Als Bildungsminister Claude Meisch (DP) am Mittwochnachmittag das Programm Digital (4) Education vorstellte, gab er nicht nur eine Pressekonferenz, sondern hatte in Plenarsaal 1 im Konferenzzentrum auf den Kirchberg eingeladen, mitten in den ICT Spring Europe 2015. So dass ihm nicht nur die heimische Presse zuhörte, sondern eine internationale Schar von IT-Experten, Unternehmern und Cyber-Geeks; für Simultan-Übersetzung war gesorgt und die Powerpoint-Show zum Vortrag gleich auf Englisch verfasst.
Mit Digital (4) Education hat die Regierung viel vor. Nicht nur sollen schon ab der Grundschule verstärkt digitale Lehrmaterialien zum Einsatz kommen, und zur besseren Veranschaulichung des Mathe-Unterrichts besteht schon ein Pilotprojekt. Geplant ist auch, die Schüler gezielt ans Programmieren und ans Denken in sequentiellen Abläufen heranzuführen. Und eigentlich soll für eine ganze „digitale Kultur“ gesorgt werden, wenn, wie Meisch ankündigte, demnächst bis zu 45 000 Schüler und ihre Lehrer Tablet-PCs sowie „Office-Tools, Mailadressen, Cloud-Services, Video-Conferencing und abgesicherte soziale Netzwerke“ zur Verfügung gestellt bekämen. Die Tablets könnten die Schüler auch mit nach Hause nehmen und privat nutzen.
An diesem Ansatz ist vieles interessant. Natürlich soll damit auch Produktivitätspotenzial für die Wirtschaft aufgebaut werden: Wer in „Code-Clubs“ Lust bekommen hat, zum „digital maker“ zu werden, soll sich in Ateliers namens BeeCreative als „digital entrepreneur“ versuchen, spielerisch mit IT-Geschäftsideen jonglieren, sich als Start-up-Gründer denken und sein Mini-Unternehmen im Cyberspace simulieren können. Aber selbst wenn daraus noch nicht so bald etwas werden sollte – Digital (4) Education ist derart umfangreich, dass seine Umsetzung Jahre in Anspruch nehmen wird –, ist allein schon eine Idee wie die, den Mathe-Unterricht durch Multimedia auf eine neue Ebene heben zu wollen, eine gute. Und sie könnte schon nächstes Jahr aus der Pilotphase in die allgemeine Anwendung gelangen.
Viel weniger deutlich wurde der Minister dagegen zu der Frage, ob im Luxemburger Schulsystem genügend kompetente Lehrkräfte für solche Vorhaben zur Verfügung stehen oder wie sie herangebildet würden. Noch undeutlicher dazu, wie die IT-Revolution zu den schon jetzt gut gefüllten Stundenplänen passen soll. Und zu der, ob das schöne Ziel aus Digital (4) Education, die Schüler zu „kollaborativen, kreativen und kritisch denkenden“ Menschen zu erziehen, wirklich der Computerhilfe und multimedialer Lehrmethoden bedarf oder nicht doch eher Reformen im Schulsystem, die schon überfällig waren, als das Internet noch ein Projekt des US-Verteidigungsministeriums war.
Und so ganz sicher scheint Digital (4) Education nicht: Wie viel der Staat es sich kosten lassen will, um 45 000 Schüler und ihre Lehrer mit Tablets auszurüsten oder ein riesiges Daten-Repositorium anzulegen, auf dem vom Lehrinhalt bis zum Start-up-Simulationsergebnis eines Schülers mit Unternehmer-Ambitionen alles Mögliche gespeichert und geteilt werden soll, konnte der Minister nicht sagen. Auf hartnäckige Journalistenfragen teilte er nur ungehalten mit, „an der Bildung wird jedenfalls nicht gespart“, und musste sich sogar vorhalten lassen, das Konzept sei gar nicht „konkret“. Die so publikumswirksam gedachte Präsentation der Initiative auf der IT-Messe ging peinlich zu Ende, und Digital (4) Education sah plötzlich aus wie ein Stück Nation Branding.