„Gëschter Owend hunn ech da mech emol dohinnergesat an a Rou gekuckt. Ech muss soen, ech hat bal Tréinen an den Aen.“ Klagte Innenminister Léon Gloden am Samstag bei RTL. „Bei mir ware se net bal an den Aen, si waren do.“ Überbot ihn Premierminister Luc Frieden wenig später.
Was hatten die CSV-Minister gesehen? Bilder erfrorener Säuglinge in Gaza? Verstümmelter Frauen im Sudan? Toter Soldaten in der Ukraine? Sie sahen die neuste Folge von The Apprentice: „You’re fired!“
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat seine Schuldigkeit getan. Als Kriegsheld im Militärpullover gegen unseren Ennemi. Nun benötigen die USA einen neuen Präsidenten für die Ukraine. Der in Anzug und Krawatte das Ende des Kriegs unterschreibt. Die US-Regierung hält eine Fortsetzung für unergiebig.
Die CSV-Minister vergossen keine Träne für Wolodymyr Selenskyj. Zu Tränen rührte sie ihr eigenes Schicksal. Sie fürchteten, dass es jedem so ergehen könnte. Dessen Treueeid auf Google, dessen Verzicht auf Chinageschäfte zögerlich klingen. Sie kämpften mit den Tränen, weil „the west is dead.“ So Michael Clarke vom King’s College, Department of War Studies (Financial Times, 1.3.25).
Der Westen ist das Reich des Guten. Für Luxemburg sind es die Europäische Union, die Nato. Als Garanten von Eigenstaatlichkeit gegen beschränkte Souveränität. „Fir d’Wichtegkeet vun der EU an der Nato fir eist Land ze ënnersträichen, ginn ech och schonn d’nächst Woch op Bréissel en Untrëttsbesuch maache bei d’Europäesch Unioun a kuerz duerno, uganks Dezember, bei d’Nato.“ Kündigte Luc Frieden dem Parlament gleich nach seiner Vereidigung an (22.11.23).
Vor fünf Jahren diagnostizierte Emmanuel Macron „the brain death of NATO“ (Economist, 8.11.2019). Nun gibt Donald Trump ihm Recht. Auf die Nato ist kein Verlass mehr. Sie ist der europäische Pfeiler der globalen US-Hegemonie. Diese wird nicht von russischen Panzern bedroht. Sondern vom ökonomischen Aufstieg Chinas. Er ist die Priorität der US-Regierung. Die europäischen Partner fühlen sich im Regen stehen gelassen. Von „onsen amerikanesche Frënn“, unseren Befreiern.
Die Steueroase, die Industrie, die Parteien leben mit der Angst, abgehängt zu werden. Aus Neid auf Briefkastenfirmen und Tanktourismus. Deshalb wollen sie stets zum Spëtzeplotton der europäischen Integration gehören. Im globalen Konkurrenzkampf zum Kern jedes Kerneuropas gehören. Wenn es nicht gerade um Unternehmenssteuer geht.
Nun fühlen sie sich im Regen stehen gelassen. Wenn der französische Präsident François Macron, der britische Premier Keir Starmer nach Paris, nach London einladen. Anstelle der Brüsseler Kommission, des Europäischen Rats. Auch die EU beschönigt das Recht des Stärkeren nicht mehr. Ausgewählte Staaten veranstalten ein diplomatisches, militärisches Kerneuropa. Die restlichen EU-Mitglieder bekommen die Entscheidungen mitgeteilt. Selbst über die Verwendung russischer Bankguthaben in Luxemburg.
Wenn Schutzzölle nicht helfen, muss die Wettbewerbsfähigkeit Feuerschutz erhalten. Auch in Europa erheben die besitzenden Klassen Anspruch auf Kanonenbootpolitik. Nicht einmal in Umbruchzeiten dürfen Diplomatie, Abrüstung, Koexistenz eine Chance bekommen.
Donald Trump ist der neue „elephant in the room“. Verteidigungsministerin Yuriko Backes schürt alte Ängste: „D’Gefor ass reell. Russland ass eng reell Gefor fir eis alleguerten“ (RTL, 3.3.25). Russische Stahlbarone sind keine Weißen Ritter, keine Ehrenkonsule mehr. Luxemburg ist keine East-West-United-Bank mehr. Im parlamentarischen Ausschuss ruft Premier Luc Frieden die Parteien zum Burgfrieden auf. Um die Militärausgaben auf zwei, drei, fünf Prozent des Bruttonationaleinkommens zu erhöhen.