans le cadre d’une réforme globale des finances communales” – so hat sie es im Regierungsprogramm festgelegt. Ein kompliziertes Vorhaben, das unter anderem eine klare Perspektive für das Verhältnis von staatlichen und kommunalen Aufgaben-, Ausgaben- und Einnahmenzuständigkeiten, für die Funktional- und Territorialreform und das künftige Luxemburger Steuersystem voraussetzt. Es geht dabei nicht zuletzt um eine rechtliche und praktische Ausgestaltung des Subsidiaritätsprinzips. Und auch um die für den Bürger unmittelbar relevante Frage, wie viel Einheitlichkeit und zentralisierte Planung bei öffentlichen Leistungen gefordert, wie viel Kommunalautonomie mit Differenzierungsmöglichkeiten durch „Bürgermeisterkonkurrenz“ angestrebt wird und wie öffentliche Bedarfe finanziert werden sollen. Bei der Reform gilt es zudem zu klären, wer wie dafür Sorge tragen soll, dass von einer Gemeinde hervorgerufene, aber auch in anderen Gemeinden zu spürende räumliche Wirkungen in Planungs- und Entscheidungsprozessen Berücksichtigung finden.
Dass die Diskussion um die Kommunalreform seit den Neunzigern andauert, mal abflacht und dann wieder auflebt, verdeutlicht, wie schwer es fällt, in diesen Dingen Konsense und Kompromisse zu finden. Dies gilt erst recht, wenn die künftige Finanzausstattung der einzelnen Gemeinden auf dem Spiel steht. Kommunale Einigkeit wird dabei zunächst einmal nur in dem Sinne bestehen, dass die Gemeindeautonomie gestärkt werden muss und zwar dadurch, dass jede Gemeinde mehr als bisher erhält. Zum Streit wird es kommen, sobald man sich auf eine Strukturreform einigen muss, die zwangsläufig auch die relative Finanzposition der einzelnen Gemeinden verändert. Schwierig ist zudem die zeitliche und inhaltliche Verzahnung von Funktional-, Territorial- und Finanzreform – Qualität, Effektivität und Effizienz des kommunalen Leistungsangebotes hängen schließlich davon ab, wer Rechtsetzungs-, Planungs- und Durchführungszuständigkeiten erhält, inwieweit die Gemeinden ihre Ausgabenplanungen mit den eigenen Finanzierungsmöglichkeiten über ihre Bürger abgleichen können beziehungsweise müssen und ob sie jeweils über hinreichende Verwaltungskapazitäten verfügen. Man darf daher gespannt sein, wie weit die Regierung auf dem Weg zu einer „réforme globale“ geht und Strukturfragen anpackt. Und wie schnell sie sich von der Forderung einholen lässt, Reformen vorsichtig anzugehen und pragmatisch auf punktuelle Einzelkorrekturen zu beschränken. Die Vorsichtsmaxime hat schon 2005 das Integrative Konzept für eine Territorial- und Verwaltungsreform geprägt. Darin heißt es unter anderem: „Dans le cadre de la réforme à réaliser il importe de ne pas bouleverser de fond en comble le système bien ancré dans nos traditions, mais d’en modifier les mécanismes et paramètres qui ne répondent plus aux nouvelles exigences.“ Selbst bei einem solchen Reformverständnis bleibt eine Menge zu tun. Das bestehende System weist nämlich erhebliche Schwächen auf.
Aufgaben- und Finanzierungskompetenzen der Gemeindeebene spiegeln die Rolle wider, die der Staat der dezentralen Selbstverwaltung beziehungsweise Kommunalautonomie einräumt, die auch in Luxemburg durch Art. 107. (1) der Verfassung garantiert ist. Eine zwangsläufig recht allgemein gehaltene Garantie, aus der konkrete Ansprüche kaum abzuleiten sind. Klar ist aber, dass sie für die Ausgaben- wie für die Einnahmenseite gilt. In Luxemburg erfüllen die Gemeinden eine bunte Mischung von ureigenen und von delegierten, von obligatorischen und freiwilligen Aufgaben, auch wenn diese in Relation zum staatlichen Ausgabenbudget und im Vergleich zu manch anderen Ländern nur eine recht geringe Rolle spielen. In jedem Fall muss ein solcher Aufgabenmix in den Gemeinden administrativ bewältigt und systemgerecht finanziert werden. Für die entsprechenden Voraussetzungen hat der Staat im Rahmen seiner Autonomiegarantie zu sorgen. Insbesondere muss staatlicherseits im eigentlichen kommunalen Finanzsystem sichergestellt sein, dass Gemeinden ein ergiebiges und ein möglichst selbstbestimmtes flexibles Einnahmensystem zur Verfügung haben. Dazu können den Gemeinden – so die erste Möglichkeit – vom Staat aus seinem eigenen Budget Mittel bereitgestellt werden, vor allem in Form allgemeiner Haushaltsmittel, über die in der Gemeinde frei verfügt werden kann. Die zweite Möglichkeit – und sie macht den Kern echter kommunaler Finanzautonomie aus – besteht darin, den Gemeinden eigene Einnahmequellen zu gewähren, um gemeindespezifische Aufgaben nach örtlichen Prioritäten wahrnehmen und finanzieren zu können – am besten mit Steuereinnahmen, über deren Höhe und Verteilung die Gemeinde selbst entscheiden kann und die von ihren Einwohnern zu tragen sind.
Die finanzielle Bedeutung und Autonomie der Gemeinden drückt sich also unter anderem in den Anteilen ihrer Ausgaben und Einnahmen am gesamten öffentlichen Budget und/oder am Bruttoinlandsprodukt (BIP) beziehungsweise am Bruttonationaleinkommen (BNE) aus, aber auch in der Quote der selbst bestimmten Einnahmen an den kommunalen Gesamteinnahmen. Zieht man solche Kriterien zu Rate, so ist der Dezentralisierungsgrad in Luxemburg recht gering. Die Gemeinden haben auch im internationalen Vergleich keine allzu weitreichenden Kompetenzen und finanziellen Dispositionsspielräume. Die Kommunalausgaben machen in Luxemburg etwa zwölf Prozent der öffentlichen Gesamtausgaben aus, fünf Prozent des BIP und sieben Prozent des BNE. Auf der Einnahmenseite sieht es ähnlich aus. In den meisten europäischen Ländern liegt der Dezentralisierungsanteil deutlich höher. Die höchsten Werte erreichen Dänemark und Schweden, wo der BIP-Anteil weit über 20 Prozent und der Anteil am öffentlichen „Gesamtkuchen“ über 40 Prozent hinausgehen. Auch in den unmittelbaren Nachbarländern Luxemburgs verfügen die Gemeinden über höhere Anteile am öffentlichen Budget und an den Sozialproduktgrößen. Interessant ist in diesem Zusammenhang zudem, dass die Gemeindeausgaben und -einnahmen pro Einwohner in Luxemburg nur etwa dem Durchschnitt der Staaten der EU und der Eurozone entsprechen. Und das, obwohl das Volkseinkommen in Luxemburg mehr als doppelt so hoch ist wie im Durchschnitt der Mitgliedstaaten. Schließlich passt auch das ins Bild: Die kommunaleigenen Steuereinnahmen haben im Vergleich zu den staatlichen Steuereinnahmen in den letzten 15 Jahren deutlich abgenommen, sie belaufen sich in Luxemburg nur noch auf knapp fünf Prozent des staatlichen Gesamtsteueraufkommens. Die eigene, in örtlicher Verantwortung autonom zu regulierende Steuerbasis in den Gemeinden ist also schwach.
Bei der Bewertung dieser Situation sind natürlich die Größenverhältnisse von Staat und Gemeinden zu berücksichtigen: Das Land ist klein – selbst die zentralen Entscheidungen werden nicht allzu weit von der lokalen Basis seiner Bürger entfernt getroffen, und Dezentralisierungen stoßen schnell an Effizienzgrenzen. Dies umso mehr, als fast die Hälfte der Luxemburger Gemeinden mit einer Einwohnerzahl von unter 2 000 für ein effizientes Angebot öffentlicher Leistungen wohl zu klein ist. Selbst der von der früheren Regierung vorgesehene Schwellenwert von 3 000 Einwohnern, der bis 2017 durch Gemeindefusionen mit einer Reduzierung der Gemeindezahl auf 71 erreicht werden soll(te), erscheint im Hinblick auf die Verwaltungskapazität und die Kosteneffizienz für öffentliche Leistungen noch zu niedrig. Die Zentralbank (BCL) hat in einer Analyse jedenfalls festgestellt, dass eher ein Wert von über 4 000 Einwohnern Effizienzvorteile bringen würde. Da eine entsprechende Territorialreform, die in absehbarer Zeit zu wirklich leistungsstarken und größeren Einheiten führen könnte, nicht in Sicht ist, stellt sich schon die Frage, wie die Kommunalautonomie auf der (Ausgaben- und) Einnahmenseite bei gegebenen Größenverhältnissen und Strukturen ausgestaltet werden soll. Zunächst aber ein Blick auf den Status quo.
Die Luxemburger Gemeinden finanzieren ihre ordentlichen Haushalte im Gesamtvolumen von rund zwei Milliarden Euro zu etwa 45 Prozent aus staatlichen Transfers. Den zweitgrößten Einnahmenblock bilden die kommunaleigenen Steuern (rund 30 Prozent), und der dritte starke Pfeiler besteht aus Gebühren, Beiträgen und sonstigen Äquivalenzeinnahmen (etwas mehr als 20 Prozent), die allerdings nicht frei verfügbar, sondern zweckgebunden zu verwenden sind. Insgesamt sind an den ordentlichen Kommunaleinnahmen zweckgebundene Mittel aber nur zu rund 32 Prozent beteiligt. Rund 68 Prozent sind allgemein disponible Mittel – eigene Verwendungsentscheidungen sind also durchaus möglich. Von diesen frei verfügbaren Mitteln entfallen wiederum 57 Prozent auf staatliche Zuweisungen aus dem FCDF. Der Beitrag der kommunaleigenen Steuern, die noch von deutscher Besatzung eingeführt und später durch großherzoglichen Erlass weiterhin Gültigkeit erlangten, macht 43 Prozent aus. Dieser Anteil ist de facto der Gewerbesteuer zu danken, die etwa 90 Prozent des kommunalen Steueraufkommens beisteuert. Die Grundsteuer folgt mit einem Beitrag von knapp fünf Prozent in weitem Abstand, die anderen Kommunalsteuern sind erst recht als „Bagatellen“ einzustufende Zwangsabgaben (wie beispielsweise die Hundesteuer), die zudem als indirekte Steuern klassifiziert werden.
Die Gewerbesteuer wird nach der Abschaffung einiger ihrer früheren Teilelemente nur noch auf die Ertragskraft eines Betriebes erhoben. Die Bemessungsgrundlage beträgt drei Prozent des Betriebsgewinns, wobei es allerdings etliche Sonderregelungen gibt. Sofern ein Betrieb mehrere Betriebsstätten in verschiedenen Gemeinden unterhält, wird die Bemessungsgrundlage auf diese Gemeinden aufgeteilt beziehungsweise „zerlegt“ – wiederum mit etlichen Spezialregelungen zum Beispiel für Unternehmen in interkommunalen Wirtschaftszonen, für Versicherungen oder Kreditinstitute. In jeder Gemeinde werden dann die Bemessungsgrundlagen mit dem lokal festgesetzten Hebesatz multipliziert. Das danach in den einzelnen Gemeinden erzielte Aufkommen entspricht allerdings nicht den Einnahmen, über die sie letztlich verfügen können – dazwischen steht ein Umverteilungsmechanismus.
Da der Besatz mit steuerpflichtigen Gewerbetrieben von Gemeinde zu Gemeinde stark streut, ist nämlich auch ihre Aufkommenshöhe pro Kopf extrem unterschiedlich – diese Streuung muss korrigiert werden. Das originäre Aufkommen konzentriert sich auf wenige Gemeinden. 2011 fielen allein in Luxemburg Stadt und Niederanven 77 Prozent des gesamten landesweiten Gewerbesteueraufkommens an. Niederanven lag beim Aufkommen pro Kopf 445 Prozent über dem Landesdurchschnitt und damit noch vor der Stadt Luxemburg mit 392 Prozent an der Spitze. Boulaide und Waldbillig am Ende erzielten demgegenüber nur 0,2 beziehungsweise 0,3 Prozent des Durchschnittsaufkommens. Insgesamt verfügten überhaupt nur sieben Gemeinden über ein überdurchschnittliches Aufkommen (Niederanven, Luxemburg, Betzdorf, Strassen, Bertrange, Leudelange und Schuttrange), während der große Rest der Gemeinden zum Teil sehr deutlich darunter lag. Solche Unterschiede entsprechen sicherlich nicht den Bedarfsdivergenzen. Insofern ist ein staatlich gesteuerter horizontaler Umverteilungsmechanismus unerlässlich. Er funktioniert in Luxemburg über den Fonds Commun (FC). In ihn zahlen die Gemeinden nach ihrer relativen Wirtschafts- und Aufkommenskraft zwischen 42 und 67 Prozent ihres Gewerbesteueraufkommens ein. Sie erhalten von ihm Mittel in Abhängigkeit von ihrem jeweiligen Anteil an der Landesbevölkerung und vom Anteil der in der Gemeinde wohnenden Angestellten an den gesamten in steuerpflichtigen Betrieben des Landes beschäftigten Angestellten. So soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass zum einen Orte mit höherer Bevölkerung höhere Ausgaben haben, und dass zum anderen nicht nur die Betriebsgemeinden, sondern auch die Wohnsitzgemeinden der Arbeitskräfte öffentliche Leistungen anbieten beziehungsweise vorhalten müssen. Dieser Mechanismus führt zu einer kompletten Neuverteilung des originären Gewerbesteueraufkommens mit hohem Nivellierungseffekt. So sinken die Pro-Kopf-Einnahmen von Niederanven als originär aufkommensstärkste Gemeinde von 445 Prozent auf nunmehr 203 Prozent des Durchschnittsaufkommens ab, das von Waldbillig steigt von 0,3 auf 54 Prozent an.
Als zweiter Eckpfeiler des kommunalen Steuer- und Finanzsystems gilt die Grundsteuer (siehe dazu den Beitrag im Land vom 4. Juli 2014). Sie belastet als Realsteuer das Eigentum an bebauten und nicht bebauten Grundstücken: Als Grundsteuer A die land- und forstwirtschaftlichen, in der Grundsteuer B die anderen bebauten und unbebauten Grundstücke. Bemessungsgrundlage ist der von der staatlichen Steuerverwaltung festgesetzte Einheitswert, der auf alten Wertverhältnissen (1941) basiert. Sein Wert wird mit einem staatlich geregelten Steuersatz (Messzahl) multipliziert, der je nach Grundstücks- und Bebauungsart variiert. Auf den daraus resultierenden Steuermessbetrag wenden dann die Gemeinden ihre Hebesätze an, die nach sechs Grundbesitzkategorien differenziert werden können (Bauten für gewerbliche Zwecke, Bauten gemischter Nutzung, Bauten für sonstige Zwecke, Einfamilien- und Mietshäuser, unbebaute Grundstücke, nicht für Wohnungsbau bestimmt und Bauland für Wohnungsbau). Die effektiven Steuersätze werden also kommunal bestimmt, die Steuereinnahmen stehen unmittelbar den Gemeinden zu. Im Gegensatz zur Gewerbesteuer findet keine horizontale Umverteilung des örtlichen Aufkommens statt. Aufgrund der antiquierten Wertbasis, die stark von den aktuellen Grundstückswerten abweicht, spielt die Grundsteuer für das kommunale Steueraufkommen allerdings nur eine untergeordnete Rolle. Das absolut höchste Grundsteueraufkommen im Jahr 2011 fiel natürlich in der Stadt Luxemburg mit knapp zwölf Millionen von landesweit 29 Millionen Euro an. Es folgte Esch-sur-Alzette mit zwei Millionen Euro. Die niedrigsten Aufkommen von unter 20 000 Euro verzeichneten Consthum, Ermsdorf, Neunhausen und Septfontaines. Das Aufkommen pro Kopf, das im Landesdurchschnitt unter 60 Euro im Jahr 2011 lag, schwankte zwischen über 120 Euro und 17 Euro.
Da der Staat immer wieder Aufgaben auf die Gemeinden übertragen, ihnen besondere Erfüllungspflichten auferlegt hat und die eigenen Kommunalsteuerquellen begrenzt sind, reichen Grund- und Gewerbesteuer im Gesamtvolumen nicht aus, um die kommunalen Aufgaben zu erfüllen. Den Gemeinden müssen daher vom Staat aus seinen Steuereinnahmen weitere Mittel für die ordentlichen Gemeindehaushalte zur Verfügung gestellt werden. Dabei handelt es sich zum einen um spezielle, an bestimmte Verwendungen geknüpfte Zahlungen. Zum anderen werden die von den Gemeinden frei verwendbaren Haushaltsmittel aufgestockt. Dies geschieht über den FCDF, einen kriteriengesteuerten Mechanismus des vertikalen Finanzausgleichs. Er versucht nicht nur, die kommunale Einnahmemasse zu erhöhen und im Vergleich zu der staatlichen insgesamt in ein angemessenes Verhältnis zu bringen. Er ebnet zugleich die nach der kommunalen Vereinnahmung von Grund- und Gewerbesteuer und dem Gewerbesteuerausgleich noch verbleibenden Unterschiede in den Pro-Kopf-Einnahmen zwischen den einzelnen Gemeinden weiter ein. Die dritte typische Aufgabe solcher vertikaler Verteilungssysteme – einen Ausgleich für externe räumliche Effekte zu leisten, die von einzelnen Gemeinden ausgehen – geht der Fonds nur höchst unzulänglich an.
Der im Vorhinein über einen Fixbetrag und Anteile an bestimmten staatlichen Steuereinnahmen (Mehrwert-, Auto- und Einkommensteuer) berechnete jährliche Finanzbedarf des Fonds wird gedeckt durch 100 Prozent der Alkoholsteuereinnahmen, zehn Prozent der Mehrwertsteuer und 20 Prozent der Autosteuer. Reichen diese Mittel nicht aus, wird die Differenz durch einen Kredit zu Lasten des Budgets des Innenministeriums aufgefüllt. Die Dotierung des Fonds ist – vor allem über die Beteiligung an Mehrwert- und Einkommenssteuer – stark vom Konjunkturverlauf geprägt.
Die Zahlungen des Fonds an die einzelnen Gemeinden richten sich nach mehreren Kriterien. Zunächst wird jeder Gemeinde ein Fixbetrag pro Mitglied im Gemeinderat gewährt (zählt der Gemeinderat mehr als sieben Mitglieder, erhalten sie einen Zusatzbetrag). Der Rest der Fondsmittel wird dann zu 65 Prozent nach dem Bevölkerungsanteil der Gemeinde, zu 20 Prozent nach einem Kriterium der Bevölkerungsdichte, zu 9,75 Prozent nach der lokalen Verteilung der Bemessungsgrundlage der Grundsteuer A (Land- und Forstwirtschaft) und zu 5,25 nach einem Grünflächenfaktor (Verhältnis der Gemeindefläche zur Fläche, die land- und forstwirtschaftlich genutzt wird) verteilt. Nach dieser staatlichen Mittelverteilung steht an der Spitze der Finanzkraft nun die Stadt Luxemburg mit 312 Prozent des Durchschnittsaufkommens, gefolgt von Niederanven mit knapp 300 Prozent. Den niedrigsten Wert weist Sandweiler mit 148 Prozent des durchschnittlichen Ausgangswertes auf. Alle Gemeinden liegen nunmehr über dem ursprünglichen Durchschnitt.
Für ein kommunales Einnahmen- beziehungsweise Finanzsystem gibt es in der Praxis viele unterschiedliche Beispiele – ein generelles Referenzmodell nicht. Eine Art Best Practice aus Vergleichen anderer Länder zu bestimmen, ist angesichts jeweils unterschiedlicher Ziele, Aufgaben und Finanzierungsstrukturen bei heterogener verfassungsrechtlicher Ausgangslage und sonstigen divergierenden Rahmenbedingungen für das Finanzsystem oder gar für einzelne Kommunalsteuern nicht sinnvoll. Auch die Europäische Charta der kommunalen Selbstverwaltung bietet keinen eindeutigen Maßstab für eine konkrete Kommunalbesteuerung oder -finanzierung. Sie enthält aber in Art. 9 einen umfassenden, wenngleich recht allgemeinen Forderungskatalog: Die Gemeinden haben Anspruch auf eine angemessene Eigenmittelausstattung, über die sie frei verfügen können. Diese soll zumindest teilweise aus kommunalen Steuern und Gebühren stammen, bei denen die Gemeinden den Steuer- beziehungsweise Hebesatz festlegen können. Die Quellen müssen sich in ihrer Ergiebigkeit der Entwicklung kommunaler Ausgaben beziehungsweise Kosten dynamisch anpassen; das heißt unter anderem auch, dass sie dem allgemeinen Wachstum folgen, aber nicht stark konjunkturreagibel sein sollen. Ein Finanzausgleich muss den Schutz der finanzschwachen Gemeinden gewährleisten, allerdings ohne dabei ihre Entscheidungsfreiheit und die der anderen Gemeinden zu schwächen. Vor allem soll dabei nicht die Freiheit der einzelnen Gemeinden zur selbständigen Politik nach den lokalen Präferenzen beeinträchtigt werden. Die Charta greift insoweit wesentliche Kriterien auf, die von der Finanzwissenschaft für ein gutes kommunales Finanzsystem entwickelt wurden, das der Deckung differenzierter kommunaler Bedarfe dient. Die wissenschaftlichen Anforderungen greifen aber noch ein wenig darüber hinaus:
Unter Effizienz- und Anreizaspekten soll nach herrschender Auffassung die Äquivalenzfinanzierung in verschiedenen Formen eine wichtige Rolle spielen. Das betrifft zum einen Gebühren und Beiträge für konkret zurechenbare, von einzelnen oder Gruppen in Anspruch genommene Leistungen. Darüber hinaus soll der Gedanke des gemeindeinternen ökonomischen und politischen Interessenausgleichs die Finanzierungsstruktur prägen: Die wichtigsten Gruppierungen in einer Gemeinde, die ihre unterschiedlichen Vorstellungen über prioritäre Planungen, Kommunalleistungen und Infrastrukturen politisch durchzusetzen versuchen, bestimmen so auch Höhe und Struktur der kommunalen Ausgaben beziehungsweise Kosten mit. Dementsprechend sollen sie auch zu angemessenen Finanzierungsbeiträgen verpflichtet werden können. Dabei soll vor allem ein Ausgleich der Interessen von „Wohnen“, also der Wohnbevölkerung, und „Produzieren“, also den Gewerbetreibenden, innerhalb der Gemeinde vorgenommen werden. Es wird aber auch die Einbeziehung der Grundeigentümer als besondere Gruppe erwogen, der viele kommunale Leistungen zugutekommen. Daher wird zumindest jeweils eine Kommunalsteuer postuliert, die an der örtlichen Produktion beziehungsweise Wertschöpfung und bei der Wohnbevölkerung (den Einwohnern) anknüpft. Die Grundsteuer könnte dann als spezielle Belastung der Grundstückseigentümer angesehen werden.
Die Umsetzung des Prinzips des Interessenausgleichs soll auch dazu dienen, das Interesse der Gemeinde an der Entwicklung und Pflege der einzelnen Gruppierungen aufrecht zu erhalten. Sie soll einen Anreiz behalten, zum einen Unternehmen in der Gemeinde anzusiedeln, Arbeitsplätze zu schaffen und die dafür notwendige Infrastruktur bereitzustellen. Zum anderen soll das Interesse aufrechterhalten bleiben, den Ort für die Wohnbevölkerung attraktiv zu entwickeln, neuen Wohnraum zu schaffen, die haushaltsnahe Infrastruktur auszubauen und Freiflächen vorzuhalten. Da es dabei um typische Konfliktkonstellationen geht, kann ein ausgewogenes Kommunalsteuersystem den politischen Interessenausgleich unterstützen.
Das Gesamtsystem muss auch für einen Ausgleich interkommunaler externer Effekte sorgen – also den externen Interessenausgleich zwischen den Gemeinden herstellen. Solche Effekte sind umso bedeutender, je größer die Unterschiede in der Gemeindegröße sind, je schneller die Entfernung zwischen größeren Zentren und kleineren (Umland-)Gemeinden überbrückt werden kann und je stärker solche Spill-overs von Landesplanung und Raumordnung beabsichtigt sind. Dies alles kann dazu führen, dass öffentliche Leistungen einzelner Gemeinden auch und zwar in starkem Maße von Einwohnern anderer Gemeinden in Anspruch genommen werden. So zum Beispiel bei Schwimmbädern, kulturellen Angeboten, aber auch bei Erholungs- und Freizeitangeboten auf Naturflächen. Würden die dafür anfallenden Kosten allein von den Einwohnern der jeweiligen „Standortgemeinde“ finanziert, wäre der Grundgedanke äquivalenter Finanzierung verletzt. Denn diese müssten für die Einwohner in den „Nutzergemeinden“ mitbezahlen. Andererseits werden in Gemeinden auch negative Folgen für andere Gemeinden produziert, die dort zu Schäden beziehungsweise Lasten führen: Die Ansiedlung von emittierenden Betrieben kann sich zum Beispiel auf die Belastung der Wohnbevölkerung anderer Gemeinden auswirken. Die Ansiedlung neuer Einwohner durch Ausweisung neuer Wohngebiete ohne gleichzeitige Schaffung von Arbeitsplätzen „vor Ort“ ruft Verkehrsbelastungen in anderen Gemeinden hervor und so weiter. Diese Effekte des Angebotes öffentlicher Leistungen und insbesondere die überörtlichen Effekte der Hauptstadt auf die Gesamtbevölkerung lassen sich nicht angemessen in den kommunalen Steuern berücksichtigen – sie müssen Gegenstand eines Finanzausgleichssystems sein.
Auch wenn die Steuer- und Belastungsstruktur an groben gruppenbezogenen Kompensations- beziehungsweise Äquivalenzkriterien orientiert wird, muss die von den Kommunalsteuern hervorgerufene Belastung der einzelnen Steuerpflichtigen dem Leistungsfähigkeitsprinzip genügen – ebenso den übrigen steuerrechtlichen Prinzipien. Bei annähernd gleichen kommunalen Bedarfslagen darf die räumliche Streuung des Steueraufkommens pro Kopf nicht zu stark sein. Und schließlich – die kommunalen Handlungsparameter im (Ausgaben- wie im) Einnahmensystem dürfen die staatlichen Gestaltungs- und Steuerungsaufgaben nicht konterkarieren.
Vor diesem Hintergrund und Anforderungsprofil kann man im Luxemburger System einige fundamentale Schwächen ausmachen: In systematischer Sicht besteht das zentrale Problem des kommunalen Finanzsystems darin, dass die Gemeinden keine hinreichenden eigenen Handlungsparameter in der Hand haben, um die für ihre eigenen Aufgaben benötigten Mittel in autonomer Entscheidung nach den jeweiligen örtlichen Gegebenheiten angemessen und äquivalent den natürlichen und juristischen Personen anzulasten, die die Kosten verursachen oder von den Leistungen profitieren. Das Prinzip des Interessenausgleichs kann daher nicht gewahrt werden. Die Kommunalsteuern sind in ihrer Struktur völlig unausgewogen und angesichts fehlender, überholter und löchriger staatlicher Rechtsvorschriften nicht dazu geeignet, Betriebe, Einwohner und Grundstückseigentümer angemessen an der Finanzierung zu beteiligen. Die Wohnbevölkerung kann als Bedarfsträger direkt kaum belastet werden – es fehlt eine echte Einwohnersteuer. Die Grundsteuer kann diese Aufgabe nicht erfüllen. Sie funktioniert nach einem völlig antiquierten Maßstab, entspricht nicht dem Leistungsfähigkeitsprinzip und hat mit einem Aufkommensanteil unter fünf Prozent eher Bagatellsteuer-Charakter. Die Gewerbesteuer lässt viele Wertschöpfungsbereiche unbesteuert, führt also nicht zu einem fairen Ausgleich innerhalb des produktiven Sektors. Dieser nur partiell erfasste Bereich zahlt aber über die Gewerbesteuer etwa 90 Prozent der Kommunalsteuern – zudem Beiträge über die Grundsteuer.
Auch wenn die Einnahmeentwicklung der Gemeinden insgesamt dank der Zuweisungen aus dem FCDF in etwa parallel zu derjenigen des Staates verläuft – ihre Finanzautonomie ist deutlich schwächer geworden. Die eigene Steuerbasis ist im Vergleich zu den staatlichen Steuereinnahmen geschrumpft. Und echte Erhebungsautonomie genießen die Gemeinden ausgerechnet nur bei der Grundsteuer, die in ihrer gegenwärtigen Struktur aus der Zeit gefallen zu sein scheint und nicht zuletzt deswegen nur 0,3 Prozent zum öffentlichen beziehungsweise fünf Prozent zum kommunalen Steueraufkommen beiträgt. Hier können die Gemeinden immerhin über die Hebesätze das Aufkommen bestimmen. Und das so erzielte Aufkommen fließt den Gemeinden dann auch unmittelbar zu. Bei der Gewerbesteuer sieht das ganz anders aus. Die einzelnen Gemeinden haben zwar das Hebesatzrecht. Ihre Autonomie besteht aber nur auf dem Papier. Das Aufkommen wird nämlich über den Ausgleichstopf des Fonds Commun radikal umverteilt. Beim weitaus größten Block der kommunalen Steuereinnahmen ist die Gemeinde dadurch von den Kalkülen aller anderen Gemeinden abhängig und von deren Reaktion auf die Anreizmuster des Ausgleichssystems. Leicht vereinfachend formuliert: Die einzelgemeindlichen Einnahmen hängen letztlich von der Hebesatzstrategie und der Wirtschaftspolitik der Stadt Luxemburg und einiger anderer „Geber-Gemeinden“ ab. Neben Luxemburg weisen nämlich nur noch sechs weitere Gemeinden eine über dem Landesdurchschnitt liegende Gewerbesteuer-Finanzkraft pro Einwohner auf. Dies sind auch die einzigen „Geber-Gemeinden“. Alle übrigen Gemeinden erhalten Mittel aus diesem Aufkommen. Die Stadt Luxemburg trägt allein 93 Prozent zu der insgesamt umverteilten Finanzmasse bei. Das motiviert zu strategischem Verhalten. Der mit dem Hebesatzrecht verbundene Gedanke kommunaler Finanzautonomie wird insoweit ad absurdum geführt.
Bei der Gewerbesteuer, die den weitaus überwiegenden Teil des kommunalen Steueraufkommens bereitstellt, streuen die steuerlichen Bemessungsgrundlagen und das originäre Steueraufkommen pro Kopf viel zu stark für eine „gute“ Gemeindesteuer. Die wenigen „reichen“ Gemeinden weisen dabei etwa das Zweitausendfache des originären Pro-Kopf-Aufkommens der ärmsten Gemeinden auf. Derartige Diskrepanzen werden nicht zuletzt dadurch hervorgerufen und verstärkt, dass die Gewerbesteuer nur einen Teil der potentiellen Bemessungsgrundlagen und Steuerpflichtigen erfasst.
Die extreme Streuung macht einen umverteilungsintensiven Gewerbesteuerausgleich erforderlich, der dann zu partiellen Übernivellierungen der Ausgangsunterschiede führt: Die Umverteilung durch den Fonds Commun bewirkt unter anderem, dass Gemeinden mit ursprünglich überdurchschnittlichem Aufkommen anschließend nur noch über unterdurchschnittliche Pro-Kopf-Einnahmen verfügen (Beispiel Schuttrange). Und auch die Rangfolge der Gemeinden nach ihrer Finanzkraft pro Einwohner wird verändert. Am unteren Ende, wo vor dem Ausgleich Boulaide und Waldbillig das Schlusslicht bildeten, rangieren diese nun zum Beispiel vor Neunhausen – typische Symptome der Übernivellierung und klare Verstöße gegen einen gerechten und anreizverträglichen Ausgleichsmechanismus. Am augenfälligsten wird der Systemmangel am Beispiel von Schuttrange, das 2011 für einen im Grenzbereich zusätzlich originär erwirtschafteten Euro an Gewerbesteuer 1,90 Euro an den Fonds hätte abführen müssen. Ausgleichs- und Anreizmechanismen geraten so in ein starkes Spannungsverhältnis: Je stärker umverteilt wird, desto mehr sind die Kommunen zwar in der Lage, allen Bürgern ein durchschnittliches Niveau kommunaler Leistungen anzubieten. Gleichzeitig sinkt jedoch mit dem Grad der Umverteilung der Anreiz, sich um eigenes originäres Aufkommen zu kümmern. Gemeinden mit unterdurchschnittlichem Aufkommen brauchen dies nicht, da sie ohnehin Mittel zugewiesen bekommen, und zusätzlich generierte Aufkommen mindert ihren Zuteilungsanteil. Für Gemeinden mit überdurchschnittlichem Aufkommen ist der Anreiz geringer, da sie von jedem durch Eigeninitiative zusätzlich erwirtschaftetem Euro einen immer größeren Teil abgeben müssen.
Die absolute und relative Finanzposition der Einzelgemeinde wird schließlich vom FCDF bestimmt. Für nahezu alle Gemeinden ergeben sich danach höhere verfügbare Pro-Kopf-Einnahmen als zuvor aus dem originären Aufkommen der kommunalen Steuern. Den höchsten absoluten Zuwachs erzielte 2011 übrigens eine der kleinsten Gemeinden – Consthum – mit über 3 300 Euro pro Kopf. Aber es gibt mit Niederanven, Luxemburg und Betzdorf auch drei Gemeinden, die letztlich eine geringere Finanzkraft pro Kopf aufweisen als ursprünglich aus der Summe ihrer Aufkommen aus Grund- und Gewerbesteuer vor jeglicher Umverteilung. Nach der Mittelverteilung durch den FCDF zeigt sich zudem eine Änderung in der Rangfolge der Gemeinden nach ihrer Finanzkraft pro Kopf. Luxemburg-Stadt rangiert nun – anders als im originären Aufkommen und nach dem Gewerbesteuerausgleich – vor Niederanven und weist den höchsten Wert auf, Sandweiler den niedrigsten. Auch dies ist ein Verstoß gegen die Spielregeln des Finanzausgleichs.
Die Schwächen des staatlich organisierten Finanzausgleichs liegen vor allem darin begründet, dass sich die Umverteilungstechnik praktisch ausschließlich des Einwohnerkriteriums und mit ihm stark korrelierter Kriterien bedient – sowohl im FC als auch im FCDF. Diese Fixierung auf die Pro-Kopf-Einnahmen ist jedoch nur sinnvoll, wenn davon ausgegangen werden kann, dass auch die Bedarfe pro Kopf über die Gemeinden hinweg weitgehend identisch sind. Das ist jedoch keineswegs der Fall. Weder die gewachsenen Strukturen noch die landesplanerischen Funktionsdifferenzierungen mit ihren räumlichen „Überschwappeffekten“ auf andere Gemeinden, vor allem differenzierte Umweltleistungen und -belastungen machen eine Bedarfsgleichheit pro Einwohner plausibel. Leider gibt es jedoch in Luxemburg keine Datengrundlage, auf die sich ein besseres bedarfsorientiertes System stützen könnte. So bleiben aufgrund der Dominanz der Einwohnergewichtung örtliche Struktur- und Kostenunterschiede unberücksichtigt. Das System taugt mithin auch nicht dazu, den externen Interessenausgleich wahrzunehmen und die einzelnen Gemeinden für die von ihnen erzeugten überörtlichen Leistungen und Schäden zu kompensieren.
Auch wenn die Luxemburger Gemeinden im Rahmen ihrer ordentlichen Haushaltsführung durchaus über einen beachtlichen Anteil von nicht zweckgebundenen Finanzmitteln disponieren können, ist es insgesamt um ihre Finanzautonomie nicht besonders gut bestellt. Das kommunale Finanzsystem ist dringend reformbedürftig – darüber ist man sich weitgehend einig. Was noch zu fehlen scheint, ist ein Konsens über die Reformperspektive. Zwar sind die meisten Reformmöglichkeiten und ihre technischen Ansätze in Regierungskonzepten, Orientierungsdebatten und kommunalen wie wirtschaftlichen Verbandsstellungnahmen erörtert worden. Auf einige Kernfragen hat man aber wohl noch keine eindeutigen Antworten gefunden: Sollen und wollen die Gemeinden mehr Eigenverantwortung bei der Gestaltung ihrer Ausgaben und Einnahmen, damit auch mehr Risiken übernehmen und dann auch für die zur Finanzierung erforderliche Verteilung der Abgabenlasten auf ihre Einwohner, Gewerbebetriebe und Grundeigentümer politisch gerade stehen? Oder fühlen sie sich letztlich am goldenen Finanzzügel des Zentralstaats doch wohler und wollen dafür sogar auf Teile ihrer Autonomie, die sie auch in den interkommunalen Wettbewerb stellt, verzichten? Es muss also die Frage geklärt werden, welchen Stellenwert eine Dezentralisierung mit eigenständiger Kommunalpolitik und den damit verbundenen Möglichkeiten zur Konkurrenz und zu Unterschieden in der örtlichen Aufgabenwahrnehmung überhaupt im Rahmen der öffentlichen Gesamtaufgaben haben soll. Dabei muss abgewogen werden zwischen örtlicher Nähe zu den Präferenzen der Bürger und zentraler Verantwortung für gesamtgesellschaftliche Steuerung, Kosteneffizienz der öffentlichen Leistungserstellung, Regulierung räumlicher und ökologischer Effekte und Verteilungs- sowie Stabilisierungsanforderungen. Für Luxemburg als flächenmäßig kleines Land geht es ganz praktisch darum, ob kommunale Leistungen höchst unterschiedlich in örtlicher Verantwortung oder möglichst einheitlich ohne Ortsunterschiede verfügbar sein sollen – einheitlich in der Art und Qualität und in der Kosten-Preisdimension über das gesamte Großherzogtum, ohne Bürgermeisterkonkurrenz, mit zentralen Vorgaben unter Berücksichtigung räumlich-struktureller Sonderaufgaben.
Rückt man die Einheitlichkeit in den Vordergrund, dann braucht man eigentlich nur ein in administrativer Hinsicht gut funktionierendes Kommunalsystem und ein gutes Zuweisungssystem mit vertikaler Kostenerstattung. Parameter kommunaldemokratischer Einnahmenbestimmung sind dann nicht von Bedeutung. Insofern könnte man auch überlegen, ob Gewerbe- und Grundsteuer nicht direkt zentral erhoben und dann ihr Aufkommen nach Bedarfs- beziehungsweise Kostenschlüsseln auf die Gemeinden verteilt werden sollten.
Will man dagegen eine kommunale Gemeinschaft mit eigener Dynamik und originär an lokalen Präferenzen orientierte Lösungen mit entsprechender Konkurrenz und Unterschieden bei Qualität und Preisen der gemeindlichen Leistungsproduktion in den Vordergrund rücken, dann muss man die eigene kommunale Steuerbasis stärken und die Anreize sowie Einnahme- beziehungsweise Steuerarten auf die kommunalen Strukturen hin optimieren. Um die Effizienzvorteile der Dezentralität zu nutzen, sollte man allerdings vorher Territorial- und Funktionalreform zu Ende bringen. Zudem müssen Kontrollmechanismen ausgebaut werden, um die Koordination im Hinblick auf übergeordnete Ziele und zur Internalisierung externer Effekte zu gewährleisten. Im Fokus einer Reformdiskussion, die es sich zum Ziel setzt, die dezentralen Kräfte in kommunaler Autonomie durch ein dauerhaft ergiebiges Finanzsystem zu stärken und die Grundlagen zu verbessern, die eine interessenäquivalente Besteuerung der relevanten Gruppen in einer Gemeinde sicherzustellen, müsste eine Reform von Grund- und Gewerbesteuer sowie die Einführung einer Einwohnersteuer stehen. Anpassungen im Finanzausgleichssystem sind dann die notwendige Folge.
Vieles wird bei den Reformbemühungen davon abhängen, ob es gelingt, die Grundsteuer zu einer starken Finanzierungsquelle mit Äquivalenzcharakter zu machen. Sie kann durch Annäherung ihrer bisherigen Bemessungsgrundlage „Einheitswert“ an aktuellere Boden- beziehungsweise Grundstückswerte ergiebiger ausgestaltet werden. Zudem kann man der Grundsteuer durch Mindesthebesätze mehr Gewicht verleihen. Eine Stärkung der Grundsteuereinnahmen hätte einerseits einen verstetigenden Effekt für die Kommunalfinanzen, da sie eine unelastische Steuerquelle belastet, der kaum auszuweichen ist. Andererseits eröffnet ein höheres Aufkommen aus der reformierten Grundsteuer Spielräume für eine ausgewogenere Belastungsstruktur zwischen Wirtschafts-, Einwohner- und Grundeigentümer-Gruppen.
Als zweiter Pfeiler – nämlich als Einwohnersteuer – kommt insbesondere eine steuerliche Belastung der Einkommen aller in der Gemeinde ansässigen Einwohner beziehungsweise natürlichen Personen in Betracht. Entweder in der Form eines bestimmten Steuersatzes auf das staatlicherseits bereits festgestellte zu versteuernde Einkommen. Oder in Form eines Zuschlages auf das örtliche Einkommensteueraufkommen des Staates. Den ersten Ansatz verfolgt man zum Beispiel in der Schweiz: Dort erheben die Gemeinden ihre Steuer zumeist von der gleichen Bemessungsgrundlage und auf der Basis desselben Tarifs wie der jeweilige Kanton, und zwar als Vielfaches des kantonalen Grundtarifes. Zusätzlich wird von natürlichen Personen auch noch eine kommunale Vermögensteuer erhoben. Auch in den meisten skandinavischen Ländern, wo die Einkommensteuer die wichtigste kommunale Finanzierungsbasis darstellt, setzen die Gemeinden einen proportionalen Steuersatz auf alle erfassten Einkunftsarten selbst fest, wobei dieser innerhalb von staatlich fixierten Höchst- und Mindestgrenzen liegen muss. Die zweite Variante mit kommunalen Zuschlagssätzen auf das jeweilige örtliche Einkommensteueraufkommen des Staates wird zum Beispiel in Belgien praktiziert. Solche Beispiele zeigen zunächst einmal, dass kommunale Einwohnersteuern in der Form von Einkommensteuern praktikabel sind. Wenn man in Luxemburg an eine derartige Besteuerungsform im Rahmen der „réforme globale“ denkt, so müsste man allerdings zuvor die administrativen Kosten der unterschiedlichen Modelle, ihre räumlichen Aufkommensstreuungen und Finanzkraftverlagerungen sorgfältig analysieren. Auch werden wahrscheinlich Anpassungen im FCDF notwendig. Selbst wenn die staatlichen Einkommensteuereinnahmen nicht unmittelbar in den Fonds fließen, so bestimmen sie doch die jährlich festzusetzende Höhe der Fondsausschüttungen mit.
Empirisch-analytische Vorklärungen sind auch erforderlich, wenn man sich an die systemkonforme Ausgestaltung einer Steuer auf die örtliche Wirtschaft heranmacht, also Änderung oder Ersatz für das Problemkind „Gewerbesteuer“ vorsieht. Die Gewerbesteuer könnte durch Ausweitung des Kreises der Steuerpflichtigen sowie durch Erweiterung der steuerlichen Bemessungsgrundlage auf eine breitere Basis gestellt oder durch eine andere Steuer ersetzt werden, die den Produktions- oder Wertschöpfungsbereich in einer Gemeinde möglichst vollständig erfasst und adäquat belastet. Auch die Gewerbesteuer selbst bietet interne Reformoptionen: Die Steuerbasis kann erweitert werden, indem Freibeträge abgeschafft und weitere Komponenten der Wertschöpfung beziehungsweise Berufsgruppen (Freiberufler, Land- und Forstwirte) steuerpflichtig gemacht werden. Durch die Einbeziehung von kontraktgebundenen Größen wie Leasingraten, Mieten, Pachten und Fremdkapitalzinsen in die Bemessungsgrundlage könnte zugleich die Konjunkturreagibilität verringert werden. Und es wäre dann möglich, die kommunalen Hebesätze zu verringern. So könnte die Steuer besser dazu beitragen, das Prinzip des Interessenausgleichs umzusetzen. In diesem Zusammenhang ist sicherlich auch der Gewerbesteuerausgleich durch Änderungen an den Kriterien beziehungsweise Schwellenwerten zu modifizieren. Technische Reformparameter gibt es genug – die BCL hat in ihrer Radiographie des finances communales bereits einige Konsequenzen solcher Änderungen simuliert.
Als Alternative zu einer solchen „Revitalisierung“ kommt die auch in Deutschland immer wieder diskutierte Abschaffung der Gewerbesteuer und die Einführung einer neuen Wirtschafts-, Betriebs- oder Wertschöpfungssteuer in Frage, unter anderem auch ein Zuschlagsrecht der Kommunen auf das örtliche Körperschaftssteueraufkommen. Sie ist vor allem dann diskussionswürdig, wenn man bei der Einführung einer Einwohnersteuer für einen Einkommenssteuerzuschlag optiert und ihn dann durch den Zuschlag auf die Gewinne von Körperschaften ergänzt. Ob das für Luxemburg eine viel versprechende Reformperspektive sein kann, ist allerdings fraglich. Zumindest wenn man das Gewerbesteueraufkommen durch einen Körperschaftssteuerzuschlag ersetzen wollte, müsste man extrem hohe Zuschlagssätze vorsehen. Auch schwankt die Körperschaftssteuer meist sogar stärker im Konjunkturzyklus als die Gewerbesteuer. Viele Schwächen der Gewerbesteuer können somit durch einen Zuschlag auf die Körperschaftssteuer nicht wirklich gemildert werden. Solange man nicht eine „große Lösung“ mit Niveau- und Strukturreform bei der Grundsteuer und einer neuen Einwohnersteuer anstrebt, die den Finanzierungsbedarf über die unternehmensbezogene Kommunalsteuer deutlich reduzieren kann, spricht daher Vieles für eine Beibehaltung und Verbesserung der Gewerbesteuer. Allerdings dürften selbst solche Verbesserungen Utopie bleiben. Schließlich hat die Regierung bereits verkündet, dass sie an der Unternehmensbesteuerung nichts ändern will.
Auch ein reformiertes Kommunalsteuersystem wird nicht ohne ergänzende vertikale Ausgleichszuweisungen des Staates auskommen. Sein Niveau und seine notwendige Ausgleichsintensität können allerdings nur unter Berücksichtigung der steuerlichen Reformumsetzung in Verbindung mit Territorial- und Funktionalreform vernünftig geplant werden. Unbestreitbar ist, dass sich das künftige System des FCDF verstärkt dem externen Interessenausgleich zwischen den Gemeinden widmen muss. Dazu müssten bei der staatlichen Mittelvergabe Kriterien für unterschiedliche Bedarfe aus landesplanerischen beziehungsweise zentralörtlichen Funktionen und für kommunalübergreifende Umwelteffekte ein erheblich stärkeres Gewicht erhalten.
Nun sollte man nicht davon ausgehen, dass eine systematisch angelegte Gesamtreform des Systems anstünde oder erreichbar sei. Politische Opportunität und Durchsetzbarkeit werden das Reformgeschehen schnell verengen. Die Interessengegensätze und Betroffenheiten müssen schließlich ausbalanciert werden. Das befreit eine Regierungskoalition aber nicht davon, ein Sollbild von einem besseren kommunalen Finanzsystem zu entwerfen. Und es müssen die Konflikte sowie die Haupt- und Nebenwirkungen ihrer Maßnahmenvorschläge deutlich benannt werden – eine solche Transparenz ist sowohl für Politiker als auch für Bürger unerlässlich. Dazu wiederum bedarf es allerdings einer wesentlich besseren Informationsgrundlage. Bislang fehlen an allen Ecken und Enden kommunalscharfe ausgaben- und einnahmenrelevante Daten, vor allem gibt es keinen Einstieg in die schwierige Approximierung von kommunalen Bedarfen. Reformen, die ohne hinreichende Informationsbasis angegangen werden, laufen indes meistens in die falsche Richtung.