Das Setting allein war filmreif. Das österreichische Wirtschaftsministerum scheute, wie das Ministerien in der einstigen Kaiserstadt dann gerne zu tun pflegen, wenn es ums Repräsentative geht, keine Mühen und schon gar keine Heizkosten an diesem eisklirrenden Montag in Wien. Allein der Marmorsaal schien denn angemessen für eine Zeremonie, die in der Filmwirtschaft beider Länder bald ihre Wirkung zeigen könnte: Nach kaum mehr als drei Jahren Vorbereitungszeit im österreichischen Filminstitut (ÖFI) und Filmfonds Luxemburg setzten Martin Bartenstein und François Biltgen daselbst ihre Unterschriften unter das "Film-Koproduktionsabkommen zwischen Luxemburg und Österreich". Zeit für gute Laune im herrschaftlichen Saale bei Ministern, Vetretern der Filmwirtschaft und Produzenten. Nicht ganz selbstironiefrei klopften sich die Herren Minister gegenseitig auf die Schulter, als Vertreter eines "mittelkleinen" und eines "mittelgroßen" Landes innerhalb der EU künftig gemeinsam einen Beitrag zur Stärkung der europäischen Filmproduktion zu leisten. Dabei schreibt dieses Abkommen einen Prozess fort, den die Filmschaffenden sich selbst mühsam gebahnt haben. Denn gemeinsames luxemburgisch-österreichisches Produzieren ist längst kein Neuland mehr: Seitdem Bady Minck als Pionierin 1979 in Oberösterreich Blut in der Spur drehte, sind eine ganze Reihe von Verbindungen und Koproduktionen in verschiedenen Feldern entstanden, im Spielfilm ebenso wie im Kurzfilm. Der Motor für die filmischen Verbindungen zwischen Alpen und Ardennen waren dabei vielfach persönlich-biografischer Natur, ob bei Minck oder Thierry van Werveke, der bei Michael Hanekes Wolfszeit ebenso am Set war wie nun bei Pol Cruchtens Perl oder Pica. Um diese eher privat gesponnenen Netze nun politisch zu verankern und zu verstärken, dafür haben auf österreichischer Seite das ÖFI, in Luxemburg der Filmfonds und beiderseits eloquente Produzenten über einige Jahre hinweg bei Institutionen und Verbänden Überzeugungsarbeit geleistet. Mit Erfolg, wie nun ministeriell bekräftigt wurde. Die Filmemacher hier wie dort können sich nun auf das Abkommen berufen und auf diverse finanziell bürokratische Erleichterungen setzen. Filme, die von luxemburgischen und österreichischen Filmemachern koproduziert werden, werden wie heimische Produktionen behandelt – wenn der Partner jeweils mindestens 20 Prozent der Gesamtkosten trägt. Mit allen Vorteilen, die für nationale Produktionen gelten, wie steuerlichen Vergünstigungen oder Fördergelder. Für Luxemburg ist das die fünfte bilaterale Vereinbarung nach entsprechenden Abkommen mit Quebec, Kanada, Frankreich und Deutschland. Österreich hat sich bisher mit Deutschland, der Schweiz, Frankreich, Italien, Spanien und Kanada auf entsprechende Zusammenarbeit geeinigt. 15 Prozent der europäischen Filme, die in österreichischen Kinos gezeigt werden, sind Eigenproduktionen oder mit österreichischer Beteiligung entstanden, rechnete Bartenstein vor. Wertschöpfung in Österreich: 150 Millionen Euro jährlich. Rund 6500 direkte Arbeitsplätze. Fazit: ausbaufähig. Biltgen stimmte in den hoffnungsfrohen Gesang ein: Die Filmwirtschaft sei zwar ein kleines Wirtschaftsfeld, aber doch eines, das zu stabilisieren und unterstützen sich lohne. "Koproduktionen sind für kleine und mittlere Länder interessant, um sich gemeinsam neue Märkte zu erschließen." Kulturwirtschaft in Form der audiovisuellen Produktion dürfe "nicht einfach dem freien Wettbewerb überlassen" werden, sonst seien auf absehbare Zeit nur mehr amerikanische Produktionen zu sehen. "Nur mit Koproduktionen sind wir in Europa in der Lage, gegen Hollywood zu bestehen." Da war sie dann wieder: Die kulturelle Identität, einmal mehr beschworen, in rotweißrot, in rotweißblau, in blau und goldbesternt. "Kulturelle Identität heißt aber nicht, nur noch Kachkéis a Bouneschlupp-Filme zu drehen. Es geht um Geschichten, die zwar in Luxemburg spielen oder entstehen, aber nicht nur vom Luxemburger Publikum verstanden werden." François Biltgen zeigt sich realistisch: "Es wird jetzt keinen gewaltigen Schub an österreichisch-luxemburgischen Produktionen geben. Aber wir müssen dieses Netz, das bisher entstanden ist, absichern und konsolidieren. Wir haben in der Filmindustrie hier mit rund 600 Arbeitsplätzen eine gute Größenordnung erreicht. Und dabei haben wir nicht nur gute, ausgebildete Kräfte in der Technik, sondern auch renommierte Regisseure, vor allem im Bereich Kurzfilm. Es ist klar, die Produktion hier kann und wird nicht explodieren. Es soll auch bodenständig und überschaubar bleiben. Aber ganz wichtig ist, dass es nicht zurückgeht. Es geht deshalb auch darum, tragfähige, seriöse Produzenten zu gewinnen – nicht um Großproduktionen mit internationalen Stars, die Luxemburg als Kulisse verwenden. Es soll hier permanent gedreht werden".