Das klang, als werde Koalitionsstreit programmiert: Bei gleich drei gesetzgeberischen Verfahren „auf jede weitere Einschränkung der kommunalen Autonomie zu verzichten“, forderte der LSAP-Landesparteitag vergangenen Sonntag von Parlament und Regierung – also auch von seinen eigenen Ministern und der sozialistischen Parlamentsfraktion. Die vom Schifflinger député-maire Roland Schreiner eingebrachte Resolution wurde von den Parteitagsdelegierten einstimmig angenommen.
Es geht um den Gesetzentwurf zur Schaffung von Communautés urbaines und die Reform des Kommunalplanungsgesetzes, aber auch um das neue Landesplanungsgesetz. Dabei waren sich über Letzteres Nachhaltigkeitsminister Claude Wiseler (CSV) und LSAP-Fraktionspräsident Lucien Lux erst kurz vor den Faschingsferien einig geworden (d‘Land, 12.2.2010). Zuvor war seit November versucht worden, strittige Punkte zu klären. Werden Wiseler und Lux nun erneut verhandeln – denn im Unterschied zu den Entwürfen über Kommunalplanung und Communautés urbaines ist die Novelle des Landesplanungsgesetzes noch nicht im Par-lament eingereicht?
Vermutlich dürfte die Entwicklung der drei Gesetzentwürfe, die noch in der vorigen Legislaturperiode unter dem damaligen Innen- und Landesplanungsminister Jean-Marie Halsdorf (CSV) entstanden, weniger dramatisch verlaufen. Zwar greifen sie alle drei in die Gemeindeautonomie ein. Mittlerweile aber hat sich zur Schaffung von Communautés urbaines der Staatsrat geäußert. In seinem Avis bescheinigt er solchen Verbünden latente Demokratiedefizite, belegt die Idee, Communautés urbaines über die Verteilung von Gewerbesteuereinnahmen entscheiden zu lassen, mit einem formellen Einwand und hat Halsdorfs Entwurf so weit umgeschrieben, dass Stadtverbünde nur noch als Sonderfall von Gemeindesyndikaten eingerichtet werden könnten.
Weil die Regierung spätestens seit diesem Gutachten davon ausgeht, dass der Staatsrat sich zur Reform der Kommunalplanung ähnlich kritisch äußern könnte, da durch den Regierungsentwurf der kommunale Entscheidungsspielraum in der Tat eingeengt werden soll, hat sie ihm die Novelle des Landesplanungsgesetzes gleich für ein Vorab-Avis zugestellt. Und CSV und Sozialisten kamen schon vor dem LSAP-Parteitag überein, den Bedenken Rechnung zu tragen, die der Staatsrat aus Sorge um die demokratische Partizipation und die Gemeindeautonomie anbringen könnte. So dass keinem der Koalitionspartner ein Ge-sichtsverlust droht.
Aber wahrscheinlich waren es letzten Endes weniger die Ein-sprüche des sozialistischen Koalitionspartners gewesen, die die CSV umstimmten, als die Kritik des Gemeindeverbands Syvicol über die Parteigrenzen der Bürgermeister seiner Mitgliedsge-meinden hinweg. Vor drei Wochen hatte der Syvicol eine Protest-Pressekonferenz veranstaltet, und Präsident Dan Kersch drohte, notfalls die députés-maires im Parlament mobil zu machen. Vor den Gemeindewahlen aber dürfte die CSV sich kaum der Gefahr aussetzen wollen, öffentlich als Gegnerin von kommunaler Demokratie und Entscheidungshoheit hingestellt zu werden.