Gehälterrevion im öffentlichen Dienst

Panikwort

d'Lëtzebuerger Land vom 06.03.2008

Auf den ersten Blick scheint es nur ein weiteres Anzeichen des na­henden Wahltermins zu sein, dass eine seit Jahren vergessene Vokabel wieder im politischen Sprachgebrauch auftaucht: die allgemeine Gehälterrevision. Obwohl die goldenen Zeiten längst vorüber sind, als der Staat alle zehn Jahre die Gehälterstruktur seiner Beamten überprüfte und so anpasste, dass es den meisten besser ging. Diejenigen, denen es danach nicht besser ging, wurden als Härtefälle für die nächste Revision vorgemerkt.

Doch inzwischen hat sich die materielle Lage der Beamten wesentlich verbessert, eine neoliberale Ideologie begann, den öffentlichen Dienst als eine pathologische Variante der Privatwirtschaft darzustellen, Ziel jeder Finanzpolitik wurde die Senkung der Staatsquote, und eine Partei schaffte mit blankem Neid auf die Beamtenschaft sogar den Durchmarsch bis zum Krautmarkt. So wurde „Gehälterrevision“ zu einem Panikwort, das kein Politiker mehr in den Mund zu nehmen sich traut. Auch weil Berufsverbände eine Revision mit Ansprüchen auf die vergangenes Jahr überraschend hohen Staatseinnahmen begründen. Doch anders als in der Privatwirtschaft entstehen die Staatseinnahmen weniger aus der Produktivität der Beschäftigten als aus Zwangsabgaben von Drittpersonen, Steuerzahler genannt.

Da die letzte allgemeine Gehälter­revision aber vor über 20 Jahren stattfand, kann es auch objektive Grün­de für eine neue Gehälterrevision geben: Seit 1986, als noch nie­mand an E-Mail und Handy dachte, sind beim Staat, in den Gemeinden und in parastaatlichen Bereichen neue Berufe, neue Arbeitsweisen, neue Qualifikationen, neue akademische Abschlüsse und ein wachsendes Heer nicht verbeamteter Be­diensteter entstanden. Ihre Besoldung führte im Vergleich untereinander und zu anderen Laufbahnen über die Jahre hinweg zu Verwerfungen und Verzerrungen in der Gehältertabelle.

Deshalb arbeitet eine bereits 2002 von CSV und DP beschlossene Beamtenkommission an Vorschlägen für eine Gehälterrevision. Der derzeitige Minister des öffentlichen Dienstes, Claude Wiseler, hatte die Vorschlagsliste bereits für 2005 versprochen. Doch im Oktober gab der Ministerrat der Kommission neue Anweisungen, was sie noch alles studieren soll. Dieser Beschluss der Regierung scheint so brisant gewesen zu sein, dass er nicht einmal im Kommuniqué über die Arbeiten des Ministerrats erwähnt wurde. Denn mehr noch als Gehälterabkommen werden Gehälterrevisionen als ein Staatsgeheimnis behandelt.

Aber mit der Forderung nach Gehaltserhöhungen im Bildungs- und Sozialbereich, wo die CGFP kein Quasi-Monopol hat, wurde der Konflikt nun in die Öffentlichkeit getragen. Um ihre Hegemonie zu verteidigen, verlangte die Resolution der CGFP-Vorständekonferenz erstmals in dieser Legislaturperiode im Dezember eine allgemeine Gehälterrevision, und die Exekutive der Gewerkschaft schickte vergangene Woche gleich noch eine entsprechende Pressemitteilung nach. 

Natürlich hat die CGFP auch Angst, bis zu den Wahlen hingehalten zu werden. Denn die politische Generallinie heißt, dass nichts gegen eine Gehälterrevision einzuwenden ist, so lange sie nichts kostet. Schließlich sollen der Staat und vor allem der öffentliche Dienst nicht teurer, sondern billiger werden. Deshalb müht sich die Regierung nun ab, Zeit zu schinden, um bis zum Wahlgang nächstes Jahr durchzuhalten. Für Minister Wiseler könnten die nächsten 15 Monate lang werden.

Romain Hilgert
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