D’Land: Herr Minister, der Run um die klugen IT-Köpfe ist im Gang und das weltweit. Wie will Luxemburg mithalten?
Marc Hansen: Luxemburg ist nicht nur attraktiv wegen der politischen Stabilität und der hohen Löhne. Es ist gut aufgestellt in punkto Infrastrukturen, siehe Datenzentren. Wir machen große Fortschritte bei der Planung zum Hochleistungsrechner, unsere Forschungszentren stehen sehr gut da. Wir haben ein Programm Digital Strategy aufgelegt, das wir umsetzen. Wir gehen in Richtung E-Government und werden dabei vom Centre des technologies de l‘information de l’État (CTIE) unterstützt. Und das dem Premierminister zugeordnete Ministerium für Digitalisierung beweist: Es ist der politische Wille da, die Digitalisierung voranzubringen. Das merken die Leute in der Branche, das zieht sie an.
In der Privatwirtschaft entstehen Start-ups, mit flexiblen Arbeitsbedingungen und Löhnen auf Verhandlungsbasis. Beim Staat gelten starre Gehältertabellen. Kann er ein attraktiver Arbeitgeber für Kreative sein?
Die Regierung hat sich die Digitalisierung auf die Fahnen geschrieben. Wir werden neue Projekte anschieben und haben es auch schon, siehe Open data, in der künstlichen Intelligenz, in der Cyber-Sicherheit. Das ist auch für junge Leute spannend. Seitdem es das Ministerium für Digitalisierung gibt, bekomme ich viele interessierte Anfragen auch aus dem Ausland.
Welche Berufsprofile sucht der Staat?
Das CTIE sucht Webentwickler, Programmierer, Spezialisten für Infrastrukturen und Maintenance. Wir benötigen in Zukunft hochspezialisierte Datenanalytiker und Programmierer, die sich mit künstlicher Intelligenz auseinandersetzen. Das CTIE hat derzeit 450 Mitarbeiter und steuert, zählt man die externen Mitarbeiter hinzu, auf die 500 zu. Es bemüht sich zudem, sich stärker für Profile mittlerer Laufbahnen zu öffnen. 2018 wurden dort 16 Personen eingestellt, die jetzt on the job ausgebildet werden.
In Schule und Uni zählen Zeugnisse und Diplome. Computercracks eignen sich ihr Wissen jedoch oft selbst an und haben nicht unbedingt Informatik studiert, sondern vielleicht ein Start-up gegründet und so Erfahrungen gesammelt.
Bisher war es öffentlichen Verwaltungen überlassen, ob sie vorherige Berufserfahrung anerkennen oder nicht. Mit der Abschaffung der 80-80-90-Formel planen wir eine Reform des Beamtengesetzes, mit dem die Anerkennung voriger Berufserfahrung obligatorisch wird. Das soll den Übergang zwischen Privatwirtschaft und Staat erleichtern, und zwar nicht nur für Menschen aus der IT-Branche.
Das Institut national d’administration publique (Inap) bildet Beamte aus. Sein IT-Kursangebot besteht aus klassischer Verwaltungssoftware, wie Excel und Webcontent-Managementsysteme. Das ist dünn.
Dass der Minister der Digitalisierung zugleich Minister für den öffentlichen Dienst ist, geschieht nicht ohne Hintergedanken. Viele Kompetenzen, die wir für digitale Anwendungen brauchen, kennen wir heute noch nicht. Fest steht: Wir müssen unsere Beamten in der Grundausbildung, aber auch im Laufe der Karriere fortlaufend auf digitale Entwicklungen vorbereiten. Ich habe das Inap beauftragt, eine digitale Akademie aufzubauen. Dabei geht es nicht nur darum, digitale Schulungen für Führungskader zu entwickeln, die sie in Innovationsgeist schulen, damit sie von Anfang an lernen, digitale Formate mitzudenken, ob bei juristischen Texten oder für konkrete Projekte. Sondern auch um digitale Formate wie das E-Learning und Online-Module.
Frauen sind im IT-Sektor unterrepräsentiert. Was tun Sie, um sie zu fördern?
Im Women in Digital-Index belegt Luxemburg in der EU den dritten Platz. Frauen haben hierzulande also fast so gute Basiskompetenzen im Umgang mit den neuen Technologien wie Männer. Das kann sich sehen lassen. In den Berufsfeldern spiegelt sich das noch nicht so wider. Alle Angebote, die wir unseren Beamten machen, richten sich selbstverständlich an Frauen und Männer. Wir kooperieren mit Women in Digital Empowerment, um Frauen für IT-Berufe zu gewinnen. In den Schulen gibt es ähnliche Projekte für Mädchen.
Tauschen Sie sich systematisch mit anderen Ministerien über die Digitalisierung aus?
Ich bin jetzt fast drei Monate im Amt. Wenn ich jetzt schon von Systematisierung reden würde, wäre das wenig glaubwürdig. Aber für die Digital Strategy besteht eine interministerielle Arbeitsgruppe. Eine meiner Aufgaben wird sein, mich mit anderen Ministerien zusammenzusetzen und Projekte wie das E-Government voranzutreiben. Das machen wir auch im Regierungsrat. Wir werden ein Hohes Kommissariat einrichten, in dem wir mit allen Schlüsselakteure über die Herausforderungen beraten werden. Aber geben Sie mir etwas Zeit, wir sind ja eine Art Start-up-Ministerium und müssen uns erst aufstellen.
Um Projekte wie die künstliche Intelligenz oder E-Government weiterzuentwickeln, braucht es Kompetenzen und Ressourcen. Wie ist Ihr Ministerium aufgestellt?
Das CTIE stärkt mir den Rücken, der Direktor ist bei allen entscheidenden Sitzungen dabei und bringt das nötige Knowhow mit. Ansonsten sind wir dabei, uns gerade aufzustellen. Es sind Leute im Team dabei, die bereits am Aufbau der Digital Strategy mitgewirkt haben, die an den Beratungen zum Hochleistungsrechner oder zur künstlichen Intelligenz beteiligt sind. Wir greifen zudem auf die juristische Kompetenz des CTIE zurück.
Die Jugend denkt bei Karrieren im IT-Bereich eher nicht an den Staat, sondern an Internetriesen oder Start-ups. Andere sammeln Erfahrungen in offenen Formaten wie Hacker-Plattformen oder interessengeleiteten Chat-Gruppen.
Wir sind Partner des Hackathon, den wir vergangene Woche eröffnet haben, diese Tüftlerplattformen sind interessante Formate für uns. Die Jugendlichen heute wachsen wie selbstverständlich in das digitale Zeitalter hinein, für sie ist die Nutzung von Smartphones Alltag. Deshalb müssen wir offen sein.