Olipaq heißt das Ding, das sich Staatsminister Xavier Bettel (DP) am Donnerstag angeschaut hat. Es sieht aus wie ein Lastwagen- oder Schiffscontainer, frisch weiß lackiert. Soweit, so unaufregend. Hinter der unauffälligen Verpackung verbirgt sich nicht weniger als eine Revolution der Wasserklärtechnik, ein einzigartiges Produkt in seiner Leistung und Qualität, verspricht Bogdan Serban, CEO von Apateq – Cleantech-Firma mit Sitz in Kalchesbruck. Dort, in den etwas zu großzügig mit Marmor ausgestatteten Räumlichkeiten der ehemaligen Firma Jaquemart, entwickelt und baut Apateq kompakte, mobile Kläranlagen. Im Frühling 2013 wurde Apateq gegründet, „einen Monat später hatten wir den ersten Auftrag für sechs Einheiten“, erzählt Serban enthusiastisch vom „dynamischen Start“ von Apateq. Binnen weniger Monate seien die mobilen Anlagen zur Klärung der Abwässer an Bohrstationen fernab der Zivilisation im hohen Norden des amerikanischen Kontinents konzipiert, gebaut und ausgeliefert worden, erzählt er stolz.
Ein völlig neues Produkt binnen so kurzer ausliefern? Seine langjährige Erfahrung in der Automobilbranche habe das möglich gemacht, sagt Serban. Ähnlich wie ein Autokonstrukteur fertigt Apateq die Einzelteile nicht selbst, sondern baut sie in Kalchesbruck zusammen. Die Zusammensetzung ist das Geheimnis von Dr. Ulrich Bäuerle, Chief Technology Officer von Apateq, mit langjähriger Erfahrung im Kläranlagenbereich. Die Materialien, die Membranen, die Apateq einsetze, seien die gleichen wie bei der Konkurrenz, so Serban. Es seien die von Dr. Bäuerle entwickelten Prozessabläufe, welche die Apateq-Produkte so einzigartig machten.
Kompakte, mobile Kläranlage in einem Container? Das klingt nicht ganz unbekannt. Bevor Xavier Bettel sich Düsen und Druckbehälter in Kalchesbruck anschaute, hat schon der eine oder andere Wirtschaftsminister Schmutzwasser analysiert und Rohre begutachtet. Bei Epuramat, deren kompakte, mobile Kläranlagen „Box for Water“ heißen. Vor der Gründung von Apateq hat dort nicht nur Serban, sondern haben weitere Mitarbeiter von Apateq gearbeitet. In der Person von Fedil-Präsident Robert Dennewald überschneidet sich auch der Investorenkreis von Apateq und Epuramat, aus deren Verwaltungsrat sich Dennewald nach dem Einstieg eines russischen Investors vor zwei Jahren zurückzog. Dort enden für Bogdan Serban die Ähnlichkeiten mit Epuramat. Apateq setze eine andere Technologie ein und nutze andere Komponenten. Vor allem habe Apateq eine andere Kundschaft im Visier. Während Epuramat vor allem auf die Klärung kommunaler Abwässer setzt, spezialisiert sich Apateq auf die Klärung von Industrieabwässern. Vergangenes Jahr installierte Apateq für die Obst-Kooperative Texel in Südtirol ein Klärsystem, das ihren Frischwasserverbrauch von 75 Kubikmeter pro Stunde auf 20 senkt. „Äpfel“, erklärt Serban, „werden nicht auf einem Fließband, sondern auf einem Wasserkanal transportiert, damit sie keine Druckstellen bekommen.“ Das durch den Kontakt mit Pestiziden verschmutzte Wasser wird nun durch ein Apateq-System membrangefiltert und kann wieder ins System eingespeist werden.
Vergangenen Januar hat die Cleantech-Start-Up eine Finanzierungsrunde abgeschlossen und 5,8 Millionen Euro gesammelt. Das Geld will sie nutzen, um vorrangig in der Öl- und Gasindustrie mit ihrem Oilpaq Fuß zu fassen. Denn die Ölkonzerne fördern mehr Wasser als Öl. „Weltweit sind es im Schnitt 3,5 Barrel Wasser für ein Barrel Erdöl“, sagt Serban. Je älter die Quelle, umso höher die Menge Wasser, die im Verhältnis zum Öl mitaufsteigt. „Produced water“ nennt man diese Brühe. Sie ist mit Erdöl verschmutzt, und muss geklärt werden. Ein Teil davon wird in die Bohrquellen zurückgepumpt, um den Druck konstant zu halten. Auch das geht nicht, ohne Aufberartung des Wassers, um es von Schmutz und Bakterien zu befreien. „Bakterien sind ein großes Problem. Dringen sie einmal in eine Erdöltasche ein, zerstören sie die Quelle, weil sie sich vom Rohöl ernähren“, erörtert Serban die Problematik.
„An die 77 Milliarden Barrel „produced water“ entstehen weltweit jährlich als Nebenprodukt in der Öl- und Gasförderung“, rechnet der Geschäftsführer vor. Dazu kommen Abertausende an Kubikmeter Frischwasser, die beim Fracking eingesetzt werden, um das Schiefergas überhaupt erst aus dem Untergrund fördern zu können, und von dem 70 bis 80 Prozent wieder an die Oberfläche gelangen. Mit zunehmender Bohrtiefe steigt der Mineralgehalt in diesem Rückfluss. „Manchmal ist es fünfmal salziger als Meerwasser.“ Viel schmutziges Wasser, das aufgrund strengerer Umweltauflagen geklärt werden muss: ein Riesenmarkt, den Apateq erobern will.
Das Olipaq, sagt Serban, trennt Öl und Wasser ganz ohne Chemikalien und das so gut, dass das Öl in der Raffinerie weiterverarbeitet werden kann. Eine erste Anlage mit geringfügiger Kapazität lief vergangenes Jahr im Test ohne Unterbrechung drei Monate lang und bereitete Wasser aus fast 30 verschiedenen Bohrlöchern auf. Aufgrund der unterschiedlichen Verschmutzungsgrade eine besondere Herausforderung. „Damit haben wir bestätigt, dass unsere Anlage funktioniert“, so Serban. Die Anlage ist das Ergebnis einer Ausschreibung eines großen europäischen Ölkonzerns, den er nicht nennen darf. 20 Konkurrenten seien im Rennen gewesen, am Schluss habe nur Apateq eine Testanlage gebaut.
Die Container-Anlagen sind transportabel, platzsparend, vom Smartphone aus zu bedienen. Doch der wirkliche Unterschied, das was Apateq von anderen Herstellern mobiler Anlagen unterscheide, sei einerseits die Qualität und andererseits die Langlebigkeit der Anlagen. „Die Filtermembranen verstopfen nicht, sie halten fünf bis sieben Jahre. Das kann außer uns niemand“, behaupet Serban. Im Olipaq steckt viel Ingenieursarbeit. Die Materialien müssen dem extremen Salzgehalt des Wassers standhalten. Im Einsatzgebiet herrscht potenziell immer Explosionsgefahr, deshalb sind die Leerräume, statt mit Sauerstoff mit Stickstoff gefüllt, den die Anlage selbst herstellt. Serban zeigt mal hier hin, mal da hin, auf die Gasdetektoren, die eventuelle Austritte entdecken, oder die Pumpen, die auch bei abgestelltem Strom Lecks beheben.
Apateq hat bereits Kontakt mit potenziellen Kunden im Nahen Osten aufgenommen, erzählt er. Die fanden das Produkt ganz interessant, doch fragten dann: „Wo sind eure Referenzen in Amerika?“ Die Eroberung der weltweiten Öl- und Gasindustrie führt über die USA, schloss man bei Apateq aus diesen Gesprächen. Um zu beweisen, dass das Olipaq hält, was es verspricht, hat Apateq nach der kleinen Testanlage nun auf eigene Kosten eine größere gebaut. Das Olipaq, das Xavier Bettel am Donnerstag besichtigte, kann 2 000 Barrel Wasser am Tag säubern und wird in Kürze die Reise in die USA antreten. Dort wird es potenziellen Kunden in Ohio und Montana vorgeführt, bevor es nach Texas überführt wird. In den kommenden zwei Monaten, kündigt Serban an, wird Apateq dort eine Filiale aufmachen, das Büro ist gefunden und die Empfangsdame rekrutiert. Serban glaubt fest an den Erfolg seines Produktes. Denn die Säuberung der Schmutzwasser koste die Ölkonzerne derzeit zwischen drei und 30 Dollar das Barrel. Bei einem Rohölpreis von derzeit 43 Dollar das Barrel riskiert die Förderung durch die Wasseraufbereitungskosten schnell unrentabel zu werden. Mit dem Olipaq – Gestehungspreis: 1,5 bis zwei Millionen Dollar für eine Anlage, die 2 000 Barrel täglich wäscht – könnten die Kosten auf unter ein Dollar das Barrel gesenkt werden, so der Geschäftsführer.
Ölquellen sind nicht das einzige Gebiet, auf dem die Öl- und Wasser-Separationstechnik von Apateq in Zukunft zum Einsatz kommen könnte. Die skandinavischen Handelsvertreter, mit denen die Firma zusammenarbeitet, haben eine weitere neue Nische entdeckt: die Schifffahrt. Große Schiffe, deren Motoren mit schwerem Diesel angetrieben werden, unterliegen seit einiger Zeit neuen Umweltauflagen. Sie müssen ihre Abgase waschen und dürfen die dabei entstehenden Abwässer nicht mehr überall dort ins Meer laufen lassen, wo es bis Anfang des Jahres noch erlaubt war. Deshalb vermarktet Apateq seine Technik auch als Marinepaq, kleine Kläranlagen, die entweder auf Schiffen oder in Häfen eingesetzt werden können.