Ab 1. Juli schaut alles nach Esch. Ab dann greift die neue Taxe auf leerstehenden Wohnraum und spekulatives Bauland. Wer seine Wohnung mehr als 18 Monate lang leer stehen oder sein Grundstück unbebaut lässt und keine guten Gründe dafür hat, muss demnächst eine Steuer bezahlen. Progressiv in Dreijahresschritten soll sie angehoben werden: Im ersten Jahr werden 150 Euro pro laufendem Quadratmeter Fassadenfläche fällig, im zweiten 200 Euro und im dritten Jahr 300 Euro. So hatte es der Escher Gemeinderat mit 16 Ja-Stimmen und einer Gegenstimme im Juni 2012 beschlossen.
Mit dem Gesetz zum Wohnungsbaupakt von 2008 wurden Gemeinden befugt, eine jährliche Sondersteuer auf leer stehende oder ungenutzte Immobilien sowie unbebautes Bauland zu erheben. Bisher haben aber lediglich fünf Gemeinden eine solche Strafsteuer eingeführt.
„Wir werden die betreffenden Bürger anschreiben und sie auffordern, sich schriftlich zu erklären“, sagte Vera Spautz im Land-Gespräch. Binnen einer Frist, die noch zu klären sei, sollen die Bürger sich rechtfertigen. Von der Strafsteuer ausgenommen sind unter anderem Eigentümer, die binnen eines genau definierten Zeitraums planen zu bauen, die ihre Häuser innerhalb von zwei Jahren für ihre Angehörigen nutzen wollen oder die Wohnungen nicht selbst bewohnen können, weil sie in einem Altersheim untergebracht sind.
Rund 800 Wohnungen und 200 Häuser, schätzt der kommunale Wohnungsdienst, stehen in Esch leer, so genau aber weiß das niemand. „Wenn wir diesen Wohnraum hätten, hätten wir bald auch kein Wohnungsproblem mehr“, beschreibt die Bürgermeisterin den Hintergrund der Maßnahme. Die Wohnungsnot in Esch ist groß, obwohl die Gemeinde in den vergangenen Jahren verstärkt in sozialen Wohnungsbau investiert hat.
Bis die Strafsteuer Auswirkungen zeigt, wird es jedoch noch eine Weile dauern. Zunächst müssen die Antworten der Bürger gesichtet und geprüft werden – allein das dürfte, schätzt Gemeindejurist Jean-Paul Espen, „bis Oktober, November dauern“. Zudem ist ungewiss, wie solide die Gemeindeverordnung und das zugrundeliegende Gesetz zum Wohnungsbaupakt wirklich sind. Auch deshalb blicken Gemeindepolitiker interessiert nach Esch: Die Gemeinde ist, neben Beckerich, Diekirch, Esch/Sauer und Redingen, Pionierin einer Taxe, von der unklar ist, ob sie gegen juristische Klagen Bestand haben wird. „Wir werden sehen, ob unser Reglement Schwachstellen hat“, räumt Vera Spautz ein.
Der Präsident der Union des propriétaires, Rechtsanwalt Georges Krieger, sagte dem Land, besorgte Eigentümer könnten sich an seinen Verband wenden. Der Leerstand in Esch sei „drei Mal nichts“, die Leute „spekulieren nicht“. Die Lage sei vielmehr darauf zurückzuführen, dass Eigentümer ihre Wohnungen nicht vermietet bekommen, sie bauen oder renovieren wollen oder „wegen Vandalimus früherer Mieter“ das Interesse am Vermieten verloren hätten. Kriegers Prognose für die Stadt Esch: Ziehe man alle diese gerechtfertigten Gründe in Betracht, blieben am Ende nur „zehn bis 15 Wohneinheiten“, die unter die neue Steuerregelung fallen würden. Ines Kurschat