„Einstimmig abgelehnt.“ So lautete gestern Vormittag das Verdikt des OGB-L-Nationalvorstands über die Pensionsreform-Leitlinien der Regierung. Vieles davon sei noch „ganz unklar“, erklärte OGB-L-Präsident Jean-Claude Reding: Wie individuelle Rentenrechte aufgebaut werden sollen, wie die geplante öffentliche Zusatzrentenversicherung aussehen kann, wie die Regelungen zur Wiedereingliederung Langzeitkranker verbessert werden könnten, und wie überhaupt dafür gesorgt werden soll, dass ältere Arbeitnehmer länger beschäftigt werden als bisher.
Um so mehr hält Reding die Erklärungen des Sozialministers, eine „Pension à la carte“ werde geschaffen, für „einfach falsch“. Das liegt an den geplanten Änderungen an der Rentenformel: Der Multiplikator für die proportionalen Rentenerhöhungen soll von derzeit 1,85 nach 40 Beitragsjahren auf 1,6 gesenkt werden. Dieser Multiplikator aber solle für über 60-Jährige mit 40 schon geleisteten Beitragsjahren mit jedem weiteren Arbeitsjahr nur um 0,5 zunehmen. Was dazu führe, dass in einer neuen Beitragskarriere nach Inkrafttreten der Reform fünf Jahre länger gearbeitet werden müsste, um auf denselben Rentenstand zu kommen wie derzeit nach 40 Beitragsjahren. Das gelte für einen Beitragszahler, der mit 20 ins System eintritt, betonte Reding,
ab 21 werde es „mit jedem Jahr entsprechend schlimmer“.
Trotz der einstimmigen Ablehnung der Reformleitlinien bleibt der OGB-L verhandlungsbereit und wartet auf weitere Informationen der Regierung. Die wurden ihm für die Woche vor den Oster-ferien zugesagt. So dass der Ansatz der Regierung aufzugehen scheint, die Reformpläne nach und nach zu enthüllen und alle relevanten Akteure einzubinden. Solange zum Beispiel noch nicht beziffert ist, wie die unteren Renten aufgebessert werden sollen, hat auch der OGB-L Mühe, den Reformansatz regelrecht unsozial zu nennen. Aufbesserungen im pauschalen Anteil der Rentenformel hat die Regierung fest zugesagt, aber noch nicht beziffert. Sie würden die Abschläge auf der Beitragsdauer vor allem in klassischen Arbeiterberufen kompensieren.
„Unrealistisch“ nannte Anfang der Woche Zentralbankpräsident Yves Mersch die makroökonomischen Prämissen, die die Regierung ihren Reformplänen zugrunde gelegt hat. Drei Prozent BIP-Wachstum würden unterstellen, dass Luxemburg bis Mitte des Jahrhunderts stärker wachse als der Rest der EU. Zu glauben, dass die Beschäftigung dabei nur um 1,5 Prozent zunehme, gehe ebenfalls fehl. Da die Tätigkeit des Finanzplatzes voraussichtlich schrumpfe, müsse ein so hohes BIP-Wachstum mit viel mehr Arbeitskräften generiert werden.