Am nächsten Mittwoch kommt der parlamentarische Ausschuss für den öffentlichen Dienst, die Verwaltungsreform, die Medien und dieKommunikation zusammen, um schnellstens mit dem StudiumeinesGesetzentwurfs zu beginnen, der erst am vergangenen Freitag in derKammer deponiert wurde. Unter dem Vorsitz des gegenüber Gehälterabkommen allgemein skeptisch eingestellten CSV-Deputierten Lucien Thiel sollen die elf Abgeordnetenden Entwurf über die Umsetzung einzelner Bestimmungen desGehälterabkommens vom 5. Juli 2007 im öffentlichen Dienst zurKenntnis nehmen und einen Berichterstatter ernennen, der umgehend ein Gutachten verfassen soll.
Die Eile hat ihren Grund: Die parlamentarische Session wird verfassungsgemäß erst am 9. Oktober eröffnet, das Gesetz soll aber schon am 1. November in Kraft treten. Denn das vonMinister ClaudeWiseler und der Staatsbeamtengewerkschaft CGFP im Juli unterzeichnete Gehälterabkommen gilt eigentlich für die Jahre 2007 bis 2009. Für das laufende Jahr wurde die Auszahlung einer einmaligen Prämie in Höhe von 0,9 Prozent des Gehalts abgemacht,die mit dem Dezembergehalt überwiesen werden soll. Weil im öffentlichen Dienst aber die Gehälter im Voraus gezahlt werden,muss die Überweisung bereits um den 20. November erfolgen, dieVerwaltung die notwendigen Berechnungen und Zahlungsprozeduren Anfang November beginnen. Da in der letzten Oktoberwoche Schulferien sind, muss das Parlament in seiner Sitzungswoche vom 23. bis 25.Oktober das Gesetz verabschieden,der Staatsrat umgehend auf eine zweite Lesung verzichten und der Großherzog den Text schnellstens für die Veröffentlichung im Memorial unterzeichnen.
Berufskammernund Staatsrat bleibt weniger als ein Monat, um denGesetzentwurf zu begutachten. Um Zeit zu gewinnen und keine gesetzgeberischen Risiken einzugehen, soll das Gesetz nur die Gehaltserhöhungen regeln; die anderen Bestimmungen des Gehälterabkommens einschließlich der ab 2008 gültigen neuen Urlaubsregelung sollen in ein späteresGesetz gepackt werden. Im Grunde wird die Eile deshalb nötig, weil Regierung und CGFP die eigentlichen Verhandlungen über das ab Januar 2007 gültigeAbkommen erst im Januar 2007 begannen und sieben Monate späterunterzeichneten. Deshalb muss ein Teil des Gesetzes sogar rückwirkend zum 1. Januar in Kraft treten, damit die Prämie der seit diesem Datum inden Dienst getretenen Beamten ordnungsgemäß proratisiert werden kann.
Entsprechend muss auch der im vergangenen Dezember verabschiedete Staatshaushalt für 2007 nachträglich ergänzt werden, um die staatlichen Mehrausgaben für die Gehälter der Beamten, Angestellten, Arbeiter, die Beschäftigten konventionierter Betriebe sowie von Gemeinde- und Eisenbahnbeamten zu verbuchen. Die einmalige Prämie dieses Jahrs, die nicht auf die Pensionen angerechnet wird, kostet den Staat 17,4 Millionen Euro, einViertel der Gesamtkosten des über drei Jahre laufenden Gehälterabkommens.
Politischer Widerstand ist jedenfalls nicht zu erwarten, wenn der Minister für den öffentlichen Dienst, Claude Wiseler (CSV), das Gehältergesetz im Laufschritt durch die Instanzen bringt. Denn keine Partei will es mit Zehntausenden von wahlberechtigten Familien verderben, die ihr Brot aus der öffentlichen Hand erhalten. Selbst die traditionell beamtenfeindliche ADR lehnte das Gehälterabkommen im Juli nicht mehr ab, sondern begrüßte vielmehr, dass auf die in der Tripartite vor einem Jahr angekündigte Nullrunde verzichtet worden sei, so dass auch alle anderen Sparmaßnahmen des Tripartite-Abkommens abgeschafft gehörten.
Auf diesem Punkt wird sich die Regierung dann auch wohl die Kritiken und den Spott der Unternehmerkammern, der Oppositionsparteien und auch einzelner christlich-sozialer Abgeordneter gefallen lassen müssen. Denn im Tripartite-Abkommen vom 28. April 2006 geht die Rede von einer „pause dans les augmentations salariales pour les années 2007 et 2008“ für den öffentlichen Dienst. Deshalb versucht die Regierung klarzu machen, dass die abgemachten einmaligen Prämien keine Gehaltserhöhungen seien und die geplante Punktwerterhöhung erst 2009 vorgenommen wird. Zudem schreibt sie im Motivenbericht zu ihrem Gesetzentwurf, dass das WirtschaftswachstumvergangenesJahr 6,2 Prozent betragen habe, die Wirtschaft also so schnell wachse wie vor dem Platzen der Internetblase und seit Ende der Neunzigerjahre nicht mehr.
Aber mit solchen Feststellungen brockt sich die Regierungsmehrheitauch neue Scherereien ein. Denn acht Wochen nach der Verabschiedung des Gehälterabkommens soll sie den Entwurf des Staatshaushalts für 2008 stimmen und die Konjunktur klein reden, um Sparmaßnahmen zu rechtfertigen. Aber sie hat immerhin einen schwachen Trost: Auch die Minister, Abgeordneten und Staatsräte treten in der Genuss der einmaligen Prämien für 2007 und 2008 sowie der 1,5-prozentigen Punktwerterhöhung 2009.