„Mehr als alles andere liebte sie den Moment, wo sie ein Buch zu Ende las, es zuklappte und die Geschichte in ihrem Kopf weiterging.“ Das Voice-Over legt sich schon im Trailer über pittoreske, bunte Bilder des kleinen ostenglischen Küstenortes. The Bookshop von Isabel Coixet wirkt zunächst gewollt poetisch und mit den lieblichen Einstellungen, die auf der sinnlichen Hauptdarstellerin Florence Green (Emily Mortimer) ruhen, ein Stück zu verkitscht.
Dass Coixets The Bookshop auf Englisch, eine Adaptation des gleichnamigen Buchs von Penelopé Fitzgerald, in diesem Jahr von der spanischen Film-Akademie gleich zwei Goyas, für das beste Drehbuch und die beste Regie, verliehen wurden, kann auch als Statement gedeutet werden – zumal, nachdem Estiu 1993 von Carla Simón auf Katalanisch einer der filmisch spannendsten spanischen Filmproduktionen 2017 war. Zwei Tendenzen zeichnen sich ab: Die großen Meister des Films wie Pedro Almodóvar scheinen einer Generation starker Frauen zu weichen, und der spanische Film wird offenbar polyglott.
In The Bookshop kommt Florence Green 1959 in ein verschlafenes Dorf an der englischen Ostküste. Sie hat das feste Ziel, ihren eigenen Buchladen zu eröffnen, und bringt mit für die damalige Zeit unkonventionellen Neuerscheinungen, wie Büchern von Ray Bradbury und Vladimir Nabokov, frischen Wind in die verstaubte Ortschaft, deren Bewohner über den Skandalroman Lolita nur die Nase rümpfen, um ihn dann doch zu kaufen.
Die aristokratischen Lokalgrößen legen ihr Steine in den Weg, allen voran die alte Mrs. Violet Gramart (Patricia Clarkson), ein regelrechter Bilderbuchdrache, die es auf den Neuling abgesehen hat. Auf einem Empfang feindet sie die junge Buchhändlerin offen an. Angeblich habe man mit dem „Old House“, in dem sich Florence Green eingerichtet hat, andere Pläne. Ein großes Kunst- und Kulturhaus soll hier gebaut werden (Gentrifizierung als altes Phänomen wird in dem Film leider nur angerissen). Allein der alte Edmund Brundish (Bill Nighy) unterstützt die Buchhändlerin und wird zu ihrem glühenden Verehrer ... und natürlich entwickelt sich deren platonische Liebe über Bücher.
Dass The Bookshop trotz einer sehr absehbaren, hoffnungslos verkitschten Handlung und teils stark überzeichneter Charaktere in Spanien ein solcher Erfolg war, kann eigentlich nur an den beiden Hauptdarstellern liegen: Emily Mortimer als Florence Green und vor allem der kauzige Bill Nighy überzeugen in ihren Rollen. In den kurzen Auftritten von Bill Nighy, in denen er meist Briefe an die Buchhändlerin vorliest, hat man fast das Gefühl, einem Kammerspiel beizuwohnen. Abgesehen davon schafft es Coixet, deren Stil die New York Times als „unklassifizierbar“ beschrieb und über die es heißt, dass sie schon als Jugendliche mit einer Acht-Millimeter-Kamera zu filmen begann, durch ihre Bilder zu verzaubern. Auch die Pointe, die am Ende ihres Films steht, wirkt tröstlich nach. Denn obschon es der Hauptdarstellerin nicht gelingt, sich in einem für sie fremden Mikrokosmos gegen ihr verkommenes Umfeld zu behaupten, überdauert der Glaube an den Zauber von Büchern und die Liebe die Zeiten. Anina Valle Thiele